Allmählich schien der Alltag wieder einzukehren. Gewiß, die Spuren des Krieges waren immer noch überdeutlich sichtbar. Vieles war zerstört, marodierende Banden von ehemaligen und aktuellen Feinden zogen durchs Land und auch manch ehemaliger Verbündeter oder jene, die bisher einfach nur die Füße still hielten, mochten darunter sein. Obschon die einfachen Leute nach und nach wieder in ihre Leben zurückfinden, scheint es dennoch in der Stadt zu gären. Mancher spreizt sich, versucht sich ins rechte Licht zu setzen, sogar ganze Gruppen von Leuten, die gemeinsame Ziele verfolgen, scheinen ganz offen nach der Macht zu greifen… Tara ficht das scheinbar nicht an. Seit geraumer Zeit geht sie nunmehr im Domizil des Mantels ihrer Ausbildung nach. Ohne das ständige Aufeinandertreffen bei den Übungsstunden zur Körperertüchtigung und beim Waffentraining ist wohl auch die Ablehnung, die ihr hierbei oft genug entgegengebracht wurde, auf ein erträgliches Maß gesunken. Tatsächlich lässt man sie in Ruhe, wenn sie über ihren Studien brütet, so wie sie selbst auch niemanden behelligt. Immer am entferntesten Platz von den anderen, versucht sie die Aufgaben zu bewältigen, die Saralke ihr aufgibt. Manches ist geradezu so einfach, das es schon an Langeweile grenzt. So erledigt sie die Arbeiten im Laboratorium beinahe beiläufig, während sie sich nebenher mit ihren ganz eigenen Experimenten beschäftigt. Tatsächlich lässt macht sie zuweilen absichtlich… Fehler…, um nicht permanent zu schnell fertig zu sein oder gar aus den Unterweisungen im Laboratorium herausgenommen zu werden. Manche dieser Fehler erweisen sich dann auch als recht lehrreich und interessant. Ähnlich verhält es sich bei den Lektionen in der Elementarmagie. Auch wenn sie vor jeder praktischen Übung zurückscheut, wie ein Baatezu vor einem Heiligtum, scheint ihr hier vieles einfach so zuzufallen. Mühe sieht in jedem Fall anders aus. Die Lektionen in der hohen Kunst der Mathematik und den Bereichen der Portal, Schutz und den Geist beeinflussenden Magie verfolgt sie dagegen mit größtem Interesse und einem unglaublichen Fleiß. Ein Gräuel scheint ihr dagegen die Erkenntnismagie zu sein. Nach wie vor versagt sie hierbei auf ganzer Linie, obschon sie sich nach Kräften bemüht und sich auch nicht schont. Irgendwie will sich hier kein Erfolg einstellen, was zuweilen für abfällige Bemerkungen und hämisches Gelächter sorgt, so das jemand mitbekommt. Tara scheint das jedoch nicht zu interessieren. Da es in den Schulungsräumen keinerlei Tätlichkeiten gibt, die man wohl im Gegensatz zