Agatha und ihre mutmaßlich imaginäre Freundin Naratyx spielten häufig miteinander, auf die eine oder andere Weise. Meistens ging es darum, dass Agatha neue Fähigkeiten oder Lektionen lernen sollte, nur eben auf spielerische Art. Das Wesen gehörte einem Volk an, das nicht von dieser Welt stammte. Es wusste daher viele Dinge, von denen die meisten Menschen keine Ahnung hatten.
Andrerseits haben Erwachsene ja häufig keine Ahnung und versuchen alles, um das von ihren Kindern geheim zuhalten. Immerhin ist der Moment, in dem die Kinder bemerken, dass die scheinbar allmächtigen, allwissenden Erwachsenen genauso hilflos und verloren in einer letztendlich unbegreiflichen Realität gefangen sind, der Moment, an dem aus den Kindern selbst Erwachsene werden. Manchmal geschieht das früher und manchmal geschieht das später.
Ist das eine Geschichte über das Erwachsenwerden? Nein, auch so eine Geschichte ist das nicht.
Das Wesen kam nicht von dieser Welt, spürte aber eine wesentlich tiefere Empfindung zu ihr, als die Menschen, sie schon so lange auf ihr lebten. Warum gelang dies den Menschen selbst so selten? Vielleicht, weil die meisten Menschen gar nicht Teil sein wollten von dieser Welt. Wären sie ein Teil von ihr, dann wären sie die Welt.
Und wie könnten sie die Welt mit diesem Verständnis noch zu unterwerfen versuchen?
"Naratyx, wollen wir spielen?" "Heute nicht." "Ha-hab ich was falsch gemacht?" "Nein... ich bin nur traurig." "Warum bist du traurig, Naratyx?" "Die Menschen aus deinem Ort wollen den Gefährten einer guten Freundin töten." "WAS?! Das kann nicht sein!" "Du musst es mir nicht glauben." "N-nein, ich glaube schon, dass du die Wahrheit sagst! Aber es muss ein Missverständnis sein? Warum sollten sie so etwas tun?" "Weil er ihnen im Weg ist, sagen sie." "Hast du mit ihnen gesprochen?" "I-ich kann nicht, mein Schwur.." "Und deine Freundin, hat sie mit ihnen gesprochen?" "Sie hat so große Angst vor den Menschen." "In Uldenschlund leben nur gute Leute! Können wir zu ihr gehen?" "Sie wird sich dir nicht zeigen." "Dann bring mich zu ihrem Freund."
...
Ein wenig später.
...
"Naratyx... das.. ist ein Baum." "Sein Name ist Engbert." "Ernsthaft?" "Nein. Ich versuche nur einen für dich verständlichen Klang zu formen, der seinem Namen entspricht. Er verwendet keine Worte." "Also.. geht es einfach nur darum, dass die Leute einen Baum fällen?" Das Wesen blickte Agatha an. Und wandte sich von ihr ab. Und Agatha verstand in diesem Moment, dass sie etwas völlig falsches gesagt hatte. Für ein Kind ist der Liebesentzug durch die ausbildende Person jedoch das Schlimmste, was ihm widerfahren kann. Aufsteigende Tränen ließen Agathas gelbe Augen glänzen. "N-nein, Naratyx! Das war dumm! Bitte erklär es mir!" "Engbert ist ein Lebewesen, so wie du. Warum denkst du, besser zu sein, als er?" "I-ich..." "Er ist 700 Jahre alt. Er lebte hier schon als das Meer an seinen Brüdern und Schwestern endlos war und er verfolgte den Werdegang von Generationen an Zikaden. Er kennt alle ihre Geschichten. Er hat gefühlt, wie ein Königreich an Ameisen, das länger angedauert hat als die meisten anderen in diesem Wald, in seinen Wurzeln ihre Zivilisation errichteten. Er spürte die Trauer, als die Überflutung des Flusses all ihre Dynastien hinfort spülte. Er hat erlebt, wie die ersten Menschen an diesen Ort kamen und die Pilze aus seinem Boden zogen, um daraus eine Suppe zu kochen. Er dachte, dass die Menschen bestimmt interessant werden könnten. Und jetzt soll er umgebracht werden, weil die Menschen denken, dass sie eine Straße bauen müssen." "A-aber.. es wurden hier doch schon hunderte von Bäumen gefällt. Das hat dich nie gestört!" "Es hat mich bewegt. Aber ich weiß, dass der Tod Teil des Lebens ist und akzeptiere es. Bei Menschen, bei Ameisen, bei Wölfen, bei Reihen, bei Zikaden, bei Sträuchern, bei Bäumen." "Ich.. habe das nie bemerkt, dass.. dir das immer nahegeht." "Dieses Mal geht es mir näher, weil Engbert der Gefährte einer guten Freundin ist. Das... tut mehr weh." "U-und deshalb bist du traurig?" "Ja, Agatha. Deshalb bin ich traurig."
_________________ ~"This ist my battle. This is my battleship."~
"Jene, die sich Abenteurer nennen, sind grausame Individuen aus einer anderen Welt. Sie sind auf der ständigen Suche nach neuen Opfern für ihre dunkle Gottheit Exp, die sie dafür mit immer stärkeren Fähigkeiten und Kräften ausstattet."
~Shadow is a man who never loses his virginity - because he never loses.~
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