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 Betreff des Beitrags: [HGK] Lolth will alles
BeitragVerfasst: Di 9. Mai 2023, 10:14 
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"When Eberron falls, I will consume yet another world. And another. I must have more. More worlds. More worshippers. More power. More! I will have more!"

~Lolth~


>>Vor einem Jahrzehnt<<

"Erzähl mir von diesem... Cyrinishad.

Lolth saß bei Cyric auf einem großen Divan und ließ ihre acht Beine gemütlich angewinkelt. In ihrer Hand hielt sie einen großen Kelch, angefüllt mit köstlichem Leid und Alpträumen von Sterblichen, garniert mit einem Spritzer der Essenz eines an einem der Wände angeketteten Feenwesens, von dem schon mehrere Stücke zum Zwecke der Würzung der Getränke herausgeschnitten worden waren.

Turmdicke, blutrote Blitze durchzogen die aufgewühlte ewige Nacht von Cyrics Ebene, dem Obersten Thron und leuchteten durch die monströsen, überdimensionierten Fenster hinein in diesen gewaltigen Raum der wie alles hier Zeichen und Sinnbild für Cyrics Megalomanie war. Grollender Donner ließ die Ebene erzittern und brachte Cyrics Erregung zum Ausdruck. Denn er war sehr erregt.

Die prächtige Kleidung, welche die Spinnenkönigin trug, dunkles Leder bestehend aus der Haut der getöteten Gottheit einer untergegangenen Welt, war auf unglaubliche Weise eine Vermischung von Lederrüstung und Abendkleid und ließ vielfältige Blicke auf den darunterliegenden, nackten, göttlichen Körper zu. Dass der Unterleib der einer Spinne war, tat dieser Perfektion nicht den geringsten Abbruch, sondern es fügte sich perfekt in das Gesamtbild dieser Verkörperung von der Schönheit des absolut Bösen.

Für Cyric war es perfekt. Und obgleich er es niemals zugeben würde, es überforderte ihn. Er war einer der jüngsten Götter des Multiversums, nur wenige Jahrzehnte erst mit diesem Status beglückt und obwohl er auf viele der Erinnerungen seines Vorgängers Bhaal zurückgreifen konnte, waren viele Erfahrungen und Begegnungen für ihn noch immer... überwältigend. Selbst die Tatsache, dass er einer der mächtigsten Götter war, konnte keinen Ausgleich schaffen für das, was die meisten der etablierten dieser Wesen hatten - die Erfahrung der Jahrtausende.

Und Lolth war so wunderschön und so schrecklich, dass kein sterblicher Verstand ihren Anblick ungeschützt ertragen könnte und selbst wenn er durch unfassbar machtvolle Magie geschützt war, würde dieser Anblick sich für alle Ewigkeiten einbrennen. Doch nun war sie hier, als sein Gast, in seinem Reich, SEINEM Reich, in dem er wahre Allmacht besaß, in dem er mit ihr machen konnte, was er wollte. Er war ohnehin viel mächtiger als sie, aber jetzt, jetzt war sie hier und damit ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Nicht einfach ihr Avatar, sondern sie, sie selbst. Die Göttin, die einstmals selbst dem Schöpfer der Elfen den Kopf verdreht hatte.

Hunderte der abartigsten Vergewaltigungsphantasien geboren aus den Gedanken der abartigsten unter den Sterblichen schossen zugleich durch den kranken Verstand des Mordgottes und Zehntausende davon hatte er bereits vor ihrer Ankunft durchlebt. Aber jetzt... jetzt wagte er es nicht. Nichts hatte den jungen Gott darauf vorbereiten können, absolut gar nichts. Auf das Auftreten, auf die Arroganz, auf die Dominanz... von Lolth. Seit sie hier war, hatte er kaum ein Wort herausgebracht. Es war, als wäre er wieder ein kleiner Junge. Und dabei war er doch so viel mächtiger als sie. Er konnte sie sich einfach nehmen!

Aber alles, was er nun noch wollte, war... ihre Anerkennung. Er wollte, dass sie beeindruckt von ihm ist. Nicht nur von seiner göttlichen Macht, von seinem Status... sondern... von IHM. Er war über ihr, er stand über ihr, er war besser als sie, mächtiger als sie, größer als sie, er war mehr als sie! Warum also nur... wie konnte es da sein, dass sein ganzer göttlicher Stolz stand und fiel, zerbrach und zerschmettert oder aufgerichtet werden konnte, nur durch minimalste Regungen ihrer Gesichtszüge. Wenn sie ihm ein fast mitleidig wirkendes Lächeln wirkte und trotz der respektvollen und gut gewählten Worte von ihr jede ihrer Regungen zeigte, dass sie auf ihn herabsah und ihn für unwürdig hielt und warum bei allen verfluchten Höllen hielt er sich deswegen plötzlich auch für unwürdig?

War es wie bei Ariel, bei Mitternacht, Mystra, diese Metze, die ihn betört hatte um ihn dann zu bespucken, nein, er wollte nicht daran denken, er war kein schwacher Sterblicher mehr, er war ein Gott, ein Gott, ein Gott!

Die ganze Zeit über hatte sie das Gespräch geführt und trotz all seiner Pläne, was er mit ihr eventuell hätte machen wollen, hing er an ihren Lippen, ließ sich von ihr führen und antwortete ihr, wollte nur, dass sie weiter mit ihm sprach, mit ihm sprach, als wäre er ein Gesprächspartner, mit dem sich das Sprechen lohne. Und dann endlich schien es als würde er die Hoheit erlangen, als er von seinem wohl größten Erfolg - wenn dieser auch zugleich seine größte Niederlage gewesen war - dem Cyrinishad erzählte. Da war es soweit gewesen, da war sie in seine Falle gegangen. Erzähle mir vom Cyrinishad hatte sie gesagt. So nonchalant und herablassend und abfällig als würde sie nach dem Spielzug eines kleinen Jungen fragen, damit er endlich Ruhe gibt, doch sie konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass da Interesse in ihren Worten war, Neugierde, Begierde.

Und so würde er sie vernichten. Zu seiner Sklavin machen. Zu seiner Hure. Sie durfte nicht auf ihn herabsehen. Niemand durfte das. Sie würde sich unter ihm winden. Sie war in seine Falle gegangen. Sie war in seine Falle gegangen.

"Oh, lass es mich dir... zeigen."

Lolth war darauf vorbereitet gewesen. Sie war nicht darauf vorbereitet gewesen. Sie war darauf vorbereitet. Sie war nicht darauf vorbereitet. Ihre göttlichen Hände griffen nach dem Buch, das der Lügenprinz, der Mordgott Cyric, ihr reichte. Sie war darauf vorbereitet. Sie war nicht darauf vorbereitet. Eine der unglaublichsten Errungenschaften aller Zeiten. Ein Buch, eine Macht, die selbst den Verstand von Göttern zerfetzen konnte. Eine Macht, die Maske fast vernichtet hätte und Maske war fast ebenso alt wie Lolth selbst. Die Spinnenkönigin machte nicht den Fehler, Cyric zu unterschätzen. Ein wahnsinniger Gott, selbst für Lolths Verhältnisse, wahnsinnig, auch wenn Tyrs Gericht ihn für zurechnungsfähig erklärt hatte. Und doch mit einer Brillanz und einem Erfindungsreichtum gesegnet um so etwas Unglaubliches wie das Cyrinishad zu erschaffen. Oh nein, Lolth machte nicht den Fehler, Cyric zu unterschätzen. Mit seinem Wahnsinn, seinen... Innovationen und seiner Macht war er vermutlich eines der gefährlichsten Wesen des Multiversums, deutlich gefährlicher als etwa Tyrannos, der zumindest berechenbar gewesen ist.

Und Lolth wusste, was für abartige Gedanken er im Bezug auf sie hegte, sie standen ihm in das Funkeln seiner nachtschwarzen Augen geschrieben, waren in sein göttliches Gesicht graviert, stand stellvertretend für die Gedanken aller kleinen Männer, die mit der Überlegenheit des weiblichen Geschlechts nicht umgehen konnten. Trotzdem war sie diesbezüglich... unbesorgt. Sie machte nicht den Fehler, seine Gefährlichkeit zu unterschätzen, was ihre Position im Kosmos, die Stabilität des Gefüges des Multiversums oder die Bedrohung für ihre Existenz betraf. Aber im Bezug auf seine Erniedrigungsphantasien gab es nun einmal nichts, mit dem er sie noch... beeindrucken oder wirklich erschrecken könnte. Sie hatte Jahrtausende im Abyss überlebt, den Wahnsinn Ghaundaurs geschaut und die entsetzlichen Geheimnisse von Dagon und Ulgurshek erfahren, war auf dem Grund des ältesten Meeres getaucht und gesehen, wovon es sich speist, hatte den Ausweg aus Baphomets Labyrith gefunden und das wahre Antlitz von Bleicher Nacht erblickt, hatte Demogorgons Blut getrunken und war durch den träumenden Golf geschwommen. Verglichen damit waren Cyrics abseitige Phantasien... nun, nichts Besonderes, nichts was sich nicht unzählige Sterbliche auch schon ausgemalt hatten und Lolth kannte diese Phantasien, sie kannte sie alle.

Die wahre Herausforderung dieses Treffens war eine gänzlich andere. Lolth kannte das Risiko, alleine schon das Risiko, überhaupt hierher zu kommen, in Cyrics Reich und sich ihm damit auszuliefern, ebenso wie das Risiko, dieses gefährliche Buch zu lesen. Aber Lolth wäre nicht Lolth wenn sie nicht an sich selbst dieselben Ansprüche stellen würde wie an ihre Anhängerinnen und Anhänger. Risiken mussten eingegangen werden, wenn man seine Macht mehren wollte und Lolth wollte ihre Macht nicht nur mehren, sie musste. Das war ihr Drang, ihre Bestimmung, ihre Freude, ihr Lebensinhalt, ihr Dasein. Sie musste mehr haben. Mehr. Mehr von allem. Mehr.

Und sie war darauf vorbereitet. Trotzdem war sie nicht darauf vorbereitet. Sie war darauf vorbereitet. Sie war nicht darauf vorbereitet. Sie spürte wie die Buchstaben ihre Ketten in ihren Verstand, in ihre Essenz schlugen, als sie dieses gefährliche Buch las. Welch endloser Wahn! Erfrischend. Gefährlich. Beängstigend. Furchtbar. Nein. Nein. Nein! Schnitte wie mit einem Skalpell durch zerbrechliche Synapsen. Sie wusste, es musste nicht schmerzhaft sein. Würde sie die Worte unbedarft lesen, die Buchstaben einfach in sich eindringen, sich von ihnen mental penetrieren lassen, dann würde sie es nicht einmal spüren, ihr Verstand würde dann einfach umgeschrieben, ohne dass sie es merkte. Aber das war nicht Sinn und Zweck der Übung. Sie war hier, WEIL die das Cyrinishad lesen wollte, um es zu verstehen, um zu begreifen, wie es funktionierte, was es tat... wie man das reproduzieren konnte.

Aber sie konnte den Auswirkungen nicht widerstehen. Das Cyrinishad hatte sich tief in ihren Verstand verhakt, ihn verändert, manipuliert, zerbrochen und neu ausgerichtet. Wer auch immer das Cyrinishad liest, der betet künftig Cyric an und sieht ihn als seinen Schutzpatron, als seinen Gott, als höchsten Gott. Und so änderte sich ihr Bild von Cyric und sie blickte voll aufrichtiger Bewunderung und Ergebenheit zu ihm, ihrem Meister, ihrem Herrn, ihrem neuen Gott, dessen Gunst sie erlangen musste. Eh sie sich versah, neigte sie ihr Haupt vor ihm und noch während sie verarbeitete was da geschehen war, da war er schon über ihr. Sie lächelte selig und ihr vom Cyrinishad verdrehter Verstand freute sich über die Aufmerksamkeit ihres neuen Gottes.

"Jetzt werde ich mich an dir laben. Du siehst nicht mehr auf mich herab. Nun bist du meine Hure. Meine Sklavin. Mein Eigentum. Du gehörst jetzt mir."
Doch diese Worte Cyrics ließen etwas in Lolths verändertem Verstand wie klirrendes Glas zerbrechen. Wie Milliarden von klirrenden Gläsern. Und während er sich über sie beugte, geschah dieses Ereignis an zahlreichen Orten des Multiversums gleichzeitig. Aspekte von Cyric beugten sich über Aspekte von Lolth. Avatare von Cyric beugten sich über Avatare von Lolth. Cyrics wahrer göttlicher Körper beugte sich über den wahren, göttlichen Körper von Lolth.
"Ich werde in all deine Körperöffnungen all deiner Körper zugleich eindringen."

Lolths unzählige Augen blickten Cyric nur an. Die Augen von all ihren Avataren. Knopfaugen von Milliarden von Spinnen an allen nur erdenklichen Wänden in der Nähe ihrer Avatare. Die Augen von ihrem wahren göttlichen Körper blickten zu dem wahren göttlichen Körper von Lolth.

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In der Natur geschieht die Paarung von vielen Spinnenarten auf brutale Weise. Hierbei zupft die kleinere, männliche Spinne am Netz des Weibchens um es anzulocken. Manchmal bietet es dem Weibchen eine verlockende Beute an. Das Weibchen nimmt diese Beute an und während es damit beschäftigt ist, bestäubt das Männchen das Weibchen mit einem betäubenden Gift, damit es wehrlos ist. Dann klettert das Männchen auf das Weibchen und beginnt die Befruchtung. Erholt sich das Weibchen jedoch zu schnell, wird das Männchen zu seiner Beute.
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"Nein."

Lolths Körper ergriff Cyrics Körper und schleuderte ihn von sich, warf ihn zu Boden. Avatare von Lolth stießen, warfen, schubsten Avatare von Cyric von sich. Aspekte von Lolth schüttelten Aspekte von Cyric ab. Nun war überall Lolth über ihm. Natürlich würde das nichts ändern, denn sie war schwächer als er, trotz all ihrer Erfahrung war Cyric ein wesentlich mächtigerer Gott. Nur die Tatsache, dass es so unerwartet, so plötzlich so überraschend geschah, hatte Lolth diesen kurzen Sieg erlaubt. Und Cyric... verstand nicht.

"Nein? Du hast das Cyrinishad gelesen. Es ist in dir. Du kannst dich nicht dagegen wehren. Ich bin dein Gott!"

Und Lolths Köpfe nickten an allen Orten.

"Das bist du. Und ich bete dich an. Du bist mein Gott. Aber ich werde nie wieder das Eigentum eines Mannes sein. Nie wieder. Nur zu. Nutze deine Macht, es ist dein Recht, du bist mächtiger. Schände mich, wenn du willst, an allen Orten. Aber ich werde dir niemals gehören. Ich gehöre keinem Mann. Nie wieder. Nie wieder. Nie wieder wird jemand mich zu seinem Eigentum machen, so wie Correllon es tat. Ich werde dir nie gehören."

Jene Aussage, jene Entschlossenheit mit der sie getroffen wurde, jener niemals zu bändigende... Stolz der Spinnenkönigin ließen Cyric in all seinen Körpern an allen Orten verzweifelt und frustriert aufschreien. Und er zog sich von ihr zurück. Es war zu viel. Zu viel für ihn. Er war wieder ein kleiner Junge. Wieder der kleine Junge.

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"Ich... krieg ihn nicht hoch."
Der Jüngling, kaum ins Erwachsenenalter gekommen, blickte auf sein schlaffes Glied. Die mindestens zwanzig Jahre ältere, erfahrene Prostituierte, die er sich von seinem ersten Auftragsgeld geleistet hatte, legte sanft die Hände um seine Schultern. Verständnisvoll streichelte sie seinen Rücken.
"Aber das macht doch nichts."
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Lolth berührte Cyric, der nun ihr Gott war, sanft an der Schulter.
"Ich wollte dich nicht verletzen. Ich bewundere dich."
Cyric blickte sie nicht mehr an. Er würde nicht antworten. Heute nicht mehr. Seine Hände öffneten ein Portal, das aus seinem göttlichen Reich hinausführte. Er ließ Lolth gehen. Und sie kam dem Wunsch ihres Gottes nach. Um nach Hause zu gehen, zurück in den Abyss, zurück in den Abgrund der Dämonennetze.

Dort angekommen blickte sie überrascht zu ihrem Thron, auf dem ihr auserwählter Balor Wendonai saß, sie angrinste und ihr aus dem Buch vorzulesen begann, das er in seinen dämonischen Händen hielt. Lolth wollte ihn davon abhalten, wollte ihn von ihrem Thron werfen, diese Frechheit unterbinden, doch es ging nicht - in ihrem eigenem Reich? Und da fiel es ihr wieder ein. Sie hatte ihre Macht eingesetzt um einen Teil ihres Gedächtnisses zu löschen, den Teil, der nun langsam wieder zurückkam. Und sie hatte ihre Macht eingesetzt, um den Thron vor ihren eigenen Kräften zu schützen. Und sie hatte Wendonai den Befehl gegeben, sich dorthin zu begeben und aus diesem Buch zu lesen, wenn sie wiederkam. Das alles hatte sie getan, noch bevor sie zu Cyric aufgebrochen war.

Aber warum? Und warum hatte sie ihr Gedächtnis gelöscht, warum sollte sie sich nicht an ihren eigenen Plan erinnern wollen? Weil... und da wurde es ihr bewusst. Weil sie es sonst verhindert hätte. Weil ihr durch das Cyrinishad veränderter Verstand versucht hätte, zu verhindern, dass ihr Balor Wendonai das tut, was er gerade tat, aus dem Buch 'Cyrics wahres Leben' vorzulesen, jenes Buch, das Mystra als Gegenbuch gegen das Cyrinishad geschaffen hatte, jenes Buch, das die Veränderungen des Cyrinishads in ihrem Verstand wieder rückgängig machte.

Und dieses Mal tat es nicht weh, denn sie war nicht darauf vorbereitet, setzte sich nicht zur Wehr, versuchte nicht, die Macht zu analysieren, jene ging einfach durch Lolth hindurch und gab ihr ihren klaren Verstand zurück. Oder so klar, wie der Verstand der wahnsinnigen Spinnenkönigin eben normalerweise war. Ihr Blick wurde ruhiger und mit einer beiläufigen Handbewegung scheuchte sie Wendonai von ihrem Thron, um sich dort niederzulassen.

"Nun, das war... eine interessante Erfahrung. Jetzt weiß ich, was ich wissen muss."
Der Balor neigte tief sein Haupt.
"Dann kann euer neues Spiel beginnen, Herrin?"
Lolth ergriff einen neuen Kelch, führte ihn genüsslich zu ihrem Mund, ihre Lippen umspielte ein Lächeln.
"Ja. Dieses Mal nehme ich mir alles."
"Alles, Herrin?"
Der Blick der Spinnenkönigin wanderte zu der magischen Projektion, welche auf einem ihrer gewaltigen Arbeitstische erschien, eine Projektion, welche das Multiversum mit seinen Welten und Ebenen zeigte.

"Alles."

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~"This ist my battle. This is my battleship."~

"Jene, die sich Abenteurer nennen, sind grausame Individuen aus einer anderen Welt. Sie sind auf der ständigen Suche nach neuen Opfern für ihre dunkle Gottheit Exp, die sie dafür mit immer stärkeren Fähigkeiten und Kräften ausstattet."

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 Betreff des Beitrags: Re: [HGK] Lolth will alles
BeitragVerfasst: Di 9. Mai 2023, 15:24 
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Es gab Welten, die kannten Lolth nicht. Und es gab Welten, die kannten Lolth gut. Dann gab es noch Welten, bei denen Lolth das Letzte war, was sie jemals kennenlernten. Welten wie Guldor wurden von ihr unterworfen und hatten das Glück, Teil der Materiellen Ebene bleiben zu dürfen um als Brückenkopf für Lolths weitere Eroberungen zu dienen. Zahlreiche Welten, deren Namen mittlerweile in Vergessenheit geraten sind, waren zerfetzt und in den Abgrund der Dämonennetze gerissen worden, wo ihre Trümmer in den gewaltigen Spinnenfäden hingen.

Und dann gab es noch Welten wie Oerde, denen fast ebenfalls das grausame Schicksal zuteil werden sollte, zersplittert und in Lolths schreckliches Reich gezogen zu werden. Oerde konnte dem jedoch gerade noch entgehen und blieb daher für Lolth eine... beschämende Niederlage. Vor in für kosmische Maßstäbe relativ kurzer Zeit, vor etwa einem Jahrzehnt, lernte eine weitere Welt Lolth erstmals kennen. Der Name dieser Welt war Eberron. Die Stadt Sturmgebiet auf der Sternenfallhalbinsel des Kontinents Xen'drik lernte auf erschreckende Weise die Macht Lolths kennen, als sich in ihrem Hafen ein Riss in den Ebenen auftat, der in den Abgrund der Dämonennetze mündete.

Aber Lolth marschierte dort nicht ein, wie es für gewöhnlich ihr Tun war. Denn dieses Mal war Lolth nicht an simpler Eroberung einer weiteren Welt interessiert. Stattdessen etablierte sie auch in dieser Welt einen Kult, wobei sie sich einmal mehr den Dunkelelfen bediente, jenen Dunkelelfen von dieser Welt. Sie hatte sich lange Zeit darauf vorbereitet, seit sie zum ersten Mal von der Schöpfungsgeschichte von dieser Welt gehört hatte.


>>Vor Äonen<<

Die Gottdrachin Khyber titanisch zu nennen, würde ihrer schier unvorstellbaren Größe kaum gerecht werden. Geboren aus zehntausend gefrorenen Sonnen erreichte sie eine Flügelspannweite von mehr als Tausend Kilometern und eine ähnlich gewaltige Körperlänge. Über endlose Zeitalter hinweg flog sie alleine durch das All. Als sie auf zwei weitere Drachen von ähnlicher Größe und Macht traf, beschlossen die drei, ihre Kräfte zu einem bestimmten Zweck zu bündeln - der Erschaffung von 13 Ebenen in welchen die Konzepte verwahrt wurden und einer Welt in der Materiellen Ebene, die mit diesen Konzepten interagieren solle.

Aber als das Werk der Ebenen nach einiger Zeit vollendet war, waren sie sich uneinig über die Gestaltung und die Machtverhältnisse und Struktur der Konzepte und der Gestaltung der Welt, die sie in der Materiellen Ebene formen wollten. Khyber erschuf mächtige Abolethen und Scheusale und gebar die spätere dunkle Drachengöttin Tiamat, um die künftigen Wesen der neuen Welt auf ewig in Angst und in Erinnerung daran existieren zu lassen, wer ihnen das Leben gegeben hatte und ihnen jederzeit wieder nehmen konnte. Die anderen beiden Drachen hingegen waren an einer... freiheitlicheren Entwicklung der Schöpfung interessiert. Es kam zu einem Konflikt.

Khyber vernichtete einen der beiden Drachen, Siberys und zerstreute seinen Körper und seine Essenz in das All. Der andere Drache, Eberron, stürzte sich auf Khyber und die beiden Drachen töteten einander, doch da das Konzept des Todes noch fragil war, konnte es nicht in einer Eindeutigkeit zustande kommen. Da opferte Eberron sich selbst und begrub Khyber mit seinem eigenen Körper um ihn auf ewig in sich gefangen zuhalten, in einem todesähnlichen Schlaf beider Titanendrachen. Die körperlose und zersplitterte Siberys weinte bittere Tränen ob des unglücklichen Ausgangs der eigentlich guten Idee der Schöpfung und versank in denselben Schlaf um zersplittert auf ewig um die beiden einstigen Gefährten zu kreisen.

Aus ihren Tränen aber fiel ihre Essenz auf die verschlungenen Körper der beiden Drachen, die so wie Siberys selbst tot und doch nicht tot waren und als sich die Tränen mit dem Blut der Drachen vermischten und alle Essenzen sich vereinten entstand das sterbliche Leben auf den Leibern der verschlungenen Drachenkörper. Die Drachen wurden zu einer Welt, der Welt Eberron, deren Oberfläche Eberron war, deren Unterreich Khyber war und deren Gestirne und Himmelszelt Siberys war. Die erschaffenen Konzepte entwickelten sich, verselbstständigten sich und mit dem Wandeln der ersten Sterblichen auf der Welt vervollständigte sich auch das Konzept des Todes und erlangte Gültigkeit. Tiamat aber, die Abolethen und die Scheusale sehnten sich danach, die Sterblichen zu unterwerfen und so entstanden neue Konflikte. Tiamat öffnete Portale in andere Welten, in denen andere Wesen ihre Schöpfungen gestaltet hatten und folgte weiter dem Willen Khybers, auch diese zu unterwerfen und die Abolethen und Scheusale taten es ihr gleich.


>>Toril, Undrek'Thoz, vor zehn Jahren<<

Nervosität war... ein viel zu kleines Wort für das, was Kaedra Vras empfand. Kaedra Vras, Mitglied von Haus Vras, dem ersten Haus von Vrasl. Kaedra Vras, hochintelligente Forscherin, Meisterin der Nekromantie. Kaedra Vras, schwierige Persönlichkeit, die das eigentlich Männern vorbehaltene Studium der arkanen Magie dem Dienst in der Kirche vorgezogen hatte. Kaedra Vras, Mitglied im Führungskreis der Rubins. Kaedra Vras... gerade ziemlich nervös und kleinmütig. Denn trotz ihres Wissens, ihrer Ressourcen und ihrer Macht wusste sie, wer da vor ihr stand. Wendonai, Balor von Lolth, meistens Verkünder ihres Willens, immer extrem gefährlicher sehr mächtiger Dämon.

Oh, sie hatte schon einige Dämonen mit Hilfe ihrer Magie und ihrer Kenntnisse unterworfen und gebunden. Aber diese waren eben nicht Wendonai. In der Tat. Sie war sehr nervös. Doch der Balor sprach ruhig und überaus freundlich, während er mit dem Umhang der Leiche von einem der sieben Eliteleibwächter Kaedras das Blut von eben all jenen so beiläufig von seinen Krallen wischte, als entferne er ein paar Soßenflecken.

"Du fandest heute auf deinem Schreibtisch ein Manuskript, dass ich dir zukommen ließ und das du mit äußerstem Interesse gelesen hast. Die meisten dieser Ausführungen stammen von Iggwilv von Oerde, deren Namen dir sicher ein Begriff ist. Es hatte uns einige Gefallen gekostet, dies in unseren Besitz zu bringen. Du bist eine der vermutlich begabtesten Nekromantinnen in Lolths Diensten. Und..."
"I-ich stehe nicht in Lolths Diensten."
Die Stimme Kaedras war kaum mehr als ein Krächzen. Trotzdem war es ihr wichtig, das klarzustellen.
"Es ist unhöflich, Ältere zu unterbrechen, aber ich bin nicht hier, um mich zu streiten. Was ich wissen muss, ist nur... ist es möglich, was dort steht?"
"Ha!"
Sie lachte fast auf, doch dann verengte sie überrascht die Augen.
"I-Ihr meint das ernst? Äh.. puh, also.. vom theoretischen Standpunkt aus betrachtet.. a-also ich müsste dazu noch weitere..."
"Ist. Es. Möglich?" Ja, oder Nein, Kaedra Vras."
Die Nekromantin schluckte schwer.
"X-xas. In der Theorie."
"Gut. Wie lange brauchst du und was benötigst du?"
"Äh, äh, durch 'mich'? Das ist nun wirklich im Moment unmöglich. Ich diene Rubin. Ghaundaurs Auguren besitzen hellsichtige Fähigkeiten und beobachten jeden unserer Schritte. Weder der Obersten Augurin noch dem Puppenmeister noch dem Vorsitzenden würde mein Tun entgehen."
"Hrm. Und wenn die, rein theoretisch, alle weg wären?"
"R-rein theoretisch? Dann brauche ich Hilfe vom Drachenkult. U-Und von einem Orden drachenblütiger Dunkelelfen, den Jaezred Chaulssin."
"Und von Graz'zt, nicht wahr?"
"Äh.. x-xas, aber das ist..."
"Das mit Graz'zt ist bereits erledigt, sogar schon vor längerer Zeit als du denkst, noch vor dem Schweigen. Unsere gemeinsame Herrin Lolth hat schon sehr lange über diesen Schritt nachgedacht."
"S-sie ist nicht unsere..."
"Schscht. Und der Rest ist bereits in Arbeit. Fang an mit deinen Vorbereitungen, soviel wie du tun kannst, ohne dass es auffällt. Und lass alles andere meine Sorge sein."


>>Abgrund der Dämonennetze, mehrere Jahrzehnte zuvor<<

Der Gestank von Schweiß und Tränen, von frischen und getrocknetem Blut, von zischend kochendem Körperfett und von vergossenem Urin empfing Lolth, als sie ihren für humanoide Sterbliche vorgesehenen Kerker betrat. Sie hatte für jede Spezies eigene Gewölbe, man musste schließlich auf die Bedürfnisse seiner Gefangenen eingehen. Ein außerordentlich geschickter Dämon, der zur Hälfte aus stählernen Prothesen bestand und dessen rechte Hand im Grunde eine Reihe von Gelenken mit verschiedenen Skalpellen war, begrüßte Lolth mit einer ehrerbietenden Verneigung. Natürlich war Lolth nicht richtig 'persönlich' hier, dafür hatte sie nun wirklich keine Zeit und ließ sich durch den von ihr gesteuerten Avatar vertreten, womit sie im Grunde durchaus persönlich da war. Wer tatsächlich in eigener Person und Gestalt dabei war, war natürlich ihr Balor Wendonai. Lolth sagte nichts, sie blickte den Prothesendämon nur einige Momente lang an und er verstand sofort, verlor keine Zeit und führte sie durch das Gewölbe in eine besondere Kammer, vorbei an den Schmerzensschreien und dem Flehen der Leidenden.

Als Lolth die besondere Kammer, ihren Zielort zusammen mit dem Prothesendämon und Wendonai betrat, nahm sie sich die Zeit, einige Momente lang die wirklich besonders grausige Folterbank anzusehen an der die Dunkelelfe seit einigen Tagen gequält wurde, die nun zu Lolth blickte und rasch und hastig stammelnd flehte.

"L-Lolth, o Lolth, o Herrin, es tut mir leid, es tut mir so leid, bitte gebt mir eine Chance, nur irgendeine Chance, die Sache wieder gutzumachen!"
"Nun, Eclavdra, du hast mir wirklich sehr wehgetan."
"J-Ja, Herrin, das sehe ich ja ein Herrin, aber ich kann das erklären, ich k... oh nein, oh nein, bitte nicht..."
"Dieses spezielle Folterinstrument hier habe ich selbst ersonnen, ich habe es dir gewidmet, da ich in Gedanken bei der Enttäuschung war, die du mir bereitet hattest. Ich sehe, du ahnst seine Funktion, aber ich bin mir sicher, dass du sie noch nicht vollständig erfasst hast. Du wirst gleich sehr erstaunt sein."
"Oh.. oh n-n-nein, nein Herrin, bittebittebitte, alles bloß das nicht, n-ein... bitte nicht das..."
Lolth seufzte leise.
"Weißt du, ich hätte diese Welt wirklich sehr gerne in meiner Sammlung gehabt."

Der Raum ertrank dann in Eclavdras Schreien. Noch sehr lange Zeit. Aber Zeit war im Abyss ohnehin ein relatives Konzept, vor allem dann, wenn man diese in absoluter Agonie verbringen musste, ohne jegliche Hoffnung auf Erlösung, eine Agonie, die den sterblichen Verstand zerreißen konnte... wenn nicht... nun, wenn Lolth nicht durch die Erfahrung der Jahrtausende genau die Grenze ausloten konnte, an der der Schmerz das Maximum erreicht an der er gerade noch an dem schmalen Wendepunkt ist, an dem der Verstand nicht zerbrechen würde. Denn diese Flucht gestattete Lolth ihrer wohl mächtigsten sterblichen Hohepriesterin nicht.

Und irgendwann, schließlich...

"Also gut, du bekommst noch eine Chance. Du wirst nach Azzagrat gehen, Eclavdra, der Hauptstadt von Graz'zt. Ich habe dort eine Aufgabe für dich. Aber enttäusch mich besser nicht noch einmal."

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 Betreff des Beitrags: Re: [HGK] Lolth will alles
BeitragVerfasst: Mi 10. Mai 2023, 14:01 
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>>Oberster Thron, heute<<

Die gesamte Ebene schien nur aus Ketten zu bestehen. Dreißigtausend schwere, gewaltige, überdimensionierte Ketten, die Cyrics Kerker, den Obersten Thron, sein göttliches Reich an Ort und stelle hielten, fernab von den Welten der Sterblichen, fernab von allen Welten und Ebenen. Aber Cyric begriff es nicht einmal. Während seiner Gerichtsverhandlung und seiner Verurteilung war er erneut dem Wahnsinn verfallen.

In seinen Wahnvorstellungen nahm er nur noch eine verzerrte Realität war, in der er gewonnen hatte und nun als apokalyptischer Meister über alle Sphären, Welten, Ebenen und Realitäten herrschte. Völlig willkürlich ließ er in seiner Phantasie Feuer über die Städte der Sterblichen regnen, Vulkane ausbrechen, Seen und Flüsse zu Säure werden, Erdbeben und Flutkatastrophen ganze Länder verschlingen. Manche Welten, die er fand, stieß er auch einfach nur in die jeweils dazugehörige Sonne, als würde er eine Murmel mit seinem Finger anstubsen.

All dies geschah zum Glück der Reiche der Sterblichen nur in seiner Phantasie, in seinen Wahnvorstellungen, die er jedoch für die Realität hielt und die Sterblichen aller Welten können wahrhaft froh darüber sein, dass dieser dunkle Gott nicht wirklich den Sieg über die anderen Gottheiten erlangt hatte. Nicht, dass sie je davon erfahren würden, denn die Belange der Götter drangen selten nach außen, selten bekamen die Materiellen Welten etwas anderes von den Machtkämpfen zwischen den Göttern mit als die tatsächlichen Auswirkungen.

Kaum einer betrat die Ebene, um Cyric in seinem Wahnsinn Gesellschaft zu leisten. Wozu auch? Schon vor seiner letzten großen Tat, dem Seelendiebstahl, mit dem er endgültig alle Götter gegen sich aufgebracht hatte, war er innerhalb der Göttergemeinschaft alles andere als beliebt gewesen, selbst die anderen dunklen Götter verachteten und hassten ihn. Anders als Bhaal, Tyrannos oder Myrkul hatte Cyric selbst zu denen, deren Herz so finster war wie sein eigenes, keinen nennenswerten, diplomatischen Kontakt gepflegt, wenn man von Lolth absah. Und auch die Spinnenkönigin wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben... dabei war sie für seinen jüngsten Ausbruch des Wahnsinns verantwortlich gewesen.

Jenen Verdacht hatte auch Tyrannos mittlerweile. Und so erschuf er einmal mehr einen Avatar, den er Cyrics verrückte Kerkerebene des Wahnsinns betreten ließ. Der Avatar des Tyrannos erschauderte zutiefst angewidert. Das grenzenlose Böse, das diese Ebene in vielfältigen Manifestationen bewohnte, störte ihn nicht. Aber das Chaos! Dieses widerwärtige, ekelhafte Chaos, das jedes einzelne Bestandteil dieser Ebene durchdrang, das die Essenz dieser Ebene war und das nun durch Cyrics Wahnsinn zu völlig neuen Ausmaßen emporwuchs. Für gewöhnlich wurde das Chaos in den chaotischen Ebenen zumindest durch das winzige bißchen Vernunft, das selbst der verrückteste Gott oder Dämonenprinz irgendwo in sich aufbrachte, wenigstens etwas in Form und Ablauf gezwungen. Doch hier verhielten sich alle Elemente und Regeln in völliger Willkür.

Die Zusammensetzung der Atmosphäre, die Formen, die Gesetze von Raum und Zeit, die Gravitation, die Reibung und Dichte, die Oberflächenstruktur, die Konsistenz, ja selbst die Temperatur von allem hier änderte sich beständig. Einmal blieb Tyrannos Avatar für neuntausend Jahre auf einer Treppenstufe hängen, weil diese unlösbar mit den Füßen des Avatars verschmolzen war und die Zeit plötzlich zu rasen begann. Für einen Sterblichen wäre dies das Ende und selbst für die meisten Unsterblichen zumindest sehr beeinträchtigend gewesen, hätte für erstere den Tod und für zweitere potentiell den Wahnsinn bedeutet, aber Tyrannos stellte die Wahrnehmung des Avatars einfach ab, bis die neuntausend Jahre vorbei waren, da in der 'normalen' Zeitrechnung währenddessen gerade mal ein paar Minuten vergingen.

Für Tyrannos war dieses Chaos weder gefährlich noch beeinträchtigend, es war einfach nur... ekelhaft. Für einen Gott der Ordnung war es, wie es für einen hochwohlgeborenen Adligen sein mochte, der sich mit bloßen Händen und gebrochenen Beinen durch eine mit Unrat und Fäkalien überflutete Kanalisation ziehen musste. Schwierig, widerlich, schmerzhaft und anstrengend, aber nichts, was nicht trotzdem überwindbar war. Wenn er auch mehr als einmal einfach umdrehen und wieder rausgehen wollte. Aber schließlich gelang es ihm, er erreichte den Teil der Ebene, in der sich Cyric gerade aufhielt. Tyrannos bemerkte sogleich, dass jener hier völlig alleine war, seine treusten Berater waren in Adamantit verwandelt worden. War er das etwa selbst gewesen? Langsam und mühselig näherte sich Tyrannos Avatar Cyric, dem wahnsinnig gewordenen Lügenprinzen.

"Sei gegrüßt, Fürst Cyric. Ich..."

Tyrannos hatte beschlossen, den Lügenprinzen trotz der Verachtung, die beide einander entgegenbrachten, höflich und formell anzusprechen. Der Lügenprinz aber schien ganz und gar nicht erfreut über Tyrannos Besuch zu sein. Lauthals brüllte er ihn an und die ganze Ebene brüllte mit.

"Geh weg!"

Dann zerfetzte Cyric den Avatar des Tyrannos mit einer schnellen Geste und löschte ihn binnen eines Augenaufschlags vollständig aus. Zumindest die war keine Wahnvorstellung - denn in seinem Reich, auch wenn es als Kerker diente, hatte Cyric nach wie vor unendliche und völlig uneingeschränkte Macht.


>>Ödland der Verderbnis und der Verzweiflung<<

Fernab von Cyrics verrücktem Kerker seufzte Tyrannos genervt, als er den Abbruch der Verbindung zu seinem Avatar und dessen Zerstörung bemerkte.

