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 Betreff des Beitrags: Der Morgen danach
BeitragVerfasst: Di 2. Mai 2017, 16:49 
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Sarinius Sardes erwachte nach seinem tiefen, durch Drogen verstärkten, Schlaf nahe des Mittags. Sein Blick fiel auf die junge Schönheit, die sein Bett teilte. Ihr langes, braunes Haar lag offen auf dem Kissen, befreit von dem strengen Dutt, welchen sie tagsüber zu tragen pflegte. Ein versonnenes lächeln schlich sich in seine Züge, als er sie so friedlich schlafend betrachtete. Ihren markanten Kiefer, die vollen Lippen und den schlanken Hals, welcher so wundervoll ihren Schädel an den Rest ihres Körpers fesselte. Sein Blick wanderte weiter, über ihr entblößtes Schlüsselbein, welches durch ihre Haut hervorstieß und nur vage von den Trägern ihres Nachtgewandes bedeckt war. Er wollte die Decke ein wenig hinab schieben, um mehr von der jungen Schönheit zu betrachten, als sein Blick von etwas abgelenkt wurde, was er zuvor übersehen hatte. Jener schöne, schlanke Hals, welchen er zu küssen liebte war von getrocknetem Blut besudelt und für einen Moment machte sich unaussprechliche Panik in seinem Geist breit.

Doch sie schlief friedlich und die Decke, welche den schmächtigen, gar mageren Leib, bedeckte hob sich sanft unter ihrem Atem. Er wollte sie gerade wecken, als sein Blick durch das Schlafzimmer glitt und an dem Paravon hängen blieb, welcher so dezent den Waschzuber zu verdecken versuchte. Über jenem Paravon hing sein weisser, seidener Mantel. Dieser war ebenfalls mit Blut verschmiert, doch konnte es sich den Grund dafür nicht erklären. Schockiert und neugierig von dieser Entdeckung, wandte er seinen Blick von seiner Geliebten ab und stahl sich leise und behutsam aus dem Bett. Er schritt über die fein verarbeiteten Holzdielen des Schlafzimmers zu jenem Paravon und nahm seinen Mantel herunter. Er betrachtete ihn und seine Besudelung ausgiebig, doch konnte er sich keinen Reim darauf machen, wie diese Beschmutzung zustande gekommen sein mag. Wie in Trance entschied er sich dazu den Mantel überzuwerfen und den Raum zu verlassen. Nachdem er die Tür des Schlafzimmers schloss und den Flur betreten hatte, wandte sich sein Blick zum Arbeitszimmer. Er betrat jenes und ließ seinen Blick über die stilvolle, jedoch düstere, Einrichtung gleiten, bis sich sein Blick an der verhangenen Voliere aufhing. Sarinius trat zu dieser und entfernte das Schwarze tuch, woraufhin der Blick auf den dort hausenden Raben enthüllt wurde. Das kleine Türchen der Voliere wurde von ihm geöffnet und er streckte seine Hand in den Käfig, woraufhin das Tier vertrauensseelig seinen Arm hinauf lief und auf seiner Schulter platz nahm, jedoch nicht ohne ein kurzes Krächzen von sich zu geben.

Sarinius fuhr sich durch seinen kurzen, gepflegten Bart, verlies das Arbeitszimmer wieder und schaute zu der marmornen Treppe, welche in den unteren Teil des geräumigen Anwesens führte und er stieg die Stufen hinab. Seine nackten Füße erzeugten ein leises Patschen auf den Stufen und der Rabe auf seiner Schulter wippte vergnügt im Takt seiner Schritte. Wieder fiel sein Blick auf seinen blutbefleckten Mantel und er strich über den feinen Seidenstoff. Im Flur angekommen bog er nach links ab und öffnete die Tür zum Wohnzimmer des Anwesens, wo auch sein Arbeitstisch stand, umgeben von der Bücherwand, welche seine mitlerweile zahlreichen magischen Scripturen enthielt.

Er wollte gerade in das Regal nach einem Buch greifen, als sein Rabe auf der Schulter ein widerpsrechendes Krächtzen ausstieß. Wie gesteuert griff er daraufhin zu einem anderen Buch, jenes Buch dass er schon so oft gelesen hatte und ließ sich auf dem edlen, gepolsterten Stuhl an seinem Schreibtisch nieder. Es war das Buch seiner finsteren Lehrmeisterin, die ihn in die Geheimnisse der arkanen Magie eingeweiht hatte. Der abgewetzte Einband und die oft umgeschlagenen Seiten, verrieten ihm schon so manches Geheimnis. Des Weiteren verschafften ihm die einfachen Zauberformeln, versehen mit deutlichen Anweisungen seiner Lehrmeisterin, eine angenehme Ruhe im Geiste.

Nach einer Weile, es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, besann er sich wieder auf sein eigentliches Anliegen zu ergründen was die letzte Nacht geschehen war.
Sarinius schaute zu dem verschnörkelten Getränkeschrank, in welchem sein Whisky aufbewahrt wurde, doch entschied er sich dagegen, nach seinem Erwachen aus dem Drogendilirium von dem wohlschmeckenden Gift zu kosten. Er blickte erneut auf seinen Mantel und danach auf den Raben, gab erneut ein Krächtzen von sich und es zauberte dem Magier ein munteres Lächeln auf das bärtige und wohlgeformte Gesicht. Sodann schloss er die Augen und versuchte sich an das geschehene zu erinnern. Vor seinem geistigen Auge tat sich der vergangene Abend auf. Die Gespräche in seinem Büro im Keller des Kruges, die infamen und irrsinnigen Gedanken der schmächtigen, tätowierten Drow. Wie er ihre Worte abschmetterte und wie er die mit Rauschmitteln versetzte Zigarette mit seiner Geliebten teilte. Danach begab er sich, zusammen mit seiner Geliebten, auf eine Suche durch die kleine Stadt, nach Aufregung und Unterhaltung. Sie kamen am Turnierplatz an, welcher erstaunlicherweise gut bevölkert war. Zu dieser nachtschlafenden Zeit war dies gänzlich ungewöhnlich, doch schien er keinen Verdacht zu schöpfen.

Als er und seine Verlobte sich der Menge näherten, nahm das Unheil seinen Lauf. Ein Stachel, von teuflischem Ursprung ragte aus dem Boden und versperrte ihnen den Weg zu den anderen. Er strich sich durchs Gesicht und blickte zu seiner innig Geliebten, als diese sich an den Hals fasste und ihre blutverschmierte Hand präsentierte.

Die nächsten Momente konnte er nicht rekonstruieren und seine Augen öffneten sich. Er schaute aus dem Fenster, der Rabe auf seiner Schulter krächzte erneut und er schnaufte schwer, als ihm die Erinnerungen an den Abend zuvor zu entgleiten schienen. Doch schloss er wieder die Augen und konzentrierte sich. Dann begann Sarinius sich zu erinnern. Er erinnerte sich, wie es in ihm bebte, als die Gardisten ihm die Rache an der Drow verwährten, wie er einen Lichtzauber auf sich wirkte und mit einem bedrohlichen Knurren in der Kehle in das Unterreich teleportierte.

Der bärtige Magier blickte erneut auf seinen Mantel und musterte die blutigen Besudelungen. Wie waren sie dorthin gekommen? Seine Augen schlossen sich wieder und er begann in Gedanken zu versinken.

Es überkam ihn die Erinnerung daran wie das Gewebe aufriss und er durch das Portal in das Unterreich stürzte, seine beiden Äxte aus den Halterungen zog und einen Hastzauber auf sich wirkte. Wie er auf den Marktplatz stürmte und seine Äxte zielsicher und gekonnt in den dort verweilenden Dunkelelfen versenkte. Wie ihre Schreie durch die tiefen Kavernen und Höhlen hallten.

Er öffnete die Augen und blickte erneut zum Fenster hinaus, das Leben auf den Straßen betrachtend. Als bald schloss er sie wieder und weitere Erinnerungen schossen ihm, wie ein Blitzschlag, durch den Geist. Wie er die Händler des fremden Volkes hernieder metzelte, wie er bei jedem Hieb seiner Äxte wilde Flüche in der Sprache der Höllen und des Abyss austieß.

Doch ein Wort blieb seinem Geist verschlossen und er konnte sich nicht so recht erinnern was genau er in die finsteren Tiefen brüllte, während er seiner Wut und seinem Hang zu tödlicher Gewalt freien Lauf ließ.

In diesem Moment erhob sich sein Rabe Quth von seiner Schulter und flatterte in eine Ecke, des edel eingerichteten Wohnzimmers, wo er schnell und entschieden mit seinem Schnabel eine Spinne aufpickte und hinunter schlang.

In diesem Moment fiel es Sarinius wie Schuppen von den Augen, als er seinen gefiederten Begleiter bei der Mahlzeit beobachtete. Er erinnerte sich schlagartig was er zwischen seinen wilden und abstrusen Flüchen in die tiefen Kavernen des Unterreiches brüllte. Es war ein Name und es hallte jetzt durch seinen Verstand wie Donnerhall. Undine.

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Ich hab in Kapstadt die Slums angeguckt. Und mich fast am Champagner verschluckt..


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 Betreff des Beitrags: Re: Der Morgen danach
BeitragVerfasst: Sa 6. Mai 2017, 11:28 
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Leichtfüßig bewegten ihre bloßen, zarten und gepflegten Füße, welche im Kontrast zu dem dunklen Straßenboden im Unterreich so unpassend wirkten, die Dämonin voran. Undine trug wie üblich keine Kleidung an ihrem dunkelelfischem Leib von übernatürlicher Schönheit. Doch keiner wagt es, sie anzusehen. Alle Blicke der niederen, dunkelelfischen Bewohner des kleinen Ortes gingen sogleich zu Boden, dann gingen die Bewohner selbst auf die Knie. Niemand sprach sie an. Keiner wollte die Aufmerksamkeit der gefürchteten Yochlol auf sich ziehen, die Aufmerksamkeit von Undine, die Eine der Acht war.

Der Angriff war nicht lange her, die meisten Leichen lagen noch herum. Händler, Knechte, einfache Arbeiter, ein paar wenige Soldaten, welche vom Kampflärm aufgeschreckt wurden und dazwischen gehen hatten wollen. Keiner der geschlachteten Dunkelelfen wusste, worum es überhaupt ging, warum er jetzt sterben musste. Nur wenige lebten lange genug um den Namen zu vernehmen und noch weniger verstanden ihn auch, den Namen, den der Angreifer rief - Undine. Eine Legende, fast eine Gottheit, von der nicht gewiss war, ob sie überhaupt existierte. War der Angreifer ein Diener Undines gewesen? Hatte er in seinem Blutrausch den Namen seiner Göttin, seiner Meisterin gerufen? Hatten sie den Zorn von der Einen der Acht auf sich gezogen, durch irgendeine unbedachte Handlung?

Keine Fragen wurden ausgesprochen und Undine gab auch keine Antworten. Sie schien sich lediglich umzublicken. Das heißt, so genau konnte das keiner sagen, was sie tat, da niemand zu ihr blickte. Die eingetretene Stille nach Undines Auftauchen war fast unheimlich, aber sie war nicht perfekt, nicht vollkommen. Man konnte das leise Wimmern eines Jungen hören. Das Kind eines dunkelelfischen Arbeiters, dessen Kopf durch eine Axt gespalten worden war und dessen Leiche in unnatürlich verdrehter Haltung halb auf einem Markttisch lag. Das klägliche Wimmern des Jungen, der auf so unwürdige, widerliche Weise um seinen Vater trauerte, zog auch die Aufmerksamkeit der Einen der Acht auf sich. Allen war klar, dass der Junge jetzt sterben würde.

Die Tatsache, dass er so offenkundig verletzt war und sich seiner Tränen nicht schämte, bewies, dass er sehr krank war. Für Krankheiten gab es in der reinen Gesellschaft der Dunkelelfen jedoch keine Toleranz. Wut. Zorn. Hass. Das waren legitime Emotionen zur Reaktion auf den Verlust eines respektierten und geschätzten Lebewesen. Aber Tränen bedeuteten, dass da Liebe war und Liebe war eine entsetzliche und abscheuliche Krankheit, vor der Lolth, ihre weise Göttin, das Volk der Dunkelelfen bewahrte, damit sie nie so schwach und wertlos wie all diese anderen Völker wurden, die auf der Oberfläche, fern von der Weisheit der allmächtigen Göttin, vor sich dahinvegetieren und degenerieren mussten.

Langsam erhoben sich die langen Tentakel, die der Dämonin aus dem Rücken emporwuchsen, gleich würden sie den Jungen zerreißen. Niemand machte Anstalten, ihm zu helfen. Einem so schwer kranken Wesen konnte man auch nicht helfen, es war eigentlich fast gnädig, wenn ein schneller Tod zuteil würde. Die Tentakel zuckten ohne Erbarmen auf den Jungen herab. Erbarmen gab es nicht. Nicht in der kalten, reine Welt der Dunkelelfen. Doch da... geschah etwas Unerwartetes. Die zwei herabrasenden Tentakel waren abgewehrt worden von einer Klinge und einem Schild, geführt von einer jungen, dunkelelfischen Kriegerin, die sich zwischen den Jungen und die Dämonin stellte. Welche Torheit, welcher Wahnsinn! Jetzt endete die Stille.

Jetzt reagierten die Dunkelelfen, die so lange knieten und zu der Szene blickten, während sie es nicht gewagt hatten, das dämonische Wesen selbst anzusehen. Jeder der Klingen hatte, zog diese und wer Armbrüste hatte, machte diese bereit. Die Magier und die Priesterinnen begannen mit Zaubern und Anrufungen. Allen war klar, sie mussten diese Verräterin aus ihrer Mitte, welche es gewagt hatte, die Yochlol, die Eine der Acht, zu berühren, sich ihr zu widersetzen, umgehend ausmerzen, ebenso wie den kranken Jungen. Sonst waren sie alle des Todes. Die dunkelelfische Kriegerin jedoch blieb entschlossen vor dem Jungen stehen, blickte todesmutig zu Undine und ihren einstigen Freunden und Nachbarn, die sie ohne zu Zögern töten würden.

Da erst sprach Undine. Und ihre Worte, so leise und fast sanft gesprochen, zugleich mit der Kälte, die Sonnen gefrieren lassen könnte, prägten sich dauerhaft ein, weil sie wie mit einem in die Seele geschnitten wurden.

"Halt."

Alle erstarrten und die Eine der Acht wandte sich an die Kriegerin und den Jungen.

"Wollt ihr Rache?"

Der Junge wagte es nicht zu sprechen, doch leider war er ob seiner entsetzlichen Krankheit zu schwach, seinen Tränen Einhalt zu gebieten. Die Kriegerin jedoch, seine Mutter - und ihre dumme Reaktion von eben konnte nur bedeuten, dass sie ebenfalls sehr, sehr krank war - nickte entschlossen.

"Dann gebe ich euch die Macht dazu."

Spinnen kamen und krochen heraus, aus jedem Winkel der Umgebung. Tausende Spinnen. Zehntausende Spinnen. Mehr Spinnen, als man zählen konnte. Spinnen waren überall, man nahm sie nur nie wirklich war. Sie beobachten uns und sind sehr geduldig. Sie können ewig lauern. Deshalb ist Lolth auch die mächtigste Göttin, die es jemals gab und die es jemals geben wird. Sie ist in jeder Spinne, jede Spinne hat ihre Augen. Nur der Schleimgott besitzt annähernd ihre Allgegenwärtigkeit. Eigentlich ist es fast falsch, Lolth nur als Gottheit zu sehen. Sie war viel mehr als das. Lolth war... Lolth. Es gibt kein Wort, sie zu beschreiben. Die Spinnen umschlossen die Kriegerin und ihren kranken Jungen, hüllten sie vollständig ein, um dann von einem Moment auf den Anderen zu verschwinden, sich förmlich gemeinsam mit den beiden Dunkelelfen in Luft aufzulösen.

Undine jedoch wandte sich herum und ging auf einen der zu Boden blickenden, dunkelelfischen Krieger zu. Beinahe sanft berührte sie ihn mit der wunderschönen Hand, bei welcher sich an der Stelle der Fingernägel kurze, schwarze und gepflegte Krallen befanden. Der Mann erzitterte vor Angst und vor... Scham. Alle wussten, wer er war. Der Waffenmeister des führenden Hauses, der Qu'el'saruk, welcher für die Sicherheit dieses Marktplatzes verantwortlich war. Er hatte versagt. Was nicht schlimm gewesen wäre, wären die Angreifer Dunkelelfen gewesen. Aber es war ein Mensch, der all das getan hatte und der ungehindert davongekommen war.

"Du hast deine Aufgabe nicht erfüllt."

Der Mann nickte. Er wusste, was zu tun war. Langsam zog er seine Klinge und setzte sie an, um sie sich selbst in den Unterleib zu bohren. Ein grausamer, qualvoller Tod, den er für sich ausgewählt hatte. Aber es war die einzige Möglichkeit. Würde er sich selbst schnell töten, würde er nicht leiden für sein Versagen. Und das hieß, er würde im Nachleben leiden müssen. Litt er jedoch ausreichend qualvoll im Todeskampf, die Eine der Acht zumindest ein wenig zu amüsieren, konnte er vielleicht im Nachleben einer entsetzlicheren Strafe entgehen. Doch abermals sprach die Dämonin Undine dasselbe Wort wie zu Anfang.

"Halt."

Der Mann hielt inne. Er war nicht so närrisch, auf Gnade oder Nachsicht zu hoffen.

"Dein Sohn soll es tun."

Der Mann setzte an, etwas zu erwidern, doch in jenem Moment war er bereits tot. Ohne auch nur einen Wimpernschlag lang zu zögern hatte sein hinter ihm stehender, ältester Sohn dem eigenem Vater die Kehle durchgeschnitten. Der Qu'el'saruk hatte nicht Zeit zu verstehen, sein Leben war nicht mehr vorhanden. Sein Sohn ging vor Undine auf die Knie. Anerkennende Blicke der anderen trafen ihn. Ein wahrer Dunkelelf, der Entschlossenheit demonstriert hatte. Die Göttin würde es loben und das war gewiss auch gut für sie alle. Auch die Eine der Acht blickte zu ihm und sprach ihn an.

"Warum wurde der Angreifer noch nicht bestraft?"

Der Dunkelelf sprach vorsichtig und leise, jedoch entschlossen.

"Weil ich ihn noch nicht gefunden habe."

"Was machst du, wenn du ihn gefunden hast?"

"Ich töte ihn!"

Die Reaktion der Einen der Acht bohrte sich wie ein rostiger Nagel in seine Seele.

"Enttäuschend."

"Ich... töte ihn, nachdem ich alle getötet habe, die ihm wichtig sind?"

"Etwas besser."

"B..bitte sagt, was ihr erwartet? Ich besitze nicht eure Weisheit, Eine der Acht!"

Sie schien zu lächeln und schlang einen ihrer Tentakel um seinen Leib.

"Natürlich nicht. Aber deine Entschlossenheit gefällt mir."

Ein weiterer Tentakel streichelte über sein junges Gesicht und hinterließ dort eine ätzende Schleimspur, die sich in seine Haut zu brennen begann. Doch er verzog keine Miene.

"Sein Name ist Sarinius Sardes. Er hat Schutzbefohlene, so wie dein... verstorbener... Vater sie hatte. Ich werde dir sagen, wo du sie findest. Du wirst losgehen und sie alle umbringen. Aber zuvor sorgst du dafür, dass sie leiden. Sorge dafür, dass jeder seiner Schutzbefohlenen unter schrecklichen Qualen stirbt. Sorge dafür, dass jeder von ihnen erfährt, warum er stirbt. Sorge dafür, dass jeder von ihnen seinen Namen verflucht, bevor er stirbt.

Aber du wirst ihn nicht selbst töten. Nein, das wirst du nicht. Du wirst dann etwas anderes tun. Die Aufgabe, ihn zu töten, wird jemand anderes haben."


Ein kurzer Blick der Einen der Acht ging zu der Stelle, an der die Kriegerin und ihr kranker Junge verschwunden waren. Dann sah sie wieder zu dem jungen Krieger, dessen linke, einstmals hübsche Gesichtshälfte jetzt verätzt und entstellt war. Lediglich sein Auge hatte sie verschont.

"Oh ja... du wirst.. danach etwas anderes tun, etwas ganz anderes. Und jetzt geh, bereite dich vor. Wir brechen in einer Stunde auf."

Der Dunkelelf eilte davon, sich vorzubereiten. Noch weiß er nicht, dass er ebenso wie die Kriegerin mit ihrem kranken Kind das glücklichste Los gezogen hatte, zumindest für heute. Die Dämonin erschuf eine Kugel in ihrer Hand, die größer wurde und zu seinem großen, von zahlreichen blutigen Adern durchzogenen Auge anwuchs. Das schreckliche Auge schwebte aus ihrer Hand hinfort über den Marktplatz. Dann kamen die Spinnen zurück. Zu Tausenden. Zu Zehntausenden. Zu mehr Spinnen, als man zählen kann. Und dieses Mal waren ihre Ziele alle übrigen Dunkelelfen, aber auch menschliche oder andersartige Sklaven auf dem Marktplatz.

Undine blickte zu dem Auge mit einem Lächeln, das man als grausam bezeichnen könnte, wenn Grausamkeit ein Begriff wäre, das der Dämonin nahe käme. Aber das war nicht der Fall. Grausamkeit war einfach ein völlig unangebrachter Begriff. Ist denn Feuer grausam, wenn es in einem Waldbrand Bäume, Tiere, Menschen und Elfen verbrennt? Ist denn das Meer grausam, wenn es in einer Sturmflut einen Hafen mit all seinen Bewohnern verschlingt? Ist die Gravitation grausam, wenn sie entsprechend der physikalischen Gesetze ihrer Natur den Körper eines hinabstürzenden Menschen beim Aufschlag zerplatzen lässt? All diese Dinge sind einfach. Und so war auch Undine.

Die unzähligen Spinnen krabbelten auf die anwesenden Dunkelelfen, während das große, geäderte, schwebende Auge alles beobachtete. Undine bereitete ihre Hände und ihre Tentakel aus, in der Mitte von all dem stehend, als die Schreie begannen. Und zunahmen. Alle anwesenden Dunkelelfen wurden Stück für Stück bei lebendigem Leibe von den Spinnen gefressen, dies ging so schnell, als würden sie alle verbrennen. Die gewaltige Höhle ertrank in ihren Schreien.

Dann trat Stille ein. Stille, die Undine durchbrach.

"Sarinius. Leben bedeuten mir gar nichts."

Das war das Letzte, was das gewaltige, geäderte Auge sah, bevor es zerplatzte.

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~"This ist my battle. This is my battleship."~

"Jene, die sich Abenteurer nennen, sind grausame Individuen aus einer anderen Welt. Sie sind auf der ständigen Suche nach neuen Opfern für ihre dunkle Gottheit Exp, die sie dafür mit immer stärkeren Fähigkeiten und Kräften ausstattet."

~Shadow is a man who never loses his virginity - because he never loses.~


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 Betreff des Beitrags: Re: Der Morgen danach
BeitragVerfasst: Mo 8. Mai 2017, 02:59 
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Registriert: Do 9. Jun 2016, 13:00
Beiträge: 126
Es war nicht der Morgen danach... es war einer der Abende, die folgten.
Sila hatte den Tag einigermaßen gut überstanden, sah man von den Nebenwirkungen ab, die schlimmer wurden, je länger sie sich dagegen zu erwahren suchte.
doch für heute war es unwichtig geworden.
Langsam entzündete die Kerze das Papier in ihrer Hand, für einen Moment war die dunkle Ecke draußen neben dem Segel in rötlich-oranges licht gehüllt. Wahrscheinlich viel zu schwach, um überhaupt bis zur entfernten Hausecke zu gelangen. Doch welche Bedeutung hatte schon das Licht?
So sah sie den Aufstrebenden Funken nach, selbst eher hockend, sah auf die Asche die sich bildete und tunkte, den Finger hinein. Sie war warm, nahm sie zumindest an. Sie sollte zumindest warm sein. Aber im Grunde auch nur eine Nichtigkeit.
Mit den Fingerspitzen hob sie ein wenig dessen auf, strecke die Hand vor, über das kleine Netz, dass sie vorher nur Mühsam in der Dunkelheit entdeckt hatte. Daumen und Zeigefinger rieben aneinander, begannen, die pulvrige Masse wieder frei zu geben, welche langsam herabrieselte.
Zur Sicherheit wiederholte sie es ein paar Male, bis man unter Anstrengung erkennen konnte, dass hier und da ein paar feine Partikel auf dem Netz anhaften blieben.
Warum nur mussten es auch immer Dämonen sein?
Müde und erschöpft erhob sie sich aus der Hocke und lies ihr Werk zurück. Das Bett, welches sie heute Nacht ausnahmsweise im Segel gewählt wurde schien beinahe zu schreien, denn nur zu rufen.
Ja, es zehrte an ihr. Aber sie wusste, bei Tyrannos- alles schwere, was im Leben Steine auf den Weg brachte würde sie am Ende nur weiter stärken.
Nun aber hieß es ersteinmal schlafen. Und warten, und reisen, und planen. und.... da war sie auch schon in das reich der Träume versunken, Skorn an ihrer Seite, die weiche Decke über sich...

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