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 Betreff des Beitrags: [RP] vivisectio
BeitragVerfasst: Mi 25. Nov 2015, 23:01 
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Registriert: So 28. Dez 2008, 00:52
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Des Fraters wundervolle Schöpfung wankte behäbig, Schritt um Schritt unter der schweren, hölzernen Bürde. Das Gewicht der Kiste würde jeden normalen Menschen in die Knie zwingen und ihn am schieren Gewicht der Last kläglich scheitern lassen. Die schattengeborene Kraft dieser Muskeln jedoch, schlurfte langsam durch das schummrige Halbdunkel im Lazarett und wuchtete die klappbare Lade ohne Klage und Lamento ihrem Bestimmungsort entgegen.

Der schwarze Mönch derweil, mit halbem Ohr dem Klang der Schritte folgend, wippte vergnügt auf den Hinterbeinen eines Stuhls. Seine Beine ruhten auf der abgewetzten Tischkante und bildeten eine schräge Ablage für den alten, ledergebundenen Folianten. Oben auf der Tischplatte, im samtweichen Licht des silbernen Kandelabers, harrten ein schwerer Rotwein und eine Platte mit äußerst frischem und saftigem Carpaccio auf ihr gemeinsames Schicksal. Bedächtig blätterte er die nächste Seite im großen "Almanach der Xenomorphen Anatomie" um. Es war der Teilband "intelligente und annähernd intelligente Humanoide" , Kapitel XII. Hier, gleich nach den Eladrin, begann der Abschnitt den er suchte. Die wabernden Kerzen beschienen die Seiten, Texte und wundervollen Detailzeichnungen mit ihrem honigfarbenen Licht. Das Zucken der kleinen Flammen, ließ die filigranen Gestalten aus Tusche einen wiegenden Tanz auf dem Pergament vollführen und beschien wohlwollend ihre Abartigkeiten, Besonderheiten und zu Fleisch gewordenen Abnormitäten. Sie warfen ihr zartes Licht in offene Schädel, klaffende, weit aufgerissene Wunden, auf wirbelnde Explosionszeichnungen innerer und verborgener Organe, zart schraffierte Muskelstränge und entleibte Knochenstrukturen.

Eine fein gerollte, lichtdurchlässige Scheibe des köstlichen Rohschnitts fand ihren Weg von der Platte auf dem Tisch in den suchenden Mund des Fraters. Die Finger einzelnd und genüsslich ablutschend, bemühte er sich ein Zusammenfinden der kostbaren Flüssigkeit mit der kunstfertigen Seite zu vermeiden. Genießerisch kauend entfaltete sich der süßlich, metallische Geschmack und stand in herrlicher Dissonanz zu dem herben, erdigen Wein.

Ah da ... Der Frater schlitzte die Augen um jeden noch so feinen Tuschestrich zu erfassen. Dort schien das Kerzenlicht in die dürre Bauchhöhle und leuchtete die ewig dunklen und verborgenen Winkel aus. Hier die Stränge, da die Sehnen, Gefäße ... ein paar lachhaft zarte Muskeln. Der Frater lächelte seelig, der Fokus seines Interesses war kaum Faust groß, geradezu winzig. Sicher ein wenig kompliziert im Aufbau, aber auch nicht aufwendiger als ein Fuß oder eine Hand. Ein ferner, dumpfer Aufprall wurde von einem wenig beschäftigten Teil seines Gehirns als das Absetzen der schweren Kiste registriert und vermischte sich leise verhallend mit den anderen Geräuschen der Umgebung ohne sein Sinnen vom fesselnden Inhalt des Buches zu lösen.

Der Frater wippelte auf den Stuhlbeinen vor und zurück um seine Gedanken kreisen zu lassen. Warum nochmal, um Alles in den lichtlosen Schatten dieser Welt, sollte er das tun? Wofür? Ausgerechnet er? Ein weiterer Blick auf die schöne Zeichnung der offenen Bauchhöhle, ließ herrliche Möglichkeiten in der schwarzen Leere seines Verstandes nach oben treiben. Wie die aufgequollenen Gesichter entstellter Wasserleichen, die an die gefrorene Oberfläche eines Sees drückten, nur um dann langsam wieder in der schwarzen Finsterniss zu versinken.

