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 Betreff des Beitrags: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: Do 3. Dez 2009, 21:34 
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Nachdem Idrís nach der erfolgreichen Operation, schnell in die Herberge zurückgebracht worden war und man sich ein weitres Mal seiner vitalen Funktionen vergewissert hatte, schlief er friedlich weiter. So friedlich wie er es wohl noch nie getan hatte. Er war sicher das Naouda besiegt war, dass er gebannt war, dass nichts und niemand mehr seinen Geist einschränken würde. Er hoffte auf eine neue Zeit. Er hofffte die Vergangenheit vergessen zu können, er hoffte IHN vergessen zu können. Sein ganzes Streben und sein Wille hatten letztendlich doch dazu geführt der endliche Sieger zu sein. Mit ein wenig Stolz dachte er daran, dass er mit Hilfe zweier Magier einen ganzen Afriten in seine Schranken gewiesen hatte.
Seine Träume waren ruhig und klar, ein stetes reines Licht, ein Wegweiser für die Zukunft, für jene Dinge die noch kommen sollten. Sein Licht der Hoffnung und eigenen Vergebung...

"Wach auf...........................wach auf Idrís............................WACH AUF!" Mit einem gewaltigen Satz hastete er aus dem Bett; jemand sprach zu ihm. Es war tiefste Nacht und der Mond schickte seine silbernen Strahlen durch sein Zimmerfenster und erhellte einige Abschnitte des Raumes. Er erkannte die Umrisse eines kleinen Schranks, seines Bettes und seiner Tasche die in einer Ecke des Raumes lag.

"Sehr gut mein Bruder..."

"Bruder?! Wer bist du? ZEIG DICH!" Seine Nervosität stieg wieder an, hatte er eben noch einen beinahe exstatischen Zustand der Ruhe erreicht, schien die Panik zurück zu kehren. Langsam strich er sich über den Verbund auf seinem Rücken und blickte sich aufmerksam im Raum um. " Ich bin in deinem Kopf du Narr!" Die spöttische Stimme kam ihm seltsam vertraut vor und erschütterte ihn bis ins tiefste seiner Seele.
"Naouda?! Du sprichst zu mir?"
"Nein ich singe...NATÜRLICH SPRECHE ICH ZU DIR DU UNTERBELICHTETER STERBLICHER!" seine Worte hallten laut und energisch in seinem Kopf wieder. Leicht verwirrt drehte er sich einmal um die eigene Achse doch nichts deutete darauf hin, dass sich eine weitere Person im Raum befand. Langsam stand er auf, bewegte sich auf die letzten Überreste der glühenden Kaminkohle zu und betrachtete fasziniert wie die Asche langsam in sich zerfiel. "Ja....jaa....Ich weiß, dass Ihr es seid Naouda...es scheint funktioniert zu haben... wir können zueinander sprechen. Es ist das erste Mal das wir es richtig tun...das erste mal dass ich eure Gedanken höre, eure Wut spüre..euren Hass....euren Schmerz..." Noch bevor er geendet hatte unterbracht ihn Naouda lautstark und brüllte in seinem Kopf los.
"Wir sind gleich! Wir sind beide vom selben Schlag wir teilen einen Körper, und doch bin ich es der MEHR Macht besitzt. Ich bin es der dich überhaupt noch am Leben hält...ohne mich bist du ein Nichts...doch ohne dich wäre ich frei und besäße meinen eigenen Willen! Wäre zurück in meiner eigenen Ebene!" Dann verstummte er, die Stimme hallte noch mehrere Minuten im Raum wider, dann setzte Idrís sich hin und starrte immernoch auf die glühende Kohle.
"Ihr wisst genau, dass wir beide Teil eines Ganzen sind, wo der eine stirbt wird der andere sterben, wenn wir uns trennen wird keiner von uns überleben, ich sichere eure Existenz in dieser Ebene und wenn es soweit ist schmerzlos. ihr werdet etwas mehr Demut zeigen..."
Während er nachdachte strich er sich langsam über sein Kinnbärtchen und wiegt mit dem Oberkörper leicht vor und zurück. Langsam hatte er sich an die Dunkelheit gewöhnt, in der Ferne bei seinem Beutel blinkte der eiserne Verschluss eines seiner Bücher im letzten Licht des Kamins auf und schien ihm fast eine Botschat senden zu wollen.
"Ich schlage euch einen Handel vor, einen gerechten Handel..." Mit einem Mal kehrte die Hitze in den Raum zurück und die Kohle züngelte mit einem gewaltigen Rauschen wieder empor. Der Raum erhellte sich als wäre der Morgen bereist angebrochen. Die Stimme in seinem Kopf lachte böse und langsam auf. "Du willst mit einem Afriten verhandeln?! Noch dazu einem der Intelligentesten? Nur zu leg dein letztes bischen Ehre auf die Waage und verspiele sie gegen das niederträchtigste Wesen das du in diesem Leben noch finden wirst. Was also schwebt dir vor? Ein wenig Allwissenheit im Austausch für meine Freiheit? Oder einen Funken Unsterblichkeit? Entlasse mich nach Tinnín und ich kehre mit mehr als das zu dir zurück! Ich kehre mit unvorstellbarer Macht zurück...ich kann deine Taten ungeschehen machen...Zeit...sogar die Zeit werde ich beherrschen können." Während er sprach schlug das Feuer im Kamin immer mehr Flammen und peitschte unruhig hin und her, gierig leckte es nach dem Fußboden und schien sich beinahe über den Boden zu tasten
"Nein...Naouda! Ihr gehorcht mir nun...doch ich will meinen Frieden mit euch machen, daher mache ich den ersten Schritt...Ihr werdet nicht mehr so vehement versuchen gegen meinen Willen anzukämpfen und ihr werdet mir mehr Respekt zollen..."
Die Flammen zogen sich Augenblicklich zurück und tiefe Dunkelheit legte sich über den Raum, dann sprach Naouda erneut mit der angsterfüllendsten aller Stimmen.
"Du wagst es...mir zu befehlen?! DU WAGST ES EINEM HÖHERGESTELLTEN WESEN BEFEHLE ZU ERTEILEN?! Ich werde dich entzwei reißen ich werde----" Doch Idrís unterbrach ihn, denn er wusste nun dass der Name Macht bedeutete...
"Naouda, du wirst mir gehorchen...Im Gegenzug...werde ich dir jede Nacht eine Stunde körperliche Gestalt gewähren..."


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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: Sa 5. Dez 2009, 19:57 
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Vor dem Sumpf angekommen betrachtete er abschätzig die Lage und Entfernung zur Bevölkerung. In der Ferne dann, sah er den perfekten Platz zur Durchführung seines Plans. Ein Kreis aus 5 massiven Steinen umgeben von modrigem Wasser, Schlamm und Erde. Leise lächelnd registrierte er wie sich Naouda in ihm wütend sträubte.
"Respekt...da hast du dir einen tollen Ort für mich ausgesucht...wieso lädst du nicht noch ein paar Erd- und Wasserelemntare ein und wir feiern 'ne große Willkommens-Feier?" Amüsiert näherte er sich dem Steinkreis und begann seinen Mantel von den Schultern zu lösen. "Es gefällt euch ja?"
"Fast so anheimelnd wie eine Folterkammer. Wie süß...dahinten sprießen einige Schimmelpilze aus dem Boden...immerhin lässt du mich nicht hungern..." Großmütig winkte Idrís ab: "Keine Sorge mein Freund, ich habe an alles gedacht..." Dann zog er seinen kleinen Dolch aus der Tasche und begann konzentriert ein Pentagramm zwischen die Steine zu ritzen.
"Findest du nicht dass du ein wenig übertreibst...Ich weiß, ich bin hochgradig gefährlich und im Kern unbesiegbar natürlich...aber wenn du jetzt noch ein Pentagramm da hin rotzt hab ich noch nicht mal mehr Platz zum Pissen..."
"Du kannst doch gar nicht pinkeln..." Als er das Pentagramm vollendet hatte betrachtete er zufrieden sein Werk und setzte sich im Schneidersitz in die Mitte.
"Dann wolln wir doch mal sehen was der letzte Überrest und Erbe eines Afriten so drauf hat..."
"Pah...fürn Schwachmatiker wie dich reicht das allemal aus..."
Dann schwiegen beide und Idrís begann langsam die Mauern seiner Runen zu senken. Ein Geräusch wie das Zischen eines Dampfkessels ertönte und gierig fraßen sich die gold-roten Runen über den gesamten Körper. Die Temperatur innerhalb des Kreises stieg um ein Vielfaches an und Wasserdampf entwickelte sich und sammelte sich als weiße Rauchsäule am Himmel. Idris begann unkontrolliert zu zittern und die Erde um ihn herum bebte sanft und erzitterte unter dem Drängen Naoudas. Sein Haaransatz begann sich zu verfärben und flackerte leicht rötlich auf. Dann öffnete er in einer gewaltigen Kraftanstrengung den Mund und ein vielstimmiger Schrei entwich seiner Kehle, der vielleicht sogar noch in der Stadt zu hören sein sollte. Erzürnt schlug er mit der kohleschwarzen Faust die golden blinkte auf den Boden und stand nun auf allen Vieren. Der Boden war durch die Hitze spröde und rissig geworden und zerfiel bei der leisesten Berührung zu Staub. Dann plötzlich entflammte mit einem lauten Rauschen sein gesamtes Haar und flackerte ungestüm im Wind der sich innerhalb des Steinkreises entwickelte. Ein böses Lächeln verzerrte Idrís Gesichtszüge und tiefe Furchen zwischen Augenbrauen und Nasenwurzel zeugten von unkontrolliertem Zorn. Ein tiefes grollendes Lachen vertrieb nun auch die letzten Tiere im Sumpf und ließ die Erde wieder vibrieren.
"Das....fühlt sich FANTSASTISCH an...der Schmerz...es gibt keinen Schmerz mehr...HÖRT IHR DAS!" Das Lachen verstärkte sich und langsam erhob sich Naouda. Der Oberkörper war unbekleidet und erfüllt von den goldenen Schriftzeichen, sein Haar flackerte in einem dunklen Rot und seine Augen leuchteten intensiv und pupillenlos in einem hellen gold-rot. Aus seinen Schulterblättern wuchsen kleine verkümmerte Stacheln die sich bis zu den Unterarmen hinab zogen. Sein rechter Ringfinger hatte die Farbe von reinem Licht, flackerte jedoch immerwieder schwarz auf. Seine Beine waren von länglichen massiven Platten aus Stahl bedeckt und seine Stiefel bestanden aus dem selben Material. "JA! Meine Macht ist unbegrenzt, ich werde dieses armselige Gefängnis brechen! Und danach werde ich diese WELT BRECHEN!" Zielsicher kroch er dann auf die seltsamste Weise auf die Grenzen des Steinkreises zu und hob die rechte Hand um einen Feuerstoß los zu lassen. Anscheinend konnte er den materiellen Körper noch nicht so gut steuern. Als er den ersten Schritt aus der Grenze heraus machen wollte, ertönte ein wütendes Zischen und er wurde mit einer immensen Gewalt zurück geschleudert und von der Schwerkraft wieder auf den Boden geschmettert. Auf das überraschte Ächzen hin war es nun Idrís der in seinem Kopf spöttisch lachte.
"Wie war das? Ich glaube eher ihr werdet euch und mir vorher alle Knochen brechen..."
Zur Antwort bekam er einen nette Beleidigung auf ignaan entgegengeschleudert und ein Ächzen als er versuchte sich auf dem rechten Bein und dem linken Arm auf die komischste Weise fort zu bewegen.
"Was ist dieses verdammte Rauschen in meinen Ohren!? Und dieses ganze Flirren in meinem Kopf und durch meinen ganzen Körper! Und dieses KLOPFEN! Du sagtest ich würde volle Kontrolle über unseren Körper bekommen! Was soll das!? WAS TUST DU?!
wieder ertönte ein fröhliches Lachen in Naoudas Kopf.
"Das nennt man Blut, dass durch unsere Adern fließt...und das Herz, dass in unserer Brust klopft..." Resigniert ließ Naouda den Körper erschlaffen und blieb im Staub liegen.
"Ihr Menschen seid verdammt laut...und ekelhaft...ich spüre deinen Magen rumoren...ich spüre wie---"
"Darauf braucht ihr nicht weiter einzugehen...die menschliche anatomie ist nun auch die eure..."
Geschwächt blieb Naouda liegen wo er war, der Schwung der Grenze und der Aufprall hatten ihm seine letzten Kräfte geraubt. Kleine Blitze zuckten über seinen Körper und sammelten sich vor allem an den Stellen in denen sich die Silbersplitter befanden. Naouda schwieg und schien sich fürs erste zurückhalten zu wollen und seine Lage und Macht zu analysieren. Nach einer Stunde Schweigen beider Seiten war es Idrís der das Schweigen brach.
"Nun...ihr scheint mir ja doch recht brav gewesen zu sein...aber eine Stunde ist vorbei mein Lieber...ich werde jetzt wieder die Kontrolle übernehmen" Von Naouda kam keine Antwort, also übernahm Idrís langsam wieder die Kontrolle und drängte Naouda zurück in sein Unterbewusstsein.
Er erwachte nur für zwei Sekunden, um dann ebenfalls an Ort und Stelle in einen tiefen erschöpften Schlaf zu fallen...


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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: Mi 16. Dez 2009, 19:19 
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Zitternd und schwach richtete er sich auf. Er war wenige Minuten zuvor endlich erwacht, aus einem Schlaf der ihm wie ein Jahrmillion vorgekommen war. Einige wenige Bilder zuckten noch blitzartig an seinem geistigen Auge vorüber. Vieles, dass er vergessen hatte, vergessen wollte...
Naouda schlief...die Erkenntnis hatte ihn mit ihrem gleißenden Licht der Erleuchtung gewaltsam in die Dunkelheit zurückgeschmettert. Er war nichts...schwach...unnütz ebenso wertlos wie seine andere Hälfte...ebenso wertlos wie Idrís...Seine Intelligenz war seinem ungestümen Wesen zuvorgekommen...er hatte eine Entscheidung getroffen...etwas das er immernoch am besten beherrschte...warten...

...sein glühender Verstand war nicht mehr als ein winziges Funkeln, ein kleiner Tropfen Wut und Hass komprimiert auf die Größe eines Gedankenfetzens...seine Rastlosigkeit hatte sich in Geduld gewandelt...er wusste, dass die Zeit in Zukunft anders funktionieren würde...diesesmal arbeitete sie mit ihm...nicht gegen ihn. Er musste nur warten...seine Kräfte würden wachsen...langsam ja...doch sie würden wachsen und wenn es soweit war würde er sich rächen...das Funkeln wurde kurz stärker bei dem Gedanken an Rache den er mit Idrís teilte. Er entzündete eine schmale Spur von Erinnerungen die zu einem wahren Arsenal an Hass und Wut führen sollte...zuerst musste er Idrís wandeln...dieses Arsenal nutzen...er hatte begriffen dass ihre Einheit Stärke bedeuten würde, doch nur wenn er sie nach seinem Vorbild formen konnte...

...nicht mehr als ein Funkeln...ein winziges Licht...ein kleiner Stern in einem leeren Kosmos...doch mit so viel Potenzial...

...nicht mehr als ein Funkeln...ein schwaches Gift in einem schwachen Körper...

Idrís wusste, dass seine Kräfte bald vollends schwinden würden...er konnte nicht essen...er konnte nicht trinken...sein Schlaf war ein stetes Fallen in einen Abgrund voller Verzweiflung und Furcht. Er liebte nichts und nichts liebte ihn...er hasste nichts und nur er selbst hasste sich...er verachtete sich...gemordet...er hatte gemordet...wie ein silberner Dolch bohrte sich die Panik in seine Brust...die Erinnerungen sickerten bruchstückhaft aus seinem Unterbewusstsein und mischten sich in seine Gedanken...

Naouda verschloss die Phiole wieder...er hatte genug Furcht in Idrís gesät...nun musste er warten...sie musste sich in Leid wandeln...in Wut...in mehr Hass und dann würde er erneut Furcht säen...er quälte ihn, wie er sich quälte...

"Steh Auf..." zischelnd peitschte der Befehl durch Idrís' Gedanken und ließ ihn mit klirrenden Ketten zusammenzucken. Er öffnete die Augen...und er sah nichts...Schwärze...vollkommene Dunkelheit...
"Ich sehe nicht..." Er sagte es nüchtern, feststellend ohne einen Vorwurf...er fürchtete nicht sein Augenlicht verloren zu haben...er war nur fasziniert verwundert...
"Nimm von meinem Feuer! Mehr, MEHR! Ich gebe dir von meinen Fackeln, auf das du das Feuer mit Flammen bändigst"
Dann schoss das Licht gleißend durch seine Augen und reizte die sensiblen Sehnerven bis aufs äußerste. Gequält drückte er sich beide Fäuste in die Höhlen bis er die warmen Augäpfel spüren konnte...sie brannten, sie schmerzten ihn...
Naouda machte sich mit dem spöttischen, bekannten, Lachen bemerkbar.
"Zu stark für dich du Warmduscher?! Es könnte heißer sein...brennender...es könnte zerstörerischer sein...schöpferischer...intensiver.........RÄCHENDER!"
Langsam hob er eine dünne Hand an...er war dürr...beinah ein Skelett...die Erschöpfung hatte wieder einmal zuviel von ihm abverlangt...Naouda schnalzte missbilligend mit der Zunge...
"Sehr schön mein lieber...noch ein paar Tage mehr und wir können unter dem Türspalt hindurch aus dieser Farce hier flüchten..."
"Naouda..." Seine Stimme hörte sich fremd an, nicht mehr sympathisch und gewinnend...nicht mehr freundlich und klar...gepresst und wütend...alt...kraftlos...leise...unheimlich leise...
"Überanstreng dich nicht wir wolln ja nicht dass du mit deinem Schall den ganzen Turm niederreißt..."
"Naouda..."
"Ja...das hatten wir schonmal...zumindest hast du die Eigennamen noch drauf...ist ja auch ein schöner Name, kein Wunder er gehört ja auch zu mir!"
"Naouda........................................................................................................................................ Halt die Schnauze..."


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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: Fr 25. Dez 2009, 17:54 
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Ein Licht in der Dunkelheit. Ein Licht völlig gegensätzlich zu der harrenden Flamme des Hasses die Naouda stetig am Leben erhielt. Eine winizge Reflexion am Boden in dem dunklen Gefängnis das Idrís umgab. Wie ein Ertrinkender an ein Stück Holz hechtete er zu diesem schwachen Glänzen. Sein Körper hatte seine Grenzen erreicht. Sämtliche Knochen fühlten sich gebrochen an, er blutete aus unzähligen kleinen Wunden und sein sonst so makelloses Gesicht war gezeichnet von Hunger und Schmerz. Der Kampf gegen sich selbst war kein Kampf den man gewinnen konnte oder wollte. Seine Erinnerung war wie sooft ein verschwommener Strudel aus Bildern und Tönen...dann streckte er die Hand aus und spürte den stechenden Schmerz kalten harten Silbers. Ein leichtes Rasseln, dann wusste er, dass die Eisenringe an die er gefesselt war breit genug geworden waren um hindurch zu schlüpfen; zumindest dies hatte ihm das Hungern gebracht. Als er sich müh- und langsam von ihnen befreit hatte, konnte er näher an dieses Silber herangehen. Es war eine massive grob behauene Kette, das konnte er spüren, grob behauen und ohne besondere Merkmale. Trotz Naoudas Protestgeschrei nahm er sie in beide Hände und wog sie langsam von der Rechten in die Linke. Sie war nicht ganz leicht aber leicht genug um sie um den Hals tragen zu können. Als er mit den Fingern über die einzelnen Glieder tastete konnte er in der Mitte ein etwas dickeres fühlen in welches ein Heptagramm eingraviert worden war. Er stieß einen resignierten Seufzer aus und hob die Hände an um sich die Kette überzustreifen, doch just in diesem Moment lies sich Naoudas Wut nicht länger bändigen.
"Finger weg du Idiot! Willst du uns beide umbringen?! Da sitzt er wie ein kleines Baby im Schneidersitz und spielt mit Silber von einer solch massiven Dichte dass mir allein beim Gedanken übel wird...ich wusste ja schon immer dass du nicht der hellste bist, aber das hier schlägt dem Fass den Boden aus! Du wirst jetzt brav das Ding zurücklegen und dich gedulden bis ich einen Weg gefunden habe diese verfluchte Pentagramm zu sprengen dass uns den Weg zur Freiheit versperrt! Hey....HEY...LASS DAS! Bist du jetzt völlig wahnsinnig geworden, du dummes unterbelichtetes Halbwesen HÖRST DU MIR ÜBERHAUPT ZU, DU SOLLST DAS---" Die letzen Worte verstand Idrís nicht mehr, denn ab dem Moment in dem er das schwere Silber auf seiner Brust spürte ward die Stimme gedämpft und verstummte dann vollständig. Er nickte einmal ernst und erhob sich zitternd und entkräftet.Dann stieß er die unverschlossene Tür zu seinem Gefängnis auf...es war Zeit wieder ins Licht zu gehen...


Zuletzt geändert von Darth-Ido am Sa 13. Feb 2010, 15:54, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: Sa 13. Feb 2010, 15:44 
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Tief in der Dunkelheit, im entferntesten Winkel unserer Gedanken, in dem Bereich in dem sich unsere Ahnung, unsere Vorstellung von Nichts als Wahrheit manifestiert, genau dort schleicht sich der Hass wie Gift in den Körper und findet durch jede einzelne Vene in Idrís, den Ort den er einst mehrere Jahre besetzt gehalten hatte. Es umschmeichelte sein Herz flüsterte mit sanften Zungen auf ihn ein und färbte seine Seele schwarz.
Naouda war weder stark noch willens genug diesen Prozess aufzuhalten. Denn er speiste diesen Hass, er begrüßte ihn, er...war dieser Hass. Das was die Menschen um sie herum nicht ahnten...ihre Seele war schon längst durchsetzt vom Gift geboren aus Furcht und Trauer. Naouda ward sensibel gemacht für die schönen, wie für die unschönen Dinge des Lebens, er hatte gespürt wie sich Liebe anfühlt und es machte ihn wütend was ihm alles verwehrt worden war...und wie die Freiheit ihm nun verwehrt wurde...Auch konnte er die Bürden der Vergangenheit nicht mehr tragen, sie begannen ihn ebenfalls zu schmerzen, ein Umstand den er nicht verstehen konnte, ein Umstand der ihn zu einer Entscheidung zwang.

Und dann war da noch der Stolz, ja, er war stolz, so stolz wie sein Blut und seine Vorfahren ihn nötigten zu sein. Es war demütigend und schmerzhaft neugewonnene Freiheit nicht nutzen zu können. Und erfüllt mit einer grimmigen Gerechtigkeit die sonst noch nie Motivation gewesen war bestärkte sich seine Entscheidung zu beweisen dass man ihn zu respektieren und zu fürchten hatte. Von nun an würde Flamme Schatten sein. Idrís war zu schwach geworden, die Jahre des Vergessens und der Verwirrung hatten seinen Verstand mürbe werden lassen, er war kaum mehr als eine Hülle geworden. Seine Gedanken klammerten sich noch schwach an das elende bischen Liebe das er hegte und an schwache sinnlose Hoffnungen. Es war Zeit das Ruder selbst in die Hand zu nehmen und seinen Vorfahren alle Ehre zu machen. Blind konnte er nicht anders als Naouda zu vertrauen, der ihm trotz allem stets zur Seite gestanden hatte. Er konnte nicht mehr kämpfen, er ließ sich treiben. Nun war es an Naouda die Zukunft zu gestalten...


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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: Mi 24. Feb 2010, 01:45 
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Endlich konnte er lachen. Der Schall seiner Stimme hallte tausendfach in Idrís Kopf nieder und zerbrach die letzten geistigen Barrieren. Fluten von Bildern strömten auf ihn ein und überwältigten ihn. Er durchlebte jeden einzelnen Augenblick seines Lebens ein weiteres Mal bis in das letzte Detail. Jedes winzige kostbare Quentchen Schmerz und Leid quetschte er aus ihm heraus, zerstörte seinen Verstand, untergrub seine Kontrolle und schmetterte ihn mit jeder neuen Welle an Erinnerungen nieder.
"Es ist deine Schuld, dass sie tot sind...all diese Gesichter die du siehst...jahrelang habe ich sie dir vorenthalten um dich zu schützen...und stattdessen bekomme ich hier nur DRECK!"
Seine glühende Hand tastete zitternd über den dunklen Steinboden, suchte verzweifelt nach einem Punkt der ihr Halt bot... "Ich fürchte mich nicht mehr vor deinen Suizid-Escarpaden, es ist vorbei...du hast die Kontrolle verloren...VÖLLIG VERLOREN! Du bist nichts als eine leere Hülle...ein Schatten von einem Geist. Es ist nun an mir unsere Geschicke zu lenken!" Gewaltsam riss er die Hand wieder zurück und Naouda erhob sich von der Erde. Dünne rote Linien zogen sich über das Gesicht; die Runen waren härter und und schärfer geworden. Ihr Licht strahlte nicht mehr golden, sondern in einem tiefen blutrot, welches die Furchen zwischen den Augenbrauen unterstütze und ihm einen dämonischen Ausdruck verlieh. Die verkümmerten Stacheln auf Rücken und Unterarmen die an kalte, erstarrte Lava erinnerten, waren härter geworden und zahlreicher, sie wuchsen an Nacken und Schultern vorbei und waren ebenfalls an die Runen gebunden. Der Bannkreis auf seinem Rücken war vollständig gebrochen und das Hepta-und Nonagramm zeigte mit seinen Spitzen und nun gebrochenen und chaotisch wie vom Winde verwehten Pfeilen, strikt nach außen. Die drakonische Rune für Hass die sich auf der Schulter befand, verband sich nun mit dem ignaaischen Schriftzeichen für Gehorsam und kehrte den ursprünglichen Sinn der magischen Fesseln um.

Idrís sprach nicht mehr...er war verstummt...sein Leid hatte kein Ende gefunden...es hatte soeben erst begonnen. Er war es nun, der an Naoudas Unterbewusstsein gefesselt war...er war in eine Trance gefallen in der er dieselben Ereignisse wieder und wieder erlebte. Er schrie nicht, begehrte nicht auf, wehrte sich nicht...nichteinmal die Gnade einer Träne war ihm vergönnt...nur Peinigung und Geißelung...endloser wahnsinniger Schmerz...weder Erlösung im Tod noch durch jemanden der ihn halten konnte...

Ein verächtlicher Seufzer entfuhr Naoudas Lippen, während er den gerichtlichen Beschluss in der rechten Hand zu Asche zerfallen ließ. "Dann wollen wir doch mal sehen ob wir des Richters Furcht nicht nähren können..." Langsam ließ er sich auf das Bett sinken, während sich auf seinem Rücken die letzten noch blutenden Narben zischelnd schlossen.
"Es ist vollbracht...na mein Freund...wie fühlt sich das an..." er schnalzte lachend mit der Zunge. "Schwierig zu sprechen wenn man so unter Qualen steht nicht wahr mein Lieber? Keine Sorge, du wirst es schon wieder lernen....und wenn es soweit ist, geht der Spaß erst richtig los...denn wer wird dich hören? Wer wird dich verstehen können...dir helfen wollen? Sieh doch nur; wir sind eine schändliche Kreatur...eine "Missgestalt". Zwei Bastarde in einem Körper...ach verzeih...anderthalb...wenn man dich überhaupt noch als Halben zählen kann. Und dieser eine Bastard hier wird beweisen wie schnell eine gute Komödie doch schlussendlich zur Tragödie mutieren kann. Ein Regisseur ist jemand, der genau die Abfolge seines Stückes geplant hat...der alle Folgen abgesehen hat und der die Geschichte exakt so lenkt wie er es will. Und wenn es ein gutes Stück ist sind die Wendungen so zahlreich subtil und für den Zuschauer dennoch überraschend dass er nichteinmal merkt wie er von diesem inszenierten Akt mitgerissen wird...deine Worte Bruder...Täuschung funktioniert am besten wenn man von vornherein argwöhnisch betrachtet wird und diesen Argwohn nutzt." Er klopfte grinsend auf die Bettdecke und entblößte dabei nadelspitze blutrote Zähne.
"Zuerst wollen wir untertauchen...dann an Macht gewinnen...und dann die Rache sprechen lassen....." Er löschte das Licht seiner Flammen und tauchte den Raum in völllige Finsternis...nur noch rote Linien zeichneten sein Gesicht in der Dunkelheit ab und zwei tiefrote Augen öffneten sich und durchbohrten hasserfüllt die Dunkelheit...


Zuletzt geändert von Darth-Ido am Di 6. Mai 2014, 01:58, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: Fr 2. Apr 2010, 23:45 
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Zuletzt geändert von Darth-Ido am Di 6. Mai 2014, 00:44, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: Fr 17. Sep 2010, 16:04 
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Er hatte es nicht mitbekommen, den Wandel nicht klar verfolgen können. Denn von allen Gefühlen und Eindrücken die er bei seinem ersten Kontakt mit der Außenwelt kennengelernt hatte, war das Gefühl der Ruhe, das letzte gewesen. Die vielen Wochen der Einsamkeit hatten seinen Charakter verändert, hatten ihn vernünftiger werden lassen. Naouda wusste nun besser wie man mit den verschiedenen Rassen und Personen umzugehen hatte. Er konnte besser einschätzen welche Worte und Handlungen, welche Wirkung erzielen würden. Alles in ihm versuchte nach einem Ausgleich zu suchen. Und dennoch, obwohl er das Gefühl hatte im Einklang mit sich selbst zu sein, wusste er, dass er stets Naouda bleiben würde. Sein Feuer brannte immernoch hell und sengend, alles in ihm war noch immer darauf eingestellt zu detonieren entzweizubrechen und alles in Flammen zu setzen. Wie ein Raubtier knurrten die Flammen in seinem Kopf. Ständig flüsterte ihm eine Stimme zu dieses Feuer zu nutzen ungeachtet der Konsequenzen.
Bestreiten konnte er es nicht, es fühlte sich gut an grausame Gedanken zu haben, es fühlte sich gut an seine Energien freizusetzen, Dinge sinnlos brennen zu sehen. Es fühlt sich gut an unfreundlich arrogant selbstverliebt unnnachgiebig und gesellschaftlich wirklich vollkommen ungenießbar zu sein.
Was hatte sich also geändert? War er doch nur eine etwas gemäßigte Variante dessen was er einst war, weil eine Laune der Natur eben entschieden hatte, dass er plötzlich soetwas wie eine Vernunftsapparatur bekommen sollte?
Nein, nicht ganz. Etwas anderes hatte diesen Wandel verursacht. Abgesehen vom Gefühl der Ruhe, hatte er nun gelernt was Reue und Bedauern waren. Seine maßlose Arroganz war etwas gewichen, dass ihm Unbehagen suggerierte, wenn er etwas tat was nach menschlichen moralischen Maßstäben als böse gegolten hätte. Maßstäbe die er maßgeblich von Idrís mitbekommen hatte, welche durchgesickert waren, ohne dass er es bewusst wahrgenommen hatte.
Und nun, da er um seine Umstände besser wusste, konnte er beruhigter seine Suche fortsetzen...
Seine Suche nach Verständnis, Akzeptanz und der Bedeutung von Liebe.


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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: Di 6. Mai 2014, 01:35 
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Sein rastloser Geist hatte ihn gezwungen zurückzukehren.

Das unnachgiebige Bestreben der letzten Jahre, Ungewissheit und Leere in seinem Schädel mit Wahrheit zu füllen hatte nichts als verdorbene Früchte hervorgebracht.
Wie immer machte ihn die Nacht zum Schatten seiner selbst. Er schlug sich durch Büsche und Gestrüpp, Blätter und Äste peitschten sein Gesicht bis Mutter Natur sich den Spaß erlaubte, einen morschen Baumstumpf besonders ungeschickt zu platzieren. Naouda geriet ins Straucheln und landete mit dem Gesicht voran im matschigen Flussbett eines schmalen Baches. Resigniert verwarf er jegliche Anstalten sich zu erheben und drehte sein schmerzverzehrtes Gesicht zur Seite um atmen zu können.
Die Aufzeichnungen seines verblichenen Bruders hatten ihn quer durchs Land geschickt, doch er hatte nichts von dem gefunden was er sich erhofft hatte. Keine Familie oder Verwandte. Keine Freunde, Bekannte oder gar Liebschaften . Nur Leere. In einem Mantra der Monotonie schlug er seine Stirn immer wieder aufs neue auf den Boden, dass der Schlamm nur so hin und her spritzte. Er hatte angenommen seine Wurzeln zu finden, Schuldige an seinem und Idrís Schmerz. Nichts davon war ihm vergönnt. Vielleicht hast du nicht gründlich genug gesucht, an den falschen Orten zur falschen Zeit!

Wütend richtete er sich auf und streckte zitternd beide Fäuste gen Himmel. Sein Körper war angespannt, sein Gesicht eine Fratze die seine Zähne zu Staub zerfallen ließ wenn er seinen Kiefer nicht ein wenig entspannte. Er wollte schreien, alles niederschreien und kurz und klein hauen. Das ganze verfluchte Wäldchen anzünden - doch er atmete ganz langsam aus und setzte sich im Schneidersitz auf den Boden. Konzentrier dich, Konzentration, Kontrolle, konzentrier dich verflucht noch eins!
Giftige Gedanken schlichen sich aufs Neue in seinen Schädel und versuchten das alte Rad des Teufels wieder in Schwung zu versetzen. Kaum, dass er den Kopf in den Nacken legte um den Mond zu betrachten, traf ihn der erste Regentropfen ausgerechnet im linken Auge. Etwas unbeholfen schlug er mit der flachen Hand danach, verstärkte dadurch das Jucken und schnaubte zornig. Seufzend wollte er seiner herannahenden Verzweiflung nachgeben, da rollte ganz unvermittelt eine Erkenntnis von solch klarer Vernunft heran, dass er meinte sie im Mond erkennen zu können. Sie kam so plötzlich dass er wie elektrisiert aufstand, mit unkontrollierten Schritten hin und her hetzte und aufgeregt vor sich her murmelte:
"Du hast keine Heimat! Du hast keine Familie, keine Gruppe oder Zugehörigkeiten. Du hast ja nicht mal dich selbst. Über gut und böse kennst du nur die Theorien dieser 'Anderen'. Wage Richtlinien die ihnen zweifelhafte Gefühle der Sicherheit verschaffen können!"
Der Mund klappte ihm zu als er das Selbstgespräch im Geiste fortsetzte. Doch gibt es einen Geburtsort! An dem du zum ersten Mal Luft geatmet und Sonne gespürt hast.
Wie dumm von ihm anzunehmen, seine Antworten befänden sich in Calimshan. Er musste unwillkürlich lachen als es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. Zum ersten Mal hatte er die physikalische Welt in der Nähe von Baldur's Tor betreten. In einer Stadt die er nie hatte vergessen wollen. Die Orientierung war ihm zwar abhanden gekommen, doch er würde seinen Weg zurück nach Rivin schon noch finden. Er war sich verflucht sicher. Und wenn er sich durch die ganze Weltkarte brennen musste.


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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: Mo 26. Mai 2014, 00:59 
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Sei nicht so dumm... lass den Zorn verrauchen!

Naouda stapfte polternden Schrittes durch den Wald und hielt seinen Kopf soweit abgesenkt wie er konnte. Er setzte fort was er begonnen hatte. Jedweder Betrachtungswinkel endete in Zorn. Die Handschuhe, die er aus übereifriger Vorsicht seit 2 Tagen nicht abgestreift hatte, schmerzten ihn; vor allen Dingen ob der Lächerlichkeit dieses debilen Gedankenganges, die ihm erst jetzt auffiel. Eine weile hielt er sie in beiden Händen und verlangsamte seine Schritte. Dann zerknüllte er sie wütend und warf sie von sich weg. "Verfluchte Scheiße!"
Sie flogen nicht besonders weit und landeten mit einem müden Flattern im Gras. Er ließ sich an Ort und Stelle nieder und versuchte sich unter Kontrolle zu bringen. Eine raschelnde Windwehe nahte heran und zerrte sachte an seiner Kapuze. Sie wurde ebenfalls zum Opfer und fiel nicht unweit der Handschuhe mit dem selben ernüchternden Geräusch zu Boden.
Willst du Geduld noch in diesem Leben lernen? Oder weiterhin Stoffe misshandeln?
Seine geballte Faust erreichte ihr Ziel nicht mehr. Er ließ sie in der halben Bewegung abfedern und strich sich unendlich langsam über das vernarbte Gesicht. Die Furchen fühlten sich an als seien sie erkaltet. Als müsste man sie füllen. Asche brennt nicht, du Affe!
Er entschied heute kein Lager aufzuschlagen, viel lieber lehnte er sich an den nächstgelegenen Baum legte die Hände in den Nacken und starrte in den Nachthimmel. Er fragte sich wie so oft, was sich wohl im dunklen Raum zwischen den Sternen befand. NICHTS! Denk lieber darüber nach wie du dich hier durchschlagen willst!
Ein verächtlicher Seufzer entschlüpfte noch seinen Lippen dann kramte der Genasi fluchend in seiner Reisetasche nach den letzten paar Streifen Trockenfleisch, die sich innerhalb eines kleinen, metallenen Kästchens an seinem Gürtel befanden. Als er gefunden hatte wonach er suchte, zog er etwas zu heftig, sodass ihm das Tagebuch seines Bruders entschlüpfte und aufgeschlagen, mit dem Rücken nach oben auf seinem Knie balancierte. Er schlug danach wie nach einer lästigen Mücke, öffnete die Box und stopfte sich drei Streifen Fleisch aufeinmal in den Mund. Vor sich hin grummelnd kaute er als wollte er es zu Mehl verarbeiten und fixierte das Büchlein als sei es an der Misere aller Welten verantwortlich. "fu fummer ewel!"
Angewiedert schluckte er den unappetitlichen Brei hinunter, kickte das Buch noch etwas weiter von sich weg und schloss die Augen. Das leise Rascheln des Waldes und seiner Bewohner störte ihn ausnahmsweise nicht. Er versuchte nicht zu denken und ließ sich an einen Ort fallen den er lange nicht besucht hatte. Dann schlief er.


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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: Di 27. Mai 2014, 09:12 
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Ein steifer Nacken, ein brüllender Magen und der widerliche Gestank von frischem Regen in der Luft. Naouda fasste sich an die Stirn hinter der sich sein Gehirn anfühlte als hätte man kochendes Silber hineingegossen. Er gähnte etwas zu heftig, sodass sein Kiefer für einige Sekunden drohte in einer unvorteilhaften Position stehen zu bleiben. Mit Bitterkeit dachte er daran, dass es seine Erscheinung wohl kaum verschlechtern konnte. "Du siehst aus wie ich mich fühle!" krächzte er der wolkenverhangenen Sonne entgegen, die heute in einer besonders ekelhaft, milchigen Farbe schien. Es musste schon Mittag geworden sein. Zuviel Schlaf, zu wenig Träume. *tock* - *tock* - *tock* Baumrinde traf auf Hinterkopf. Vielleicht verringerte sich sein Schmerz wenn er einfach ein paar Kerben in seinen Schädel schlug. Niedergeschlagen ob seiner Idiotie, an diesem unseligen Ort, in dieser dämlichen Position einzuschlafen, erhob er sich in einer wirbelnden Bewegung. Dann versuchte er seine Muskeln mit einer Übung zu entspannen, die er auf seiner Reise durch Calimshan von einem durchgeknallten Kunstschmied gelernt hatte. Es blieb bei dem Versuch, denn wie immer nützte sie rein gar nichts. Im Gegenteil, zur pulsierenden Qual in seinem Hirn gesellte sich ein stechender Schmerz im Rücken. Er erinnerte sich flüchtig das besagter Schmied einen ziemlich ausgeprägten Buckel hatte. "Jeder ist seines Glückes Schmied!"
Er schüttelte entnervt den Kopf, als ihm eine fremde Stimme im Geiste diese unsinnige Phrase entgegenwarf.
Als er bemerkte wie das Wetter sich anschickte von einem anfänglichen Rieseln zu einem größeren Schauer zu wechseln, klaubte er hastig das Tagebuch vom Boden auf, schlang sich den Mantel fest um den Körper und raste so schnell ihn seine Beine trugen in Richtung Stadt. Er versah den Regen auf jede erdenkliche Art und Weise mit wüsten Beschimpfungen, dass die Wolken rot angelaufen wären, hätten sie Gesichter. Glücklicherweise war sein Verstand so sehr mit Fluchen und Laufen beschäftigt, dass er gar nicht mitbekam, wie schnell die Zeit verging und wie ihm ausnahmsweise kein vollständiger Gedanke durch den Kopf schoss.
Vor den Toren Neu-Rivins angekommen fuhr ihm ein leichter Schauer über den Rücken. Wasser ergoß sich in Strömen vom Himmel und durchweichte Mantel und Kapuze. Er beschloss, alle Pläne über den Haufen zu werfen und einfach geradeaus durch das Tor zu marschieren. Ganz ruhig. Geduld und Beherrschung. Du bist ein ganz normaler Durchschnitts-Reisender. Niemand interessiert sich für ganz normale Durschschnitts-Reisende. Du bist fleischgewordene Normalität!
Bei dem grausigen Wetter waren nur wenige Menschen zu sehen - sie hasteten wie aufgescheuchte Hühner über die Straße. Die einzigen Wachen die er wahrnehmen konnte wurden von einer wild gestikulierenden Gestalt abgelenkt. Sie transportierte einen großen unförmigen Sack unter dem linken Arm und deutete zwischendurch mit einem schnaubenden Geräusch darauf. Na los! Einen besseren Moment wirst du wohl kaum finden!
Naouda hielt die Luft an, widerstand dem Drang seiner Neugier und wandte seinen Blick von der Gruppe ab, dann schritt er entschlossen durch das Tor. Er begann so unauffällig wie möglich durch die Stadt dorthin zu flitzen wo er den Hafen vermutete. Je schneller er sich bewegte desto langsamer konnte er denken. Keine Beachtung der Umgebung schenkend, konzentrierte er sich auf die Muster die der gepflasterte Boden für seine Augen entwarf. Für einen Moment schoss ihm die Frage durch den Kopf, was sein Bruder wohl davon hielt, dass er hierher zurückgekehrt war. Wen interessiert der Scheiß?!
Ein langer Satz über eine Pfütze die sich plötzlich vor ihm auftat unterbrach seine Gedanken und lenkte seine Aufmerksamkeit auf ein kleines, unscheinbar wirkendes Gasthaus.
"Hier! Hier hinein!"
Bei der Eingangstür angekommen, schüttelte er sich soviel Regenwasser wie er konnte vom Leib, zog seine Kapuze etwas tiefer ins Gesicht und betrat festen Schrittes den"Schwarzen Krug". Die körperlose Stimme klatschte zynischen Beifall.


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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: Do 19. Jun 2014, 08:51 
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"Wie fühlt sich das an?"
Warmer feuchter Atem streifte Naoudas Ohr und riss ihn jäh aus seinem unruhigen Schlaf. Dummerweise hatte sich die Decke ungünstig um seine Beine geschlungen, sodass er aus dem Bett stolperte und zeternd der Länge nach auf dem Boden landete. Als er sich schließlich zappelnd und tretend befreit hatte, krabbelte er spinnengleich in die Ecke des Raumes und behielt lauernd und kauernd die gegenüberliegende Tür zu seiner schmalen Pension im Auge. Kein Lüftchen regte sich. So spät in der Nacht musste jedes Geräusch deutlich zu hören sein. Keine Knarrenden Diehlen, oder vorbeihuschende Schatten welche die Anwesenheit eines Eindringlings verraten hätten. Nur seine eigene Atmung die schneller ging als ihm lieb war. Nach einer gefühlten Ewigkeit erhob er sich endlich und stieß sich prompt den Kopf am Fensterladen unter dem er sich positioniert hatte. Der dumpfe Schmerz drohte ihn zu betäuben, da hörte er geisterhaft anmutendes Gelächter. Diesemal wusste er sofort mit wem er es zu tun hatte.
"Sag mal hast du noch alle Federn am verschissenen Hut?! Weckst mich mitten in der verdammten Nacht und rotzt mir die Ohren voll? Du verfluchter Hurens-"
"He-Ho! Vergiss nicht, es ist auch deine Mutter!"
"-Arschgeburt! Verzieh dich wieder in die Grotte aus der du entschlüpft bist und lass mich in Ruhe schlafen!" Über seinen aufkeimenden Zorn hinweg, vergaß er seinen Schmerz, während er die Fensterläden aus den Angeln hob und achtlos auf das Bett warf.
"Wir müssen uns wirklich mal über dein... ungestümes Wesen unterhalten. Irgendwann tust du dir noch selber weh."
Idrís Stimme nahm einen leicht besorgten Tonfall an.
"Das ungestüme Wesen kann mich mal! Wenn du dich nicht gleich verziehst hau ich unseren Schädel so oft gegen die Wand bis ich ohnmächtig werde!"
Er merkte gar nicht wie er sich mit zusammengekniffenen Augen die Stelle rieb an der das Schicksal wieder so gnadenlos zugeschlagen hatte.
"Exakt! Genau das Meine ich. Schädel, Wand, ohnmächtig. Die drei gehen nur schwerlich zusammen ohne ernsthafte Schäden anzurichten. Wie wär's wenn du dir erstmal anhörst was ich zu sagen habe bevor du das Gemäuer mit deinem Gesicht tapezierst?"
"Ich hasse dich so sehr, dass ich nachts nicht schlafen kann."
Nach seiner letzten wutentbrannten Antwort jedoch, zog Naouda es vor zu schweigen und abzuwarten was sein bruder ihm verkünden wollte.
"Ich habe mir den Weg in dein Bewusstsein natürlich nicht ausschließlich freigekämpft, um dich panisch auf und ab scheuchen zu sehen."
Während er sprach klang seine Stimme immer deutlicher. Der Genasi blieb weiterhin schweigsam und und stierte genervt aus dem Fenster in die mondlose Nacht hinein.
"Obwohl ich zugebe, dass es einen unvergleichlichen Reiz birgt, dein selbstzerstörerisches, unkontrolliertes und hysterisches Verhalten zu beobachten. Manchmal frage ich mich was wohl geworden wäre, wenn wir Plätze getauscht hätten u-"
Er unterbach sich für einen Moment und räusperte sich mehrmals. Naoudas Haar flackerte wild empor und glich mit dem dazu passenden Gesichtsausdruck einem vermenschlichten, mit brennenden Kohlen gefüllten Kochtopf, der sich anschickte jeden Moment zu explodieren. "Da ich nicht mehr viel Zeit habe, bevor die Schutzmechanismen mich gleich wieder rauswerfen, fasse ich mich kurz"
"Wahnsinn! Wenn du Pissbirne dich noch kürzer fasst, wird ein Haiku draus", entgegnete der Feurige mit knirschenden Zähnen.
"Den hast du von mir!"
"Verklag mich beim Pascha!"
"Ja ja, wie dem auch sei! Ich bin auf Möglichkeiten gestoßen, dich von den Fesseln zu befreien, die dich noch an gewisse Regeln binden. Und die sind, nebenbei bemerkt, hauptsächlich verantwortlich für deine fortwährende, bodenlose, beschämende und ganz und gar mitleidserregende Verwirrung."
Die Schimpftirade die sich nun anbahnen sollte erstickte die körperlose Stimme im Keim, indem sie unbeirrt weiter plauderte.
"Bedenke stets, dass auch ich nur einen Bruchteil über unsere Vergangenheit weiß und noch sehr viel mehr Zeit benötige um dir Genaueres zu erläutern."
Eine kühle Brise ging durch das Zimmer und Naouda griff instinktiv ins Leere, um das Fenster zu schließen.
"Eines kann ich dir jedoch mit Sicherheit mit auf den Weg geben: Ich bin die einzige Person der du uneingeschränkt vertrauen kannst."
Sein Ratschlag klang seltsam unheilvoll. Der grimmige Klang seiner Stimme ähnelte plötzlich seiner eigenen. Obwohl es schien als hätte er noch mehr zu sagen gehabt, legte sich Stille auf Naoudas Gedanken.
"War's das?"
Inzwischen hatte der Himmel begonnen sein schwarzes Gewand, gegen eine dunkelblaue Kluft einzutauschen. Zur klirrenden Kälte gesellte sich nervtötendes Vogelgezwitscher. Außer einer ramponiert wirkenden Gestalt, die auf einer Bank vor dem Gasthaus ihren Rausch ausschlief, war niemand auf den Straßen zu sehen.
"Ich hab dich was gefragt Quatschkopf!"
Es kam keine Antwort.
"Alles klar. Verstehe. spann mich auf die Folter. Wenn du glaubst du könntest mir deinen Blödsinn predigen und dann einfach verschwinden... dann-"
Für einen kurzen Moment rang er nach Worten, um einen sinnvollen Abschluss seines Satzes zu finden. Er blieb unvollendet und wich einem deprimierten Seufzer.

Jedweder Versuch schlafen zu gehen konnte begraben werden - er rieb sich heftig die Augen und klimperte ein paar Mal mit den Lidern um seine getrübte Sicht zu klären. Grollend reparierte er den Schaden den er angerichtet hatte und knallte das Fenster mit voller Wucht zu. Seine Decke landete zerknüllt auf dem Bett, dann stieg er in seine Stiefel und warf sich seinen Umhang über die Schultern. Nichts vermochte sein unentwegtes Gemurmel zu unterbrechen, als er den Gürtel mit der Reisetasche anlegte und zerstreut stehen blieb, um zu überprüfen, ob er auch nichts vergessen hatte. Derweil erreichten seine Stimmungschwankungen einen relativen Hochpunkt. Kolossale Müdigkeit tauschte alle paar Augenblicke mit unbändigem Tatendrang. Beides wechselte sich mit rasender Geschwindigkeit ab und steigerte sich ins Unerträgliche. Er drohte für einen Moment den Verstand vollkommen zu verlieren, da wurde ihm zum ersten Mal bewusst wie er sich eigentlich fühlte. Besser gesagt: was er fühlte. War dies, die von Idrís erwähnte Verwirrung? Konnte es sein, dass er auf eine andere Art und Weise erblindet war. Die Welt schien weder nach innen noch nach außen. Ich bin und bin nicht...
"Aber vor allem bin ich nicht amüsiert! DRECK!"
Die frische Morgenluft riss ihn aus seinen Grübeleien. Er hatte beim Weg von drinnen nach draußen so intensiv herumsinniert, dass ihm nicht aufgefallen war, wie er das Frankys verlassen hatte und wie seine Beine ohne sein Zutun auf den Hafen zusteuerten. So überkam ihn also vorübergehende geistige Leere, und es begab sich, dass Naouda lernte die richtigen Fragen zu stellen.
"Wie fühlt sich das an?"


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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: Do 3. Jul 2014, 01:12 
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Die Strahlen der Sonne bahnten sich ihren Weg durch eine Lücke zwischen den dicken, bauschigen Wolken und druchdrangen unbarmherzig Naoudas Kleidung. Er hatte den Mantel schon längst abgestreift und transportierte ihn mit beiden Händen vor sich her, als handelte es sich um einen unersetzbaren Schatz. Unnerheblich zu erwähnen, dass es nicht Wärme war, die ihm zu schaffen machte. Es waren die Stoffe die er trug. Sie bildeten eine Barriere zwischen ihm und dem gewaltigen Feuerball, der dort oben besonnen auf ihn herniederstarrte und unentwegt versuchte seine wahre Gestalt hervorzulocken. Ein Ziehen und Stechen der Muskeln, ein heftiges Jucken und Kratzen der Narben, selbst die Spitze seiner Ohren ziepte in einem herausfordernden Stakkato. Die umgebende Luft schien wie geladen - sie knisterte unmerkbar, obwohl es für die Jahreszeit noch recht kühl war.
Nicht unweit von Railantas Wagen, wo man ihn freundlicher aufgenommen hatte, als ihm zu jedwedem Zeitpunkt bewusst gewesen wäre, streunte der Erbe irgendeines Feuerdschinn herum und versuchte seine quälenden Fragen mit einem Spaziergang loszuwerden. Mit der Zeit begann es zu dämmern - dem Himmel und ihm selbst. Er würde für heute wohl keine Ruhe finden, also ließ er sich still an Ort und Stelle im Schneidersitz nieder und warf den Kopf in den Nacken um dem Mond dabei zu zusehen, wie er mit einer Armee glitzernder Sterne den Tag verjagte. Seine Beine hatten wie von selbst, ihren Weg zu einer hübschen kleinen Lichtung gefunden. Die Bäume standen nicht besonders dicht, sodass der Ort ein eigentümliches Gefühl von Freiheit ausstrahlte.
"Ein Groschen für deine Gedanken!"
Naouda klatsche beide Hände vors Gesicht und zog die Haut zu einer Grimasse herunter: " Ein Groschen für deine Gedanken", äffte er Idrís nach. "Und der Preis für die Wahl der schlechtesten Zeitpunkte um mir auf den Sack zu gehen geht aaaan: den Laffen der in meinem Kopf wohnt!"
"Oh vielen, herzlichen Dank! Ich bin noch bis nächste Woche hier! Autogramme gibts zu jeder vollen Stunde!"
"Blubber, blubber, bla. Bist du gekommen um mir beim Scheißen zuzusehen? Das hatte ich nämlich gerade vor!"
"Ich hatte fast vergessen wie unanständig du manchmal sein kannst."
"Du bettelst ja förmlich darum nachgeäfft zu werden... Welch dümmliche Binsenweisheit hast du heute für mich?"
Mehrere Grashalme wurden das Opfer von Naoudas Fingern. Sie landeten zu hunderten kleinen Schnipseln auf dem Boden und bildeten mit der Zeit einen Miniatur-Hügel. Er spürte wie Idrís Präsenz für einen Moment flackerte und vorsichtig in seinen Gedanken stocherte.
"Jetzt reicht's mir aber! Du hälst dich verdammt nochmal aus meinem und ich mich aus deinem Teil raus! Keine Experimente!"
"Bleib auf'm Teppich! Ich habe eine wunderbare Entdeckung gemacht, für die du mir extrem dankbar sein wirst! Ich muss nur die richtige... Position... vielleicht wenn ich einfach beherzt zuschlage und... AHA!"
Ein immer stärker werdendes Prickeln unter der Schädeldecke kündigte jäh heftige Kopfschmerzen an, die siedendem Wasser gleich, den Rücken hinuntertröpfelten um sich daraufhin im ganzen Brustkorb zu verteilen. Gepeinigt öffnete er den Mund um zu schreien, doch es kam kein Ton. Einem frisch gefangenen Fisch nicht unähnlich, klappte ihm der Kiefer auf und zu. Vergebens - er wedelte heftig mit den Armen, als hoffte er Idrís somit auf sein Problem aufmerksam machen zu können.
"Jetzt beruhig' dich mal einen Augenblick. Ist ja gleich geschafft! Außerdem tut es dir ganz gut mal die Klappe zu halten."
Naouda verschränkte beleidigt die Arme und stierte wütend vor sich hin. Sein Bruder konnte sich gleich auf einen Beleidigungs-Marathon allererster Güte freuen. Doch wenige Augenblicke später verschwanden die Schmerzen so schnell wie sie gekommen waren und wurden durch ein warmes, weiches Gefühl molliger Behaglichkeit ersetzt. Der grimmige Gesichtsausdruck wich einem zufriedenen, leicht benebelten Grinsen.
"Hui... Was hast du gemacht... ich fühl mich so federleicht, dennoch zieht es mich zu Boden, aufgehangen an tausend Fäden, die unendlich in den abendlich roten Himmel reichen. Bei den neun Höllen und allem was darüber liegt. Die Welt ist eine kleine Murmel zwischen meinen Zehen, in der sich Zukunft und Vergangen-
Sein dichterischer Erguss wurde von Idrís ungehaltenem Gelächter unterbochen.
"Tja... ich glaube fast ich habe den falschen Strang erwischt. Da gefielst du mir doch besser, als du noch mit... Fäkalien um dich geworfen hast. Na schön, das haben wir gleich."
"Und so verliert sich des Irrenden Geist im kläglichen Gewirr seiner eigenen Windungen, ohnmächtig, entfernt; der Richter bricht sein Rückgrat, spricht er doch mit der Zunge des einen der den ewigen Teppich knüpft. Hach könnt ich doch ein Muster sein, Faden, Faser gar nur entrückt und unbedrückt nicht verrückt und verdrie-"
Gerade als er sich erhoben hatte und das Gesicht verträumt gen Himmel gewandt hatte, kribbelte es erneut in Händen und Füßen. Dort wo sich an seinen Armen die erkalteten Runen befanden quoll dichter, dunkler Rauch hervor, der sein Gesicht für einen kurzen Moment einhüllte.
"Diesmal hab ichs! Ich bin ein Genie! Meister aller Meister! König in allen belangen und darüber hinaus... ich... toll...u-." Idrís nachhallende Stimme erstarb. Naoudas geistige Barrieren hatten ihn wieder in seine Schranken verwiesen. Allerdings hatte er seinen Teil für heute getan. Der Rauch verzog sich und gab die Sicht auf das Gesicht seines feurigen Bruders frei. Da waren die unfassbar großen, zornig geschwungenen Augenbrauen, die breite kantige Nase und der Mund der zu einem gewinnenden Lächeln verzogen war, dass seltsam natürlich wirkte. Die eckigen Ohren wippten zum Takt einer lautlosen Melodie während die Finger sich unentwegt zur Faust ballten und wieder entspannten. Aber die größte Veränderung hatten seine Augen durchgemacht. Die Pupillen hatten sich extrem geweitet und ruhten besänftigt auf einem unbestimmten Punkt in der Ferne.
"Scheiße noch eins."
Sachte fuhr er mit dem Finger der linken Hand über seine rechte Handfläche die alten Brandnarben nach. Sie hatten sich mit der Zeit nahtlos in die restlichen Runen eingefügt und glommen wie einst in einem matten, rötlichen Farbton der ab der Handwurzel erstarb.
"Schrittchen für Schrittchen, um ein Haar hätte ich Dank für dich empfunden... Bruder."
Es war dunkel geworden und Stille hatte sich in der Lichtung breit gemacht. Der aufmerksame Zuhörer mochte ab und an ein freudiges leicht wahnsinniges Lachen von einer tiefen, kehligen Stimme wahrnehmen. Idrís hatte die Glut wieder angefacht.


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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: Do 31. Jul 2014, 05:42 
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"Wer von euch wagt es vorzutreten?! Vorzutreten um abzutreten? Niemand bezwingt Mazuday den Meister der geschärften Zunge! Herrscher der geschliffenen Worte. Der erste Mensch der unseren strahlenden Pascha zum Weinen brachte und dafür mit Ruhm und Reichtum überschüttet ward."
Die Menge unterbrach ihr nicht enden wollendes Gelächter, um mit gespielter Empörung aufzuschreien. Sie hatte sich in der Mitte des Markviertels um den großen Platz versammelt auf dem für gewöhnlich die Hinrichtungen stattfanden. Alles was weder Rang noch Namen hatte drängte vorwärts und versuchte verzweifelt einen Blick auf das kommende Spektaktel zu erhaschen. "Nahe der Oasen geht das Gerücht , dass die Wüste erzitterte vom Gekicher der Djinn, die sich über den Sand kugelten und atemlos den Bauch hielten, als der Wind seine Abenteuer herantrug. Er besitzt die Macht, von Barden besungene Liebschaften zu entzweien, während er über Äonen verfeindete Familiendynastien mit einem Fingerstreich versöhnt. Er hat schon mehr gesehen als ihr verlausten Affen gesoffen habt. Er kennt die drei Geheimworte um jedes Weib Torils in seinen ewigen Bann zu ziehen. Des Morgens frühstückt er mit Göttern und nimmt des Abends ein ausgiebiges Bad mit Teufeln, um nächtens eure Mütter zu besuchen. Der Sinn des Lebens ist---"
Jemand hatte Idrís bei den Ohren gepackt bevor er noch mehr erfahren konnte, über Mazuday Al-Mazih den Unübertroffenen.
"Lass mich los! ich will das hören!"
Er zappelte und versuchte sich aus dem festen Griff Zayids zu befreien. Doch zwischen den breiten, schwieligen Händen des Dieners fühlte sich sein Kopf an, als hätte man ihn in einen fleischgewordenen Schraubstock gezwängt. Unbeeindruckt von seiner kindlichen Flucherei bugsierte Zayid ihn durch die Menge in eine abgelgenere Seitenstraße, wo das raue Gebrüll des Marktschreiers im summenden Gemurmel der Menschen unterging, die ihren täglichen Geschäften nachgingen. Sie waren bereits bei den Ausläufern das Marktes angekommen, als sich der Griff um Idrís Kopf lockerte, der sich prompt umdrehte um seinem Aufpasser herausfordernd den Zeigefinger in den Bauch zu bohren.
"Du blöder Esel! Warte nur bis ich Vater davon erzähle!"
Der Hühne musterte ihn eine Weile lang aus einem stahlblauen Auge und ging dann in die Hocke um ihm seinerseits vor die Brust zu klopfen.
"Du kleine Ratte! Warte nur bis ich Vater davon erzähle!"
Er imitierte seinen Tonfall, während sich seine Mundwinkel amüsiert nach oben verzogen. Der Junge ließ seine Hand nach unten sinken und blickte Zayid eine Weile lang verständnislos an.
"Bis du Vater wovon erzählst?! Ist das wieder eine deiner dämlichen Tricksereien?!"
Lauernd verzog er die Augenwinkel und verschränkte die Arme, während er gespannt auf eine Antwort wartete. Der Diener brach in schallendes Gelächter aus und packte Idrís trotz des Protestgeschreis um ihn behutsam auf seine Schultern zu heben.
"Du bist viel zu klug für dein Alter, weißt du das?"
Während er antwortete begann er sachte auf dem ausrasierten Schädel Zayids herumzutrommeln.
"Vielleicht bist du aber auch zu dumm für dein Alter!"
"Mach nur weiter so! Dann erzähl ich dem Herrn, dass du dich gestern wieder ohne Erlaubnis rausgeschlichen hast!"
Das hatte gesessen. Zwei schwache Klatscher waren noch zu hören bevor das Getrommel endgültig erstarb.
"Das... würdest du nicht wagen?!"
Ein freundlicher Klaps traf seinen Hinterkopf. Er fragte sich noch heute wie Zayid mit dieser grotesken Schnelligkeit seine Arme verrenkte um die bekannte Vertrauens-Schelle zu verteilen.
"Sei einfach still und pass auf, dass mir kein Dieb über die rechte Seite flitzt!"
Der Junge drücke augenblicklich seine Wirbelsäule durch und schirmte mit der Linken seine Augen vor der sengenden Sonne ab, die an diesem Vormittag besonders heftig strahlte. Gespannt blickte er sich nach potentiellen Dieben um und ertappte sich dabei, wie er sich richtiggehend wünschte, dass er einen ausfindig machen würde. In diesem Teil der Stadt war es um die Tageszeit voll von Menschen, die hastig durch die Gegend wuselten um so schnell wie möglich ihre Einkäufe zu erledigen, oder in die angenehme Kühle ihrer Häuser zurück zu flüchten. Von den Schultern Zayids aus, konnte er sie alle überblicken. Dutzende Köpfe, bedeckt mit den verschiedensten Stoffen, Schleiern, Turbanen und Hüten, die zu seinen Seiten vorbeizutröpfeln schienen. Sein Träger schien der einzige zu sein, dessen blank polierte Glatze nackt und schamlos der Sonne die Stirn bot. Er selbst hatte sich seine strahlend weiße Kapuze über den bläulich-schwarz wuchernden Wust an Haaren gezogen. Dazu trug er ein langes, gleichfarbiges Gewand, das bis zu den Knien reichte und darunter eine dünne luftige Hose die ganz ohne Schnörkel oder Verzierung auskamen. Man sah ihm nicht an, dass sein Vater der drittreichste Mann der Stadt war.
Nach einer Weile hatten sie ihr Ziel erreicht; ein Schmuckhändler, dessen bescheidene Theke gerade groß genug war, um sich zwischen einen Obsthändler und den ausladenden Stand eines Schreiners zu quetschen. Seine winzigen Schweinsäuglein stierten gelangweilt in die Ferne und warteten vergebens auf Kundschaft. Auf seiner linken Schulter hatte sich eine kleine graue Eidechse festgekrallt, die mindestens mit der selben Langeweile, bewegungslos die gleiche Richtung wie ihr Herr fixierte. Als er bemerkte, dass er Kundschaft bekam richtete er sich erfreut auf, strich sich die staubige Robe glatt, rückte den schief sitzenden Fés zurecht und begrüßte Zayid mit einem gewaltigen Grinsen, dass Idrís fürchtete seine Mundwinkel würden gleich platzen.
" Willkommen werter Herr! Willkommen bei Zenhor und Samirs Silberparadies! Wir haben Silberringe! Silberketten! Silbernes Geschirr! Silbernes Garn allerster Güte selbst in Calim-Hafen wird die Qualität unserer hell glitzernden Teppiche bestaunt. Versilberte Porträts unseres geliebten Paschas! Alles was euer Silber-Herz begehrt."
Er klatschte weit weniger enhtusiastisch als sein Gesichtsausdruck vorgab mit den Händen zusammen. Die Echse blieb unbeeindruckt von seinen ausladenden Gesten und leckte sich mit einer schwachen Bestätigung des Gesagten über das linke Auge. "Was sagt ihr zu diesem Prachtexemplar? Der Bruder meines Halb-Cousins dritten Grades hat sie direkt aus dem Herzen der Wüste von einem wohlgesonnenen Dschinn bekommen. Der Legende nach ist der Anhänger die Träne der verblichenen-" Zayid hob mit Bestimmheit die Hand an und blickte dem Händler herausfordernd in die Augen.
"Nein! Ich wünsche euren Bruder zu sprechen. Die Familie Tinnín schickt mich. Ich habe Anweisungen zu holen was ihr bis heute fertig zu stellen verspracht. Ya! Zer! Nur!"
Das Gesicht des Händlers gefrierte sprichwörtlich und sein Körper erstarrte mitten in der Bewegung. Für einen Moment geschah nichts. Dann drehte die Eidechse ihren Kopf und zischelte völlig überraschend mit einem fremden quietschenden Tonfall: "Ssssnappt eusss dasss Kässstchen unter der Mütsssse meinesssss einfältigen Brudersssss. Greift einfach zsssu!"
Idrís beugte sich gespannt vor und betrachtete ungläubig das sprechende Vieh. Zayid hingegen tat wortlos was ihm aufgetragen wurde und reichte das Kästchen an ihn weiter. Währenddesssen nahm das Tier seine ursprüngliche Position wieder ein, als im selben Moment der erstarrte Samir seinen Redefluss wiederaufnahm als sei nichts geschehen.
"-Mutter des glorreichen Hakim, der, wie ihr bestimmt wisst in seiner letzten Schlacht sage und schreibe 32 Schiffe der Korsaren mit den brennenden Köpfen ihrer trächtigen Huren beschoss und versenkte. Ein mächtig gebauter Mann wie-"
Wieder ging das Gebrabbel dieses Händlers im Lärm der Großstadt unter. Idrís hatte gar nicht gemerkt wie Zayid sich abgewandt hatte, denn er starrte wie gebannt auf den faustgroßen Gegenstand in seiner Hand. Er war aus grob behauenem Silber und hatte keinen sichtbaren Verschluss. Eine dünne Linie die sich unterhalb des Deckels befand, war der einzige Hinweis auf die Tatsache, dass man ihn öffnen konnte.
"Versuch's gar nicht erst. Wenn du das Kästchen öffnest - bringt dein Vater uns beide um. Wenn du es verlierst - bringt dein Vater uns beide um. Wenn du es zu lange anstarrst, erzähle ich es deinem Vater - und er bringt uns beide um, also steck es weg und konzentrier dich wieder darauf Diebe ausfindig zu machen."
Idrís zuckte bei jedem seiner Sätze leicht zusammen und griff unter seine Robe um besagten Gegenstand in einem kleinen Beutelchen zu verstauen, dass er immer um den Hals trug. Er würde seine Finger noch bis zu ihrer Rückkehr darum klammern, aus Angst es zu verlieren.
"Wenn das Ding so wichtig für dich und unser Leben ist, warum nimmst du es nicht?!"
"Weil ich dir mehr vertraue, als mir selbst mein Junge und jetzt halt den Mund, tu was ich gesagt habe und denk nicht so viel nach!"



"Warum zeigst du mir das?!"

"An jenem Tag haben wir gelernt was Vertrauen bedeutet."
Naouda fand keine passende Antwort. Er starrte nur in das Lagerfeuer, dass er dank seiner wiedergewonnenen Kräfte entzündet hatte. Da zog sich Idrís vorsichtig in die dunklen Weiten des geistigen Limbus zurück und überließ den verwirrten Genasi seinen verworrenen Grübeleien.


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BeitragVerfasst: So 17. Aug 2014, 05:33 
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"He Laberbacke! Komm raus zum spielen!"
Mittlerweile strahlte die kleine Lichtung die er regelmäßig besuchte eine eigenwillige Form heimeliger Atmosphäre aus, die ihm angesichts seiner neu gewonnenen Geldprobleme wie ein paradiesischer Fleck eingezäunter Unbekümmertheit vorkam. Die Hände in die Hüften gestemmt überblickte er sein winziges Reich und erhaschte einen Hauch von Zufriedenheit. Noch einige Stunden zuvor hatte er sich die Position jedes einzelnen Grashalms gemerkt, um bei seiner Wiederkehr feststellen zu können, ob sich etwas verändert hatte. Sein Instinkt bestand darauf, dass dieser Ort noch unberührt geblieben war. Sein Verstand jedoch, sprach eine gänzlich andere Sprache.
Etwas enttäuscht ließ er sich in die verkohlten Reste seiner alten Feuerstelle plumsen, als keine Antwort zu kommen schien.
"Was ist denn los mit dir?! Ich lasse mich tatsächlich dazu herab nach dir zu rufen und du spielst den Unnahbaren?"
Kaum hatte er zuende gesprochen da spürte er bereits, dass seine Händflächen zu Jucken begannen.
"Ich wette du hast nicht gewusst, dass man hier drin auch schlafen kann!"
"Alles klar Prinzesschen. Nächstes Mal klopfe ich behutsam an, bevor ich die Tür eintrete."
Idrís Seufzer kam unisono mit dem seines Bruders daher.
"Ich muss zugeben, dass ich fast wütend bin, dass du mich weckst um mir auf den Geist zu gehen. Du hast die Freiheit die du dir erträumt hast. Wenn ich es für nötig erachte werde ich aus eigenem Antrieb erwachen. Aber dies ist das erste und letzte Mal, dass ich deinem niederträchtigen Ruf folge. Also, - und ich flehe dich an, mach es kurz - was in aller Götter Namen willst du?!"
"Wissen warum du noch lebst."
Die Frage traf schneller ihr Ziel als sie sollte. Naouda spürte, dass Idrís gelähmt war, starrte er selbst doch für mehrere Augenblicke ins Nichts, vollkommen unfähig sich zu bewegen. Zirpende Grillen, eine Spinnwebe die sich erdreistete ihm ins Auge zu klatschen und natürlich Ameisen. Verfluchte Ameisen, die er immer erst dann bemerkte, wenn sie bereits eine Umgehungstraße durch sein Gesicht gebaut hatten. Einige Sekunden lang blieb er noch gelähmt bis er endlich aufstand und gehetzt seinen Körper von allerlei Insekten befreite. Idrís gab sich keine Mühe zu antworten. Naouda wusste sofort, dass er der Frage im wahrsten Sinne des Wortes auswich.
"Bastard."


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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: So 24. Aug 2014, 03:41 
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"Erhebe dich! Laya Hez Haya"
Idrís alarmierender Tonfall sorgte dafür, dass Naouda augenblicklich erwachte, aufstand und blindlings von seiner kleinen Lichtung weg stolperte.
"Ich sagte du sollst aufwachen und nicht den nächsten Baum umrennen."
"Häh.. was? Wieso? Du hast doch gesagt... moment mal- was hast du gesagt?!"
Er dachte gar nicht daran sein Tempo zu drosseln, im Gegenteil, mit gesenktem Kopf und leerem Hirn raste er durch den Wald.
"Bleib endlich stehen du Idiot! Hez!"
Auch dieser Befehl peitschte durch seine Synapsen, um seine Muskeln auf direktem Wege zum Halten zu zwingen. Nach einigen Schritten kam er zum stehen. Von Bäumen umringt und vollkommen unfähig sich zu orientieren blickte er vorsichtig in alle Richtungen.
"Das war... nicht schlecht."
Etwas überrascht machte sich Idrís daran eine gefasste Erklärung abzuliefern, die seinem Zwilling etwas von seiner Angst nehmen sollte.
"Du atmest jetzt dreimal durch, denkst an einen Flächenbrand und antwortest mir sehr genau auf jede meiner Fragen."
Kaum hatte Naouda getan wie ihm geheißen, spürte er, dass er vollends aus seiner Schlaftrunkenheit erwachte.
"Spürst du das?"
Bei seiner Frage erbebten beide Seelen. Ihre Verbindung nahm an Intensität zu.
"Es ist fürchterlich kalt."
Sofort wechselte er in eine kauernde Position und versuchte seinen Blickwinkel so weit wie möglich zu fächern.
"Gut. Was noch?"
"Es ist.. na dunkel eben. Moment! Das ist keine normale Dunkelheit... das ist - fortgeschrittende Dunkelheit!"
Idrís verkniff sich den amüsierten Tonfall.
"Das liegt am Neumond. Bleib bei der Kälte, irgendetwas stimmt nicht mit dir - uns..."
Eine Kaskade von Schauern fuhr durch ihren gemeinsamen Körper.
"Das ist doch verrückt... irgendjemand will uns hier verscheißern!"
"Gib mir dein rechtes Auge. Die Bilder die du mir schickst sind ziemlich verwaschen."
Es dauerte einige Sekunden, bevor Naouda verstand was er zu tun hatte. Zum ersten Mal seit langer Zeit, nahm Idrís die Welt wieder ungefiltert wahr. Erstaunt stellte er fest, dass er weniger überfordert als routiniert war. Schon nach kurzer Zeit konnte er weitaus mehr erkennen als der schlüpfrige Geist seines Bruders, der sich mehr auf die Zwischenräume des dichten Waldes, als auf die Umrisse selbst konzentrierte.
"Ich kann nichts sehen. Käsiger, lahmer Drecks-Nebel! Und überhaupt: wieso ist es so VERFLUCHT KALT?!"
Der Zornesausbruch ließ das flammende Haar empor züngeln, sodass die Kapuze zurückgeschleudert wurde. Die Iris seines rechten Auges sprang unentschlossen von rot zu schwarz.
"Nicht so laut verdammt! Wir werden be-"
Wie vom Blitz getroffen erstarrten sie in ihrem letzten Gedanken. Die Klauen einer eisigen Hand packten nach ihrer Kehle und erschütterten sie bis ins Mark. Eine Kälte die alles entzog und nie satt werden wollte. Ihre nadelspitzen Krallen bohrten sich in die Brust und mit einem unbarmherzigen Windhauch trachtete sie danach, ihnen den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Als der Dorn des unbekannten Biests Naoudas Herz erreichte, brach sein Wille.
"Hier unten ist kein Platz! Steh wieder auf du Memme! Ich glaub's ja nicht! Jemand wie du will sich Erbe einer ganzen Dynastie nennen?! NAR NAO!"
Jede Rune in Naoudas Gesicht erstrahlte in einer hell leuchtenden, goldenen Farbe. Zwei Tropfen dampfenden Blutes tropften aus dem flackernden Augapfel und sammelten sich auf Höhe seines Brustbeins. Sie brannten ein Loch durch seine Kleidung . Idrís hatte sofort jede körperliche Verbindung gekappt, um der kriechenden Kälte zu entwischen.
"Und jetzt LOOOS!"
Dafür benötigte er keinen Befehl. Während sein feuriger Bruder nur noch seinem Instinkt vertraute und ganz von selbst einen Weg durch die dichten Baumreihen fand, nahm er sich Zeit um ganz genau hinzuhören. Sie forderten und verlangten und pochten auf ihr Recht. Jene Wesen, die selbst die dichteste Borke das Frieren lehrten. Weder spürten sie die Äste die ihnen ins Gesicht schlugen, noch sahen sie den kondensierten Wasserdampf, der sich mit einem kaum wahrnehmbaren Zischen, auf ihrem gesamten Körper bildete und wie eine Fahne hinter ihnen her zog. Der eiserne Griff ihrer Verfolger dehnte und verformte sich, je mehr Tempo sie aufnahmen. Naouda trieb ihren Körper an seine Grenzen, er hörte schon die Alarmglocken läuten.
" 'Afia! "
Jeder Rest an Energie mündete in einer heftigen Vollbremsung. Sie schliderten einige Meter übr den Boden und Naouda grub seine linke Faust mit voller Wucht auf den Boden. Ein kurzes Summen, ein bedrohliches Zischen, dann brach der Zorn eines ganzen Zyklus unterdrückter Wut heraus. Nach einem kurzen Zögern entfesselte Idrís die erste Barriere. Dort wo ihre Faust die Erde berührt hatte entstand ein Brandherd, der knisternd einen perfekten Kreis um sie schloss. Die Flammen gierten wild nach mehr. Auch sie waren längst nicht gesättigt und kämpften vergeblich gegen die Grenzen die ihnen gesetzt wurden.
Keuchend und hustend, die Hände auf den Knien abgestützt hatte Naouda die Ausläufer des Waldes erreicht und machte in der Ferne die Stadtmauern Rivins aus. Längst hatten die unbekannten Verfolger von ihm abgelassen. Mit einer enttäuschten Gemächlichkeit versank das Feuer im Boden und ließ Dunkelheit wieder Dunkelheit sein.
"Es gibt keinen Ort mehr an dem wir sicher sind, mein Bruder."
Idrís war aufmerksam genug um den schwachen, unausgesprochenen Gedanken zu erahnen. Vorsichtig verzog er sich zu seinem Hort der Ewigkeit und löste die Verbindungen zu Naouda, der sofort alle Viere von sich gestreckt, auf den Rücken schlug und in eine tiefen Schlaf fiel. Die Runen auf seinem Gesicht erloschen. Seine Haut verschmolz mit der einnehmenden Schwärze jener seltsamen Nacht, sodass sein flackerndes Haar seine tanzenden Strahlen in die Ferne sandte.


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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: So 5. Jul 2015, 08:41 
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"Warst du schon einmal verliebt?"
Sein Mund fühlte sich seltsam an wie diese Worte über seine Lippenn quollen. Ungelenk und hastig dienten sie nicht dem Zwecke entspannter Konversation, sondern dem Versuch einem quälenden Hirngespinst ein Ende zu bereiten. Verschämt hob er dazu an sie zu wiederholen, hatte sein Meister ihn doch gelehrt stets mit fester und sicherer Stimme zu sprechen, doch Zayid ließ ihm diesen Fehler durchgehen. Er schloss großmütig die Augen und bedeutete ihm zu schweigen bis er sich eine passende Antwort zurecht gelegt hätte.
Sie saßen an einem kühlen Herbstnachmittag im Kräutergarten und ließen sich von den letzen zögerlichen Strahlen der Sonne bescheinen. Zwar hatten sie den Unterricht für heute beendet, doch lockte sie das idyllische Abndrot noch ein wenig zu verweilen und schweigend dieses winzige Stück angedeuteter Ewigkeit zu genießen.
"Zanya, Tochter von Abhek und Maya?"
Idrís wäre rot angelaufen, wenn dies bei seiner dunklen Haut überhaupt möglich gewesen wäre. In einem befremdlich drohenden Tonfall antwortete der Diener und legte den Kopf in den Nacken ohne die Augen zu öffnen. Schwerfällig ließ er er ihn dann nach unten sinken und fixierte den Jungen aus dem stechend blauen, verbliebenen Auge.
"Dies Weib ist kein Umgang für dich. Du wirst eines nicht allzufernen Tages Stadthalter sein und keinen Platz für jugendliche Schwärmereien haben. Du wirst lieben was dir vorherbestimmt ist. Schon HEUTE! Du wirst nur enttäuscht sein wenn du dir diese Flausen nicht augenblicklich aus dem Kopf schlägst, jeder noch so geringe Deut von Ballast sei er geistiger oder körperlicher Natur bleibt dir verwehrt. Weder ich noch dein Vater dulden, dass du vom rechten Weg abkommst -so süß dir die Frucht auch erscheinen mag... Ich hoffe ich habe mich klar genug ausgedrückt."
Zayids Stimme war ruhig aber bestimmt und verlor in keiner Sekunde die gewohnte Strenge die er beinah so perfekt wie sein Vater beherrschte. Seine Worte klangen vorbereitet und doch schnellten sie mit einer natürlichen Zufälligkeit hervor, dass Idrís nicht sicher war was er von dieser unterschwelligen Tirade halten sollte. Vergeblich hatte er auf einen erlösenden Hauch von Verständnis gewartet.
"Meine Frage wäre damit dennoch nicht beantwortet.", erwiderte er trotzig.
Ein trauriger Seufzer entfuhr seinem Erzieher, der sich ob der Frage tatsächlich unwohl zu fühlen schien. Doch dann sollte etwas Einmaliges geschehen, dass seinen Schützling sowohl in seinen Träumen als auch in seinen Alpträumen für immer begleiten sollte. Der plötzlich sehr ältlich wirkende Mann beugte sich leicht vor, schloss bedächtig die Augen und begann ein Gedicht zu rezitieren, auf eine gleichermaßen sanfte und gekonnte Art, dass Idrís vor Anspannung vergessen sollte zu atmen, bis er geendet hatte:

"Als junger Mensch verspürt' ich einst
Weit mehr als bloße Lust am Fleisch,
Das Rauschen meines Blutes war,
Das Flattern einer Engelsschar.

Wenn mein Kopf trunken,
Die Zunge trocken,
Vom ewig gleichen Bild gezehrt,
Ward des Haares feiner Pinselstrich,
Zum Ausgleich sanft von mir genährt.

Des Abends war ich ausgelaugt entfremdet gar,
Mein Geist lag stumm und brach,
Erstarke ich des morgens neu
-Streich Tausend und eine Facette nach-
Entschlief ich nicht bevor ich sah
Der Sonne Licht ein Letztes Mal

Die Göttin silber schimmernd,
Trägt schattenlos ihr schönstes Kleid
Und ruht kokett mit ihrem Finger
Auf meinem Haupt und all das Leid,
Das ich zu lang ertragen hab
Wich währender Glückseligkeit

Mit greller Stimme sprach sie dann,
Und sollte nie verstummen,
Stirb nun Stirb den ew'gen Tod,
Nur dir allein ist es gelungen;
Wahrlich, Liebe wird erst satt,
Wenn sie auch DEINE Seele hat."

Nach einer kurzen Pause, während der er seine Position in einen lockeren Schneidersitz verlagerte und sich wieder gegen die mächtige Dattelpalme lehnte, deren breites Blattwerk sich im selben Takt vor und zurückwog wie er selbst, nahm er das Gespräch wieder auf. Der Sanftmut sollte nur langsam abklingen. Idrís spürte wie schwer es ihm fallen musste wieder zu seiner alten Strenge zurückzufinden.
"Das ist von Nykosh. Der Titel ist unbekannt. Tatsächlich fand man ihn tot auf. Mit offenem Mund völlig ausgedörrt, aber die Feder noch in der Hand, hat er so lange Zeit über diesen Worten gebrütet wie die Sonne gebraucht hat über ihm zu braten - so sagt es zumindest der Volksmund."
Die wirren Fragen und Zweifel die der Junge bis dahin gehabt hatte, waren einer Zufriedenheit gewichen die er sich selbst kaum erklären konnte. Und das seltsam beruhigende Gefühl winzig klein in einem gewaltigen Universum zu sein machte sich in ihm breit. Eine quälende Sekunde der Selbstbeherrschung verstrich. Dann platzte es aus ihm heraus. Sein Gelächter schallte über die Mauern der Kasba hinaus, und nur den Bruchteil eines Augenblicks später mischte sich der tiefere, langgezogene Laut eines erfahrenen, eigentlich beherrschten Mannes hinzu, der wohl erleichtert war, dass er nicht verlernt hatte wie man richtig lacht.
Eine kühle Brise kündigte die nahende Nacht an. Das ungleiche Paar erhob sich nach einer Weile des Schweigens in einer stillen Übereinkunft und trottete beinahe widerwillig zum mittleren Atrium. Jedesmal wenn Idrís sich zurückerinnerte, war er aufs Neue erstaunt, dass dies der letzte bewusste Augenblick war, an dem er absoluten Frieden verspürt hatte. Es war die Rückkehr ins Haus die ihm das Gefühl ungetrübter Ruhe gegeben hatte. Naouda nannte es etwas verworren 'den Abschluss des Abgeschlossenen'. Der finale Geist, bar jeglichen Zweifels kreiste er nur um sich selbst. Ohne jede Richtung blieb er der endlose Punkt. Dem Wahnsinn so nah und doch so unfassbar fern.


"Vielleicht vermag nur ein Gott dies Gefühl zu begreifen. Wir schwelgen in unserer ungezähmten Trunkenheit und beflecken diesen Segen, als sei er menschlicher als wir selbst."
Naouda schien sich tatsächlich einen lauten Rülpser für diese Gelegenheit aufgespart zu haben.
"19 Jahre mussten vergehen bevor ich lernen würde wie man die Augen richtig aufschlägt. Das bedeutet 190 in Limbus-Jahren verdammt nochmal! Die einzigen Bilder die ich kannte waren schattenhafte Schemen wie man sie erkennt, wenn man mit geschlossenen Lidern dem sengenden Sonnenlicht entgegenstarrt und spielerisch die Finger, einen nach dem anderen vorbeiziehen lässt um die Abstufungen der Dunkelheit wahrzunehmen."Er hielt für einen Moment perplex inne .
"Ja ich hab das letztens ausprobiert. Fühlte sich schrecklich an. Ein feines Deja Vu sondergleichen. Und du?! Du hast in goldene Schüsseln gekackt und mit irgend einem Glatzkopf blinde Kuh gespielt. Willst du mich neidisch machen?!"
"Das Poem sollte dir bekannt vorkommen. Das war der eigentliche Grund für die Erinnerung. Du hast vollkommen Recht. Du hast nichts als Schemen wahrnehmen können. Du konntest nicht schmecken tasten sehen oder riechen. Aber hören - das konntest du. All dein Wissen, die Fähigkeit zu sprechen und so manche Phrase die du von dir gibst hast du schoneinmal gehört. Du verwechselt deine Ohren mit deinen Augen, so wie du Schmerz mit Trauer, Zorn mit Hass, Liebe mit Lust verwechselst. Du wirst nichts entgegnen. Du weißt, dass ich Recht habe. Ja zieh dich zurück. Verdränge mich. Flieh! Du weißt selbst, dass es dir nichts bringt. Der Nachhall dieser Worte wird ein Beben auslösen und du wirst mich rufen nachdem du dir einen Weg aus den Trümmern gebahnt hast."
Die Wellen donnerten gegen die Klippen; in ungleichem Takt des grollenden Gewitters machte die Natur einen schrecklich Krach, dass Naouda es kaum mehr aushalten woilte und sich mit den Handflächen die Ohren zuhielt. Er würde noch bis zum Sonnenaufgang so dasitzen und warten bis sich die See wieder beruhigte.


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 Betreff des Beitrags: Re: Dsch'enie und Wahnsinn
BeitragVerfasst: Do 22. Okt 2015, 05:47 
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"Wer ist dein Vater?"
"Kamil La-Ya, Ibn-Al-Fahd-Ibn-Al-Tinnín."

"Wer ist deines Vaters Vater?"
"Fahd In-Ya, Ibn-Al-Tinnín-Ibn-Al-Wahak."

"Wer ist dein Herr?"
"Ich bin mein eigener Herr."

Blut tropfte von seinem Kinn auf seine Brust. Es vermengte sich mit dem Salz seiner Tränen und brannte auf den unzähligen Striemen die sich auf seinem Oberkörper gesammelt hatten.
Seit drei Tagen, stellten sie ihm die selben Fragen und verlangten die selben Antworten. Seit drei Tagen dehnte sich die Zeit auf ein Übermaß des Tragbaren. Seit drei Tagen hatte er seinen Willen konserviert und überließ seinen Körper dem Rest der Welten.
Der Geduldsfaden seines Befragers schien zu reißen. Der letzte Hieb war zu mächtig, tödlich gar. Zum ersten Mal unterbrach er die bekannte Routine.
"WER IST DEIN HERR?!"
'Drittes Untergeschoss, kreisrunde Wände, gerade genug für vier Personen. Welch unbedachte Wahl. Dein Peiniger ist ein sprechender Affe.'
"Was?"
"WAS?!"
"Du bist ein Affe, ein dummer stinkender Affe. All deine Vorfahren sind Affen, ebenso deine Nachfahren. Verflucht mögest du sein."
Drei Peitschenhiebe.
"Wie kannst du es wagen? Ich bin der königliche Vollstrecker! Ich wurde ermächtigt dir die Wahrheit aufzuzeigen. Vergehst du dich an den Worten des Paschas, vergehst du dich an mir."
Er fürchtet sich. Er versteht nicht. Woher beziehst du deine Macht?
In dem flatternden Zwielicht erkannte er, dass die Stimme Recht behielt. Wie konnte er sterben, wo er doch noch so viel zu erledigen hatte.
"Und morgen auf ein Neues. Wie erträgst du es zu tun was du tust?"
"Ich habe das RECHT!"
"SKLAVE!"
Idrís schlug die Augen weit auf. Kreisrunder Raum, in der Mitte aufgehangen, erkannte er das schwache Licht einer einzelnen Kerze, die zwischen ihm und dem Folterknecht auf einem schmalen Tisch positioniert war. Sein Gesicht konnte er nicht erkennen. Doch die Stimme wusste, dass es sich um einen 'Schwachkopf' handelte.
'Stricke, keine Ketten. Nutze das Feuer!'
Er vernahm den Stuhl scharren und Sekunden später den heißen Atem eines anderen Gesichts auf dem seinen.
"Möchtest du sterben?"
Ruhe hätte ihn zu einer klaren Antwort gezwungen, doch so konnte er endlich das vernarbte Gesicht erkennen, dass er hassen musste.
"Nein."
"Aber das wirst du. Hier unten sind wir vollkommen allein. Ein einzelner Streich reicht aus um dich zu töten."
Die Lichtreflektion der Klinge war hell genug um seine Augen zu blenden. Wie würde er nur lebend hier herauskommen?
'Nutze die Flammen. Nutze deine Macht. Verflucht! Nutze ALLES!'
"Wie denn?!"
Die Klinge kam näher und schmiegte sich an seinen Hals. Unsicher ob Blut oder Schweiß seine Brust benetze, presste er sich mit aller Macht gegen sie und öffnete die Augen so weit es eben ging.
Kreisrunde Wände, Tisch und Stuhl gegenüber, rechts davon eine zylindrische Kohlenpfanne auf der ein eiserner Stab ruhte - er selbst aufgehangen an allen Vieren, in der Mitte des Raumes. Vor ihm eine Fratze von unsäglicher Hässlichkeit. Haarlos, farblos blitzten ihn gierige Augen an.
"Mit diesem Messer!"
Er wusste nun dass es Blut war, welches seinen Körper hinab rannte. Und er wusste, dass sein Gegenüber blind war. Just in diesem Moment veränderte sich sein Geist. Schmerz und Angst ließen nach und drängten ihn an einen wundersamen Ort, in dem er nur noch Beobachter war. Jemand anderes lenkte seine Geschicke, bediente sich seiner Zunge und seines Körpers.
So ist es recht. Sieh zu und lerne. Ich werde uns hier rausholen.
Plötzlich erhellte sich der Raum und die Quelle des Lichts konnte nur er selbst sein. Unsicher wie ihm geschah, blieb Idrís weiterhin in seinem Zustand und wartete gespannt was als nächstes geschehen würde.
"Wie viele Jahre hängst du schon hier rum? Anscheinend lang genug um dein Augenlicht dafür einzubüßen. Was?! Weich doch nicht zurück!"
Schnarrend und selbstsicher kicherte die fremde Stimme die unzweifelhaft ihre Worte durch seinen Mund formte.
"Lass mich raten... dies ist der Punkt an dem du für gewöhnlich deinen Willen bekommst, nicht wahr?"
Augenblicklich presste sich die Klinge fest genug an seine Kehle um eine Wunde zu verursachen, die gefährlich werden konnte.
"Du bist am Ende! Denkst du denn du seist der erste Wahnsinnige mit dem Ich diesen Kampf führe? Vor dir kamen schone Dutzende. Mächtiger und gerissener als du. Bäum dich auf so viel du willst. Der Tod bleibt dir dennoch sicher!"
Die dürftig gebundenen Fesseln waren brüchig geworden und ließen bei der kleinsten Bewegung spürbar nach. Wer auch immer hier am Werke war, er verrichtete seine Arbeit gut.
"Eine letzte Umarmung -Freund- bevor ich dich den Flammen überlasse."
Das Licht spiegelte sich wider, in dem blind gewordenen Spiegel seines Gegenübers. Ein schneller Blitz ein kurzer Schrei und kaum, dass er zu Ende gedacht hatte war es vorbei. Die Luft im Raum entzündete sich und ein brennendes Wesen zerfiel vor ihm zur Asche.


Auf ein Letztes mal. Als Ratgeber bleibe Ich dir ewig bestehen. Doch nun ist es an dir unsere Geschicke zu lenken. Die Welt vergibt nichts. Die Wahrheit verzehrt alles. Der Wille gewinnt immer.
Naouda weinte bitterliche Tränen. Sein Blick verzerrte die Sterne zu einem funkelnden Himmel. Mit brüchiger Stimme krächzte er die Frage, die ihm schon immer auf den Lippen brannte.
"Wo ist die Sonne?"


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