Der Stieglitz kündigt Regen an, dachte Jilare und schaute instinktiv gen Himmel.
Keine Wolke zu sehen.
Im Gebüsch rumorten Vögel und der Stieglitz ließ sein „didudit“ besonders kräftig ertönen.
Er kündigt immer Regen an und schaden wird das nicht.
Alle paar Augenblicke trillerten, zwitscherten, piepsten und sangen auch andere kleine Vögel hingebungsvoll.
Die Hänge der Schlucht waren mit dichtem Gestrüpp von Brombeeren, Himbeeren und Johannisbeeren überwuchert. Ein traumhafter Ort zum Brüten und zum Fressen; es war also kein Wunder, dass es dort von Vögeln wimmelte.
Der Niewinterwald versprach wie immer eine gute Jagd. Die Stelle zwischen den Schluchten, die Jilare gewählt hatte war verheißungsvoll – gerade was die überreiche Tierwelt dieses mystischen Waldes anging.
Menschen, Orks und andere Jäger denen es nach Pelz und Fleisch war, wurden hier ziemlich schnell selbst zur Beute.
Der Niewinterwald war voller Magie und Geheimnissen – die einheimischen Dörfler fürchteten sich vor seinen Tiefen und das zurecht – das hatte Jilare einst am eigenen Leib erfahren.
An Tieren jedenfalls mangelte es nicht. Aber sie mochte die Ansitzjagd nicht. Seit zwei Stunden schon saß sie im Gebüsch und war noch nicht zum Schuss gekommen.
Doch die Bedingungen waren schlecht für eine Jagd aus der Bewegung. Der Boden war von monatelanger Trockenheit ausgedörrt und bedeckt mit trockenem Laub und Ästen – jeder Schritt knackte und so versprach nur regloses Verharren im Hinterhalt Erfolg und Beute.

Auf dem Bogenhorn ließ sich ein gelbblauer Schmetterling nieder. Während sie zusah, wie er die Flügelchen auf- und zuklappte, betrachtete sie zugleich ihren Bogen.
Sie hatte ihn noch nicht lange und freute sich noch immer über seinen Anblick. Stolz war ein anderer Aspekt der sie dabei ergriff.
Sie war eine leidenschaftliche Bogenschützin und liebte eine gute Waffe.
Und die, die sie in der Hand hielt war eine besonders gute Waffe. Ein Elfenbogen.
Die Waldelfensippe die in den tiefen Teilen des Waldes hauste, die sie inzwischen Schwester nannte und ihr einen neuen Namen gegeben hatte, hatte ihr auch diesen Bogen verliehen.
Sie hatte schon viele Bögen in den Händen gehabt. Gelernt hatte sie das Schießen mit einem gewöhnlichen Ulmenholzbogen – das hatte sie schnell aufgegeben, als sie das erste Mal einen Kompositbogen in die Hand bekam. Die Elfen benutzten solche Bögen. Sie waren kürzer und leichter – handlicher und um ein vielfaches schneller. Ein auf dieser Tiersehne abgeschossener Pfeil erreichte das Ziel in viel kürzerer Zeit und auf einer flacheren Flugbahn, was den Schuss sicherer machte.

Seit Mondläufen schon war sie immer wieder um dieses Meisterhandwerksstück vom Bogenmacher Bael’tae geschlichen.
Obwohl der Bogen nicht allzu lang war, steckte in seinen Kompositarmen eine ordentliche Wucht.
Auf zweihundert Schritt konnte sie damit noch einen Hirsch erlegen. Durch einen Menschen ohne Rüstung ginge der Pfeil glatt durch. Einem Ork konnte sie damit ebenfalls tüchtig das Fürchten lehren.
Endlich, als sie der Waldelfensippe vor wenigen Monden half eine Gruppe Harpyien zu erledigen hatte man ihr diese schöne Waffe zum Geschenk gemacht.
Der Schmetterling flog fort. Noch immer war Jilare nichts vor den Bogen gekommen.
Sie lehnte die Schulter an den Eichenstamm neben sich und hing weiter ihren Gedanken nach.

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Charaktere:
Aleney Gard
'Once there was only dark. If you ask me, the light's winning.'