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 Betreff des Beitrags: [RP] simulacrum exsanguis
BeitragVerfasst: Do 30. Jul 2015, 11:27 
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Der Frater saß im Schneidersitz auf dem rauhen, kalten Stein, drehte das kleine Messer in den Fingern und betrachtete es mit kritischem Blick. In der opsidianschwarzen Klinge spiegelte sich die letzte der Kerzen und wandelte ihr honigfarbenes Strahlen in mattgraues Flackern. Dem Messer wohnte nichts inne, was es von anderen unterscheiden würde, keine Magie oder auch nur eine erwähnenswerte Kunstfertigkeit. Es war geschaffen um zu dienen, sinnleer, ohne Bestimmung oder Widerspruch. Und dennoch entzündete sich gerade an ihm eine Irritation, die den Frater veranlasste, nach getaner Arbeit noch eine Weile zu verharren. Diese störende Verunreinigung faserte wie ein Schwall Blut in einem Wasserglas durch seine Gedanken.

Er wusste aus der Vergangenheit, dass man diese hemmenden und lähmenden Schübe bei anderen Lebewesen vage als "schlechtes Gewissen" umschreiben konnte. Eine Unannehmlichkeit, vergleichbar mit einer "necrotischen Sepsis" oder einem "eiternden Abszess". Etwas, ein Umstand, mit dem man sich frühzeitig auseinander setzen musste, sonst würde er durch eigenständiges Wachstum mehr Bedeutung erlangen, als ihm eigentlich zustand.

Was hatte der fleißige Schmied sich nur dabei gedacht? Was ging in seinem, von handwerklichem Geschick prall gefüllten Kopf nur vor, als er eben dieses kleine Messer schuf? Die Schärfe dieses schnöden Werkzeugs mochte dazu geschaffen sein, zu schneiden, sicher. Doch wo das schlichte Gemüt am Ende seiner Weisheit und Überlegungen angekommen sein mag, trennen sich die Wege und man unterwirft sich der Egozentrik der Götter. Denn was schneidet man damit? Erst die schneidende Hand unterwirft sich einem moralischen Wertekanon, nicht das Messer. Ob es nun das Brot oder die Kehle ist, das Messer tut schlicht das, was es am Besten kann. Ein Gemenge aus Legierung, Horn und Leder, geschaffen in der heißen Weißglut und aus dem salzigen Schweiß saurer Muskeln. Nichts in all dem, was es zu bedenken oder zu bedauern gäbe. Ob es nun benutzt wird, um ein Herz in den Baum zu schnitzen oder das Herz aus dem Sternum zu schälen, ist sowohl dem Messer, wie auch seinem Schöpfer reichlich egal.

Der Blick des Fraters wanderte zu der Pergamentrolle. Erlesene Komponenten, all seine Kunstfertigkeit, seine Lobpreisungen und arbeitsreiche Stunden steckten in diesem klerikalen Meisterwerk. Der Auftrag war kostspielig und aufwendig, somit war die Macht, die nun in diesem Stück Haut darauf wartete entfesselt zu werden ... nicht ohne Folgen. Es war ihm völlig egal, wer in den zweifelhaften Genuss dieser Macht kommen würde, welche moralischen Bedenken, Begründungen und Ausflüchte der Käufer haben mochte. Der gesegnete Empfänger, offensichtlich der ärgste Feind des Auftraggebers, tat ihm in gewisser Weise leid ... aber eher weil dieser nie erfahren wird, wem er seinen Dank für dieses erheiternde Meisterwerk schuldet. Er war nur der Schmied, der diese Klinge schuf.

Der Frater sprang leichtfüßig vom Katafalk, steckte das Messer in die Scheide und räumte summend die unzähligen Utensilien zusammen. Sorgsam barg er das Pergament in das samtige Innere der Rolle und schraubte vorsichtig den Deckel zu. Ein Hauch und die letzte Kerze verlosch in der pechschwarzen Finsternis.

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Frater Armitage
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 Betreff des Beitrags: Re: [RP] simulacrum exsanguis
BeitragVerfasst: Mo 10. Aug 2015, 17:57 
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Der Frater fuhr liebevoll mit seinen dürren Fingern über die beinernen Konturen des kleinen Reisealtars, abgewetzt von tausendfacher Benutzung, Zeuge Äonen füllender Anbetungen und inbrünstiger Lobpreisungen. Durchtränkt von sakraler Energie, nahmen die Sinne des Fraters den kleinen Kasten mit jeder Faser wahr, wie ein schwarzes Loch in einer lichtlosen Höhle. Es mochte kein Schatz sein, nicht wertvoll, noch magisch, dennoch war es eine liebgewonnene Reliquie, ein Fanal seines Glaubens. Er hatte ihn aus seinem dunklen Versteck geholt um sich zu besinnen, sich zu festigen. Mannigfaltig, verführerisch, verlockend sind stets die Angebote, die versuchen einen Mann der Hingabe vom rechten Weg abzubringen. So auch dieses.

Keine Sekunde hatte er zwar daran gedacht seinen leisen, geruhsamen Lebensweg aufzugeben, der ihn durch die samtweichen Schatten trug. Zu weit war er gegangen, zu viel erreicht und zuviel vom Leben hinter sich gelassen, welches die Götter den Sterblichen aufzwangen, als das er nun straucheln würde. Dennoch war das Angebot schmeichelhaft.

Über ihm regte sich die schrille, laute, grelle Stadt mit ihren glänzenden Rüstungen, lauten Liedern, sinnleeren Worten und nutzlosen Mühen. Täglich wurden hunderte Ideen geboren, wie hunderte rosa zuckende und sabbernde Kinder, das Licht erblickten. Nur, um wie Alles von dem Augenblick an zu zerfallen, zu verwesen und zu vegehen, von dem aus es dem zersetzenden Licht ausgesetzt war....
Von der Sekunde des Werdens an, starb es schon. Alles, jeder, immer ... auf ewig.

Was wäre ein gefallener Priester wert? Für wen hätte er überhaupt einen Wert? Wer einmal seinen Glauben und seine Hingabe wechselt, dem traut man nie wieder. Er könnte es wieder und wieder tun. Nur gelebte Reinheit und Treue kann als Beweis bestehen, jedoch keine noch so beteuernden Worte. Was wäre Lohn und was wäre Strafe? Der Verlassene würde sich furchtbar Rächen, aus gekränktem Stolz und als Exempel für mögliche Nachahmer. Die Belohnung? Schutz vor gekränktem Stolz und Schutz vor dem Statuieren eines Exempels?

Der Frater seufzte wohlig, die schönsten und fundamentalsten Anklagen ergeben sich immer aus einer Position der reinsten Moral. Jemand und sei es eine Gottheit, die das absolute NICHTS wollte, konnte auch nichts WOLLEN oder gar BIETEN, was im Nichts dauerhaft Bestand hätte.
Sonst wäre es ja nicht ... Nichts.

Er liebte die Schwärze, die Schatten, das kühle leise Nichts der Schatten, die starken schwarzen Schwingen der Nacht. Er war ein treuer, unerschütterlicher Diener. Er wollte in SEINER Nacht existieren, leben, genießen ... auf ewig.

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Zuletzt geändert von DonQ am Do 10. Mär 2016, 09:09, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: [RP] simulacrum exsanguis
BeitragVerfasst: Do 12. Nov 2015, 10:18 
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Mit einem dumpfen Poltern schlug der Frater seiner Länge nach auf den Dielenboden, wie ein gefällter Baum. Jeder Muskel protestierte in schrillem, grellen Schmerz gegen den Sauerstoffmangel und versagte bei der geringsten Belastung seinen wohlfeilen Dienst. Der Schmerz war herrlich, er fraß sich wie schwarze Säure durch jede Faser seines Fleisches, ließ ihn jubilieren und jauchzen. Er fühlte sich schwach, leer und ausgelaugt. Er war dem Tode so nahe, zum Greifen nahe, dass er ihn sehen konnte, wie einen Drachenhort hinter einem rauchigen Schleier. So nahe der ewigen Geborgenheit und seiner schwarzen, seidenweichen, eiseskalten Umarmung, die ihn umfangen würde wie frisch gefallener Schnee.

