"Den Käfern dienen."
Die Elfe ließ ihre Fingerspitzen im Gehen über die rauhe Steinwand der Gebäude neben ihr fahren. Sie fühlte die Berührung, fühlte den rauhen Stein. Es fühlte sich gut an, etwas zu fühlen. Sie wusste nicht mehr, was sie fühlte. Hatte sie den rauhen Stein denn schon einmal gefühlt? Nein, das hatte sie noch nie, dachte sie bei sich. Sie würde sich gewiss daran, erinnern, wenn sie schon einmal mit ihren Händen Stein berührt hätte. Er fühlte sich so schön an. So angenehm.
"Den Käfern dienen."
Sie hielt inne und fasste sich an die Stirn. Das Geräusch hörte sie nicht, aber sie spürte, dass die Käfer in ihrem Körper und in ihrem Kopf weiter wuchsen und frassen. Sie wusste nicht mehr, wie lang die Käfer schon da waren. Sicher war es eine Ewigkeit. Die Käfer sind solange da, solange sie denken kann. Es ist ihre Aufgabe, ihre Pflicht, die Käfer in ihr reifen und wachsen zu lassen. Dafür zu sorgen, dass die Käfer glücklich sind, denn dann war auch sie glücklich. Dann durfte sie fühlen. Für Momente. Ihr Blick wanderte zu der steinernen Mauer zu ihrer linken Seite.
"Den Käfern dienen."
Was sah sie da eigentlich an? Sie kannte das nicht. Stein ist es, hörte sie die Käfer in ihrem Kopf. Wenn die Käfer es sagen, dann war es die Wahrheit. Die Käfer sagten immer die Wahrheit. Sie waren schließlich ihre einzigen Freunde. Oder gab es noch andere Freunde? Sie konnte sich nicht daran erinnern. Als sie es versuchte, spürte sie erneut einen stechenden Schmerz in ihrem Kopf. Nein. Nein. Sie hatte sicher keine Freunde. Wenn sie Freunde hätte, dann würden die Käfer sie daran erinnern. Sie darauf aufmerksam machen. Zulassen, dass sie sich daran erinnert. Sie blickte wieder die Steinwand an. Ob sie sie berühren dürfte? Viellicht würden die Käfer es erlauben. Sie würde gerne in sich aufnehmen, wie diese Wand sich anfühlt.
"Den Käfern dienen."
Die Elfe ließ ihre Fingerspitzen im Gehen über die rauhe Steinwand der Gebäude neben ihr fahren. Sie fühlte die Berührung, fühlte den rauhen Stein. Es fühlte sich gut an, etwas zu fühlen. Sie wusste nicht mehr, was sie fühlte. Hatte sie den rauhen Stein denn schon einmal gefühlt? Nein, das hatte sie noch nie, dachte sie bei sich. Sie würde sich gewiss daran, erinnern, wenn sie schon einmal mit ihren Händen Stein berührt hätte. Er fühlte sich so schön an. So angenehm.
"Den Käfern dienen."
Sie hob den Blick aus ihrem gesunden Auge. Sie hatte nur noch eines. Das andere haben die Käfer gefressen, als sie in sie eingedrungen sind. Aber das war gut so. Die Käfer waren schließlich ihre einzigen Freunde. Sie brauchten etwas zu essen und sie hatte ja zwei Augen. Also konnte sie eines entbehren. Was sie jetzt jedoch aus dem gesunden Auge sah, gefiel ihr nicht. Da waren zwei Männer. Wachmänner, die der Stadt Tiefwasser dienten. Zumindest sagten das die Käfer. Die Käfer sagten, diese Männer sind jetzt Feinde. Sie bekam Angst. Sie ahnte instinktiv, dass die Käfer ganz böse werden, wenn sie Feinde sahen. Sie hoffte, dass es schnell gehen würde. Nicht, dass sie es schon einmal mitbekommen hätte. Sie ahnte es nur.
"Den Käfern dienen."
Die Elfe blickte auf ihre Hände, die nun voller Blut waren. Sie blinzelte schnell, mit dem gesunden Auge. Da waren zwei tote Menschen auf dem Boden! Zwei Wachmänner aus Tiefwasser. Zumindest sagten das die Käfer. Die Elfe hatte beide noch nie zuvor gesehen. Rasch ging sie in die Hocke, versuchte die Blutung des einen Wachmannes zu stoppen, der sie nur mit ersticktem Gurgeln als Monster bezeichnete, mit zitternden Lippen. Das war nicht nett. Warum sagte er so etwas gemeines zu ihr? Die Käfer beruhigten sie jedoch rasch. Das war gut. Die Käfer waren ihre Freunde. Die Käfer erklärten ihr, dass das ein böser Mann war. Dennoch hätte sie ihm gern geholfen. Auch böse Menschen sollten nicht einfach verbluten. Aber die Käfer erlaubten es nicht.
"Den Käfern dienen."
Sie blickte auf ihre Hände und erschrak, als diese voller Blut waren. Hatte sie sich verletzt? Nein, es war alles in Ordnung. Sie fühlte keine Schmerzen. Die Käfer sagten ihr, dass sie keine Schmerzen fühlten. Und die Käfer hatten immer Recht. Sie waren so gut zu ihr. Immer für sie da. Und als Gegenleistung wollten sie nur ein Auge fressen und in ihrem Körper und Gehirn wohnen. Das war nur gerecht. Die Käfer brauchten ja ein Zuhause. Sie wusch sich ihre Hände vorsichtig an einem der kleinen Springbrunnen ab, die es in dieser Stadt zuhauf gab. Tiefwasser nannten die Käfer die Stadt. Eine schöne Stadt. Aber sie hatte hier eine Aufgabe zu erfüllen.
"Den Käfern dienen."
Wo war sie eigentlich? Ah, sie war in Tiefwasser. Das sagten ihr die Käfer. Wie schön, dass die Käfer immer für sie da waren. Aber was machten sie denn eigentlich hier? Einen Jungen suchen? Sie verstand nicht. Welchen Jungen suchte sie denn? Hoffentlich konnten die Käfer es ihr sagen. Es wäre ihr peinlich gewesen, wenn sie den Käfern sagen musste, dass sie es vergessen hat. Sie war nämlich recht klug, sie vergisst fast nie etwas. So wie ihre Freundin Ameng. Die vergisst auch nie etwas. Sie wusste nicht, warum sie gerade an Ameng denken musste. Wer war eigentlich Ameng? Ah, sie kannte Ameng von der Schule. Sie hatte zusammen mit ihr gelernt. Ameng und sie waren immer die Klassenbesten. Wie klug die Käfer doch waren. Und wie nett, sie daran zu erinnern.
"Den Käfern dienen."
Sie blickte zu dem großen Anwesen auf. Ob sie nun am Ziel war? Sie war sich nicht sicher, in welcher Stadt sie sich überhaupt befand. Aber die Käfer wussten es sicher. Ja, sie erinnerte sich, als die Käfer es ihr erklärten. Sie suchten nach dem einem Jungen. Es war schwierig gewesen, ihn zu finden. Zuerst hatten sie diesen einen Mann verhört, dann einen anderen und dann wieder einen anderen. Zumindest sagten die Käfer das. Obgleich es der Elfe für einen Moment lang so war, als könne sie immer noch die Schreie der Männer hören, wusste sie, dass sie bei dem Verhör nicht anwesend war. Sie konnte keinem Lebewesen Schaden zufügen. Sie hätte diesen Männern nie die grausamen Dinge angetan, die vor ihrem inneren Auge auffunkelten. Nie, nie, Nie!
"Den Käfern dienen."
Sie atmete tief durch. Woran hatte sie gerade gedacht? Sie wusste es nicht mehr, aber das war auch nicht wichtig. Die Käfer waren aufgeregt. Herrje, sie befanden sich mitten in einer wichtigen Mission und sie musste ihren Teil beitragen! Sonst würden bestimmt schlimme Dinge passieren. Wenn die Käfer nämlich sagen, dass etwas erledigt werden muss, dann ist es immer wichtig. Erschrocken hielt sie ihre Hände an den Mund. Hatte sie die Mission vergessen? Das konnte nicht sein. Sie war doch klug. So intelligent. Sie vergaß nie etwas, so wie ihre damalige Mitschülerin. Wenn sie sich nur noch an den Namen erinnern könnte. Wer war das noch gleich?
"Den Käfern dienen."
Die Elfe hob ihre Hand und klopfte an die Türe des Anwesens. Die Käfer sagten, dass sie das machen muss. Also war es sicher wichtig. Sie wollte den Käfern gegenüber nicht zugeben, dass sie verduselt hatte, worum es eigentlich ging. Die Käfer würden sie sonst vielleicht auslachen. Obgleich, nein. Das würden die Käfer nicht. Die Käfer waren ihre Freunde. Die Türe wurde geöffnet, von einem Mann. Sie senkte die Lippen. Sie wusste, dass dieser Mann jetzt sterben muss. Hoffentlich würden die Käfer ihm nicht zu sehr wehtun.
"Den Käfern dienen."
Langsam stieg sie über die Leiche des Mannes hinweg. Wer ihn wohl getötet hat? Hoffentlich war es schnell gegangen. Aber sie bezweifelte es. Er sah schlimm aus. Was für ein Monster konnte nur zu so etwas fähig sein? Die Käfer mahnten sie schnell zur Ruhe. Und sie hatten Recht. Sie musste sich konzentrieren. Rasch bewegte sie sich die Stufen hinauf, dort standen zwei weitere Männer. Haben sie den Mann dort unten umgebracht? Sie schrien sie an, bezeichneten sie als Monster. Warum sagten sie so etwas fieses zu ihr?! Ihre Hände huschten an ihren Kopf. Sie fühlte Schmerzen. Die Käfer waren wütend. Jetzt würden sie grausam werden.