"Wieder ein Avatar vergeudet..."

"Soll ich es mal versuchen?"

Loviatar blickte von ihrem kleinen Arbeitstisch, an dem sie gerade mit ihrem derzeitigen Steckenpferd, dem Design einer neuen Wespenart, deren Giftstachel zehnmal schmerzhafter als die aktuell in Faerûn verbreiteten Arten werden sollte, beschäftigt war, zu Tyrannos auf. Seit einiger Zeit hielt sie sich häufiger in Tyrannos Festung auf, da die beiden Gottheiten nach den letzten Krisen viele ihrer Pläne miteinander abstimmten.

"Ich glaube nicht, dass er sich dir öffnen wird. Ein Gespräch von Mann zu Mann ist hier sinnvoller."
"Aber er hasst dich."
"Jeder hasst mich. Ich bin der Gott des Hasses."
"Ich hasse dich nicht."
"Das sagst du nur, weil du weißt, dass mich das quält, Herrin der Schmerzen."
"Lass mich einfach wissen, wenn ich es versuchen soll."
"Natürlich. Übrigens..."
"Ja?"
"Warum lässt du bei diesen Viechern die markanten Streifen weg?"
"Weil man dann gleich sieht, dass es Wespen sind. Schmerz ist aber viel interessanter, wenn er unerwartet kommt."
"Wenn du sie wie normale Fliegen aussehen lässt, werden die Menschen einfach anfangen, jede Fliege zu erschlagen."
"Ich glaube eher, dass sie dann vor jeder Fliege Angst bekommen. Macht dir das keine Freude, Herr der Angst, wenn die Empfindsameren unter den Sterblichen nun auch bei dem Anblick jeder Fliege Furcht bekommen würden?"
"Phobien sind langweilig. Ich bevorzuge den Geschmack von reiner, unverfälschter, echter Todesangst."
"Dir fehlt ein gewisser Sinn für tiefere... Ästhetik. Man merkt, dass du einst ein Sterblicher warst. Eine gewisse... Kleingeistigkeit ist dir geblieben."
Tyrannos lachte rau und dunkel auf. Nur Loviatar wagte es, so mit ihm zu sprechen. Und nur sie durfte es... und auch nur, wenn sie beide alleine waren, so wie jetzt gerade.
"Sieht man von den beiden Müttern des Kosmos und den direkten Ergebnissen ihrer ersten... Konflikte ab, gehe ich davon aus, dass die meisten Götter Sterbliche waren, die irgendwann aufgestiegen sind. Nur erinnert ihr euch vielleicht nicht mehr alle daran."
"Falls du Recht hättest, wäre es nur richtig, dass wir es vergessen hätten. Sterbliche Erinnerungen und Ambitionen hindern eine Gottheit daran, das zu sein, was eine Gottheit in Wahrheit ist."
"Und das wäre, deiner Meinung nach?"
"Ein Konzept. Ich bin das Konzept der Schmerzen. Des Bemerkens von Schmerzen. Des Verstehens von Schmerzen. Des Analysierens der Schmerzen. Des Linderns von Schmerzen. Des Ertragens von Schmerzen. Der Akzeptanz von Schmerzen. Dem Empfinden von Schmerzen. Dem Erfreuen an Schmerzen. Schmerz ist wie Angst eines der ursprünglichsten und wichtigsten Konzepte der Entwicklung des sterblichen Lebens. Unser Konzept zu verkörpern, ist unsere eigentliche Aufgabe. Du aber, und Lolth und Cy.. und der Verrückte, ihr verfolgt Welteroberungspläne, als wäret ihr sterbliche Generäle mit zu viel Macht. Warum denkst du wohl, war Ao so unzufrieden mit all dem?"
"Ao ist ein Narr. Er erschafft einen Kosmos, ist dann zu faul, diesen auch zu regieren, ernennt Götter, die das für ihn tun sollen, versieht sie mit Aufgaben, deren Erfüllung sie miteinander in Konflikt bringt und beschwert sich dann darüber, dass sie Konflikte haben."
"Deine Worte sind kühn... und manch einer würde sie als blasphemisch bezeichnen."
"Jergal hat wenigstens zugegeben, dass er mit seinen Aufgaben überlastet ist und sich mit Bhaal, Myrkul und mir drei würdige Sterbliche gesucht, die seine Pflichten übernehmen. Aber wer weiß, vielleicht es es in Wahrheit auch Aos Ansinnen, eines Tages ersetzt zu werden und er will nur prüfen, welcher seiner Götter geeignet genug dafür ist."
"Deine Worte sind kühn... und manch einer würde sie als blasphemisch bezeichnen."
"Ha! Aber sagtest du nicht selbst, wir sind Konzepte? Dann bin ich neben anderem das Konzept der Tyrannei. Und wahre Tyrannei ist erst dann möglich, wenn es keine Opposition mehr gibt... und keine übergeordnete Kontrollinstanz. Man könnte also sagen, mein Konzept ermutig mich zur... Usurpation."
"Auch eine Sichtweise."
"Still nun. Ich will einen neuen Avatar entsenden."
"Gut, dann kümmere ich mich jetzt um die Flügel. Da kam mir gerade eine tolle Idee..."

_________________
~"This ist my battle. This is my battleship."~

"Jene, die sich Abenteurer nennen, sind grausame Individuen aus einer anderen Welt. Sie sind auf der ständigen Suche nach neuen Opfern für ihre dunkle Gottheit Exp, die sie dafür mit immer stärkeren Fähigkeiten und Kräften ausstattet."

~Shadow is a man who never loses his virginity - because he never loses.~


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