Eine lustige kleine Settingfrage!
In den vergessenen Reichen ist von allen "Epochen" geklaut und modifiziert, wie Animus schon gesagt hat. Ich würde Rivin am ehesten in die frühe Neuzeit einordnen, keinesfalls ins Mittelalter. Wobei es in Rivin
sehr viele moderne Aspekte gibt: u.a. das Vorhandensein einer modernen Polizei und Justiz, reine Markt- und Geldwirtschaft (wer von euch treibt Tauschhandel oder wird in Naturalien bezahlt? auch die mit Grundherr-, Leibeigenschaft und Ständegesellschaft verbundenen Aspekte fehlen ziemlich), Überflussgesellschaft (zumindest für die Chars; mir bluten die Ohren von Plätzchen backen und Teegetrinke), und nicht zu vergessen die Gesellschaft (insbesondere die Chars) selbst, die die Aufklärung eindeutig schon hinter sich hat, Toleranz versprüht und konsumorientiert ist, ganz zu schweigen von modernen Vorstellungen was Gerechtigkeit, Geschlechterrollen, Reinlichkeit, Krankheiten, Jungend und Kindheit/Erziehung, Liebe, etc etc betrifft. Warum eine Stadtbefestigung nicht in die Renaissance passt, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Aber so Sachen wie Straßenbeleuchtung und lange Öffnungszeiten der Stadttore sind auch so Dinge die erst im späten 18. Jahrhundert in den größeren Städten aufkamen, ebenso wie die "Zeitungen" die in Rivin erscheinen.
Gewiss gab es auch im ach-so-finsteren Mittelalter mit der bösen, bösen, bösen Kirche (!) in den gehobenen Gesellschaften Tischsitten/-zeremoniell und Festkultur, ganz abgesehen von den extrem wichtigen Fragen, wer sich wann wo hinsetzten durfte und wer als wievielter bedient wurde. Erscheint aus heutiger Sicht lächerlich, war aber ein "sehr" heißes Thema damals. Von der (spät-)mittelalterlichen Tafelkultur sprechen auch die aufwendig verzierten Tranchirmesser, mit denen Höflinge bei Tische die Speisen zerteilten. Die Speisen, die auch mal aufwendig gefärbt sein konnten, wurden meist in großer Anzahl und mit Oberschüsseln zugedeckt hereingetragen, dann aufgedeckt, mit Vorschneide- und Zerwirkmesser zerteilt, und schließlich mit dem stumpfen Vorlegemesser serviert. Von den prachtvollen Trinkgefäßen und Kannen (auch das gemeinsame Trinken aus einer Schale gehörte oft zum Zeremoniell) rede ich hier noch gar nicht. Gegessen wurde dann eben mit Fingern oder Messer in mundgerechten Stücken direkt in den Mund.
Für die Unterschichten sieht das ganze freilich ein Bisschen anders aus. Es gehörte dazu, dass man seinen persönlichen (Holz-)Löffel stets bei sich trug, vielleicht auch ein Messer. Aber da gibt es so einige Sachen, die uns heute fremd erscheinen. Wer hätte gedacht, dass die adelige Nachkommenschaft auf Kavalierstour durch Europa in der Regel eigene Schlösser mit sich führte, damit sie ihre "Zimmer" in den Herbergen auch zusperren konnten, oder dass sie eigene Bettwäsche mitbrachten (apropo Läuse in Herbergen?...).
PS:
Tavernenwesen um 1000 und
"Polizei" in der Vormoderne Und wer sich für Gerichtsverfahren und Hinrichtungen in der Vormoderne interessiert, der sollte unbedingt "Michel Foucault, Überwachen und Strafen" lesen, vor allem Kapitel I ("Marter"). Dort finden sich sehr viele "anschauliche" Beispiele von Gerichtsverfahren und Hinrichtungen (auch gescheiterte/vereitelte...).
_________________
Charaktere:
Flammo (inaktiv) - galanter, geschleckter Lackaffe, Cavalier und Stadtratskandidat
Lothlann (inaktiv) - anerkennungssüchtiger, sembischer Wirt und barocker Antiheld
Hier geht's zur Feuerlagune!