"Den Käfern dienen."
Ihre blutbeschmierten Hände öffneten die Türe. Sie waren schon wieder blutverschmiert. Wieder? Wann waren sie das denn zuvor gewesen? Eigentlich nie. Sicher war das ein Irrtum. Aber was dachte sie sich denn? Es gab doch eine Mission zu erfüllen. Sie blickte aus ihrem gesunden Auge zu dem Jungen, der sich ängstlich in die Ecke drückte, die kleine Klinge in der Hand angehoben und hastig etwas von seinem Vater stammelnd. Der arme Junge, wovor hatte er denn nur solche Angst? Sie wollte ihn rasch in die Arme nehmen. Sicher könnte sie ihn beschützen. Sie fragte ihn nach seinem Namen. Doch er antwortete nicht. Stattdessen taten es die Käfer, so sprach sie den Namen dann aus. Und weitere Worte verließen ihre Lippen, die sie nicht verstand.
"Hallo Falck. Ich bin Devon."
Sie hatte dem Jungen die kleine Klinge rasch aus der Hand gerissen und ihn nun am Hals gepackt, es war zu seinem Besten. Er war bestimmt verstört, weil hier alle tot waren, das ist ja verständlich. Da hätte sie selbst auch Angst. Wenn alle sterben würden, in einem Haus, in dem sie versteckt wird. Wurde der Junge versteckt? Sie war sich nicht sicher. Wie hieß er eigentlich? Ah, er hieß Falck, meinten zumindest die Käfer. Jetzt war ihr auch klar, warum er eigentlich soviel Angst hatte. Er hatte keine Käfer in sich, also war er ganz allein. Sie wollte ihm helfen. Mit ihrem Daumen zog sie das untere Lid des rechten Auges des Jungen hinunter und mit dem Zeigefinger das obere Lid hinauf. Wenn die Käfer erst in ihm sind, würde er glücklich sein. So wie sie.
"Den Käfern dienen."
Was machte sie hier eigentlich? Wo war sie und warum schrie dieser Junge so, warum schlug er nach ihr, wehrte sich gegen ihren Griff? Sie war sich überhaupt nicht sicher, ob sie hier sein sollte. Aber sie hielt den Jungen gut fest, die Käfer wollten es. Und die Käfer waren ja ihre Freunde. Ihre einzigen Freunde. Das wusste sie. Sie war schließlich recht klug. Obgleich sie sich nicht mehr daran erinnerte, jemals auf eine Schule gegangen zu sein. Aber irgendwas wird sie wohl irgendwann einmal gelernt haben. Sie beobachtete langsam, wie die Käfer über ihre Hände zu dem Auge des Jungen krabbelten. Bald würde er verstehen. Bald würde er vollkommen sein.
"Den Käfern dienen."
An ihrem Körper war soviel Blut. Wo war sie denn jetzt? Sie blickte entsetzt an sich hinab. Ob die Käfer wohl eine Antwort hatten? Sie war sich nicht sicher. Sie war ja nicht sehr klug, das wusste sie. Die Käfer hatten ihr das erklärt. Elfen sind nie besonders klug, vor allem Sonnenelfen nicht, aber erst Recht sie nicht. Deshalb waren die Käfer ja zu ihr gekommen, damit sie schlau wird und besser denken kann. Sie war den Käfern so dankbar. Hoffentlich würden die Käfer sie nie verlassen. Nie einen anderen Körper suchen, in dem sie leben können. Nein, bestimmt würden sie das nicht. Die Käfer waren ja ihre Freunde. Sie blickte zu der Hauswand. Woraus diese wohl war?
"Den Käfern dienen."
Die Elfe ließ ihre Fingerspitzen im Gehen über die rauhe Steinwand der Gebäude neben ihr fahren. Sie fühlte die Berührung, fühlte den rauhen Stein. Es fühlte sich gut an, etwas zu fühlen. Sie wusste nicht mehr, was sie fühlte. Hatte sie den rauhen Stein denn schon einmal gefühlt? Nein, das hatte sie noch nie, dachte sie bei sich. Sie würde sich gewiss daran, erinnern, wenn sie schon einmal mit ihren Händen Stein berührt hätte. Er fühlte sich so schön an. So angenehm.
_________________ ~"This ist my battle. This is my battleship."~
"Jene, die sich Abenteurer nennen, sind grausame Individuen aus einer anderen Welt. Sie sind auf der ständigen Suche nach neuen Opfern für ihre dunkle Gottheit Exp, die sie dafür mit immer stärkeren Fähigkeiten und Kräften ausstattet."
~Shadow is a man who never loses his virginity - because he never loses.~
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