Sie blickte in die hoffnungslosen Gesichter abgemagerter, verletzter Kinder und Erwachsener. Nicht irgendwelcher Menschen, Riviner. Dies war der Rest Rivins, die einzigen Überlebenden. Dies war der Rest der Bürger, die sie beschützen wollte.
Jonathan, der scheinbare Anführer der letzten Überlebenden, reichte ihr Wasser. Schmutziges, durchsetztes Wasser. Aber sie trank, nur die ersten Schlucke hatten sie Überwindung gekostet, inzwischen jedoch war es besser als Nichts. Hier konnte man nicht wählerisch sein und verglichen mit den ersten Tagen nach dem Untergang war sie nun immerhin wieder unter Menschen.
Lori, eine junge Frau die zwar den Untergang überlebt hatte, aber während ihrer Gefangenschaft zahlreiche Strapazen erleben musste, wimmerte unter ihren Verletzungen. Elona erhob sich erschöpft und zwang ihre Beine sich zu der Frau zu bewegen, denn sie musste etwas tun. Nichtstun führte zum Stillstand, zum Schlaf und der Schlaf war unerträglich geworden.
Sie kniete sich neben Lori, als sie die andere Frau wahrnahm die sich neben sie setzte. Tikali. Oder vielmehr, was man davon übrig gelassen hatte, was Tikali einst gewesen war. Elona schenkte ihr nur einen kurzen Blick, ein schweigendes Nicken und beide sahen sich gemeinsam den notdürftig verbundenen Arm Loris' an. Dabei konnte Elona nicht umhin, immer wieder auf die Narben Tikalis zu sehen. Das erwartete einen hier, wenn man zuviel half... und nicht nur das. Sie hatte es selbst kaum bemerkt, wie ihre linke Hand ihren eigenen Hals sanft berührte und ihre Lippen sich aufeinander pressten, bis sie nur einen schmalen Strich der Verzweiflung hinterließen. Sie wollte zu Tikali sprechen, aber sie widerstand, denn sie hatte die letzte Kraft ihrer Stimme bereits verbraucht und am nächsten Tag würde es schlimmer werden, bis ihre Stimme vollkommen verschwinden würde - wie es auch bei Tikali nicht mehr lange dauern dürfte.
Ermattet hielt sie in ihren Bewegungen inne und die allgegenwärtige Hoffnungslosigkeit griff auch nach ihrem Herzen. Alle waren tot. Sie sah ihre Gesichter vor ihrem inneren Auge und konnte deren Anblick kaum ertragen, es waren so Viele, so Wichtige und selbst jene wenigen, nichteinmal eine Handvoll, für die sie selbst bis zum Tode gegangen wäre. Alle tot und verloren.
Selbst wenn ihnen, den Überlebenden und ihr, eine Flucht gelangen sollte - wohin sollten sie nun gehen? Was sollten sie tun? Gab es noch eine Zukunft...?
Es war eine kurze Berührung an ihrem Arm, die sie aus den leidbringenden Gedanken riss. Sie schlug ihre Augen auf und sah zu Tikali, es dauerte einen weiteren Augenblick, bis sie das Zittern ihrer eigenen Hände realisierte und unter Kontrolle bringen konnte. Sogleich sah sie sich um, erschrocken sonst noch jemand hätte ihre Schwäche bemerken können, gesehen haben können. Aber die meisten schienen zu schlafen.
Und selbst wenn... spielte es denn überhaupt noch eine Rolle?
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