Säure, er könnte den Bauchraum mit Säure füllen. Nein, oder Maden, eine Handvoll Eier, die sich im Laufe der Zeit durch das Fleisch und die Organe fraßen, nur um dann fett und in herrlich kontrastreichem Weiß durch die Haut zu brechen. Nein, das wäre zu kurzfristig gedacht, der Tod stellt nur für wenige eine ausreichende Strafe dar. Es musste darüber hinaus reichen. Er dachte an die Kraft der Nekrotischen Zyste, die nicht nur das Leben aus dem Fleisch entzog, durch das sie sich fraß, nein sondern es auch noch langsam durch schwarze Energie ersetzte.

Durch die finsteren Katakomben seines Verstandes rang eine schrille Alarmglocke. Weit entfernt, kaum hörbar und mehr einer Ahnung gleich. Es war nichts und eben dies schien seine Sinne zu alarmieren und aus den wohligen Wunschträumen zu zerren. Er hörte ... nichts. Das alarmierende Fehlen jedweden Geräusches, passte nicht zu der geplanten und in die Zukunft projizierten Situation. Bedauernd ließ er das Bild des schwarzen Zombies aus seinem Verstand gleiten und in die wogenden, kalten Fluten zurück sinken, in die sich die windende Gestalt in suizidaler Absicht selber geworfen hatte.

Der Frater blickte auf. Seit geraumer Zeit nun schienen die Schritte seines Dieners verklungen zu sein. Er hatte zwar das Abstellen der Kiste vernommen, aber seit dem war Stille eingekehrt. Keine Schritte, keine Bewegung. Seufzend klappte der Frater das Buch zu und erhob sich. Was hielt seinen, an Wiederspruch sonst so armen Diener von seiner gottgegebenen Arbeit ab? Ein kurzer Blick um die Ecke zerrte schonungslos die erheiternde Groteske ans Licht. Stumm und nicht minder ergeben mühte sich der Diener vom Fleck zu kommen. Seine Füße, auf denen die Last zu liegen kam, waren von der schweren Kiste zu blutigen Klumpen zermalmt und wie in einem Schraubstock eingeklemmt worden. Der Befehl war gewissenhaft ausgeführt worden, die nächste Kiste stünde eigentlich parat um der Ersten zu folgen. Doch war der Kreatur nicht genug Intelligenz gegeben, sich und ihr Tun an die veränderte Situation anzupassen. Die hemmende Last einfach wieder anzuheben und sich somit der bereits erfolgreichen Ausführung seines Befehls zu wiedersetzen, schien außerhalb ihrer Vorstellungskraft.

Also nein, keine Säure, keine Maden und auch keine Zyste. Er würde sich der neuen Situation anpassen und der überraschenden Wendung geschmeidig folgen, wie eine schwarze Katze auf der nächtlichen Jagd. Und dies war alleine dem Umstand geschuldet, dass ein Versagen seinerseits und eine durch billige Emotionen gesteuerte Rache, im Ergebnis nicht zu unterscheiden wären. Beide Wendungen des Schicksals hätten denselben Ausgang, nämlich den Tod der Patientin. Also würde er mit aller Hingabe, all' seiner Kunstfertigkeit und all' seinem Wissen daran arbeiten, den Auftrag zu erfüllen.

Der Frater wandte sich voller Häme ab von dem Anblick der Kreatur, die in stummer Verzweiflung versuchte sich aus der Situation zu befreien und griff zu Pergament und Rabenfeder.

Einen Brief galt es zu schreiben und Vorbereitungen zu treffen.

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 Betreff des Beitrags: Re: [RP] vivisectio
BeitragVerfasst: Mo 14. Dez 2015, 17:42 
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