Der Frater wälzte sich mit einem Stöhnen aus seinen rissigen, blauen, staubtrockenen Lippen auf den Rücken. Noch nicht. Gnadenlos, unbarmherzig und hämisch waren die ihm auferlegten Bürden göttlicher Fügung. Wieder musste er warten, bis er endlich die so inbrünstig ersehnten Früchte seines hingebungsvollen Seins in vollen Zügen genießen durfte. Dennoch war er reich bedacht worden, ER hatte ihm ein göttliches, fürstliches Geschenk offenbart, ein unfassbar kostbares Geschenk. Eine Gnade wurde ihm zuteil, die er nicht mehr erhofft hatte. Wieder nahm das Leben eine Wendung, die ihn nun zutiefst dankbar machte.

DURST ... seine Verstand jaulte auf ... DURST ... sentimentales, weibisches Gefasel ... DURST

Seine Gier explodierte in rasender Wut, als die wiederwärtige Schwäche menschlicher Existenz die Grenze des Machbaren zog. Aus den rot-schwarzen Schlieren seines Denkens hob sich mühsam der Verstand ans Licht, wie sich ebenso mit ihm, der blasse Schädel des Fraters hob. Gemeinsam blickten beide auf die anmaßenden Fesseln, die ihm von den schlichten und lichten Göttern, trübsinnig grämender Kleingeister auferlegt wurden, in dem kläglichen Versuch, ihn an seiner Entfaltung zu hindern.

Irritiert blickte er auf die Schlaufe in der Bettdecke, die seinen Fuß umschlang und diesen dort oben an der Bettkante festhielt, wie eine weiße Made mit der Kraft einer Bärenfalle. Seit wann hatte er weiße Bettwäsche? Wie geschmacklos unpassend .......

Mit konvulsivem Zucken seiner ausgelaugten Muskeln barg er seinen Fuß aus Beshabas rankendem Lächeln und drehte sich auf alle vier Gliedmaße. Der Durst zog ihn vorran, Hand um Hand, die Gier schob ihn vorran, Fuß um Fuß. So arbeitete er sich zu dem Versteck und den darin verborgenen Phiolen. Da seine schwachen, zittrigen Finger den saugenden Wiederstand des wachsversiegelten Korkens nicht überwinden konnten, zerschlug er den Hals der bauchigen Phiole mit einem wütenden Schnauben kurzerhand am Tischbein. Mit beiden Händen hob er das kostbare Nass über sein Gesicht und ließ es unter gurgelndem, ekstatischem Stöhnen und wenig Etikette in seinen weit aufgerissenen Mund und Schlund fließen. Obschon die konservierenden Substanzen dem Bouquet erheblich schadeten, entfaltete das gottgefällige Ambrosia dennoch seine volle Kraft und Wirkung.

Der Schwindel in seinem kahlen Schädel schwand sanft dahin, wie die Wellen auf der windlosen Oberfläche eines schwarzen Höhlensees. Stille kehrte ein im Kanon der singenden Schmerzen und erstarb langsam, wie das Gekreische einer erdrosselten Diva. Es gab nun einiges zu tun, alte Pläne mussten überarbeitet werden, neue Pläne zu Grabe getragen werden, eine Jagd hatte begonnen und SEINE Fürstin rief zur Heerfolge ihres Ritters. Neue Kraft in seinen Gliedern ließ ihn sich erheben und zur Tür streben. Er riss die Tür auf und sog die kühle Morgenluft in seine Lungen, im Sturzflug wollte der Rabe sich auf das unwürdige Aas werfen, welches durch ihren Wink, die Berechtigung zur Existenz verwirkt hatte.

Der schwarze Mönch blickte an sich hinab und grinste als er sah, wie sich die, im Sonnenlicht glitzernden, dünnen Rinnsale seines Mahls, an den halb verschorften Wunden der Nacht, auf seinem entblößten Leib vielfach gabelten und kleine Tropfen um seine nackten Füße, bleierne Seen bildeten.

Behutsam schloss er die Tür wieder.
Ein Bad und etwas Kleidung würde dem Anfang einer neuen Ära sicher gut zu Gesicht stehen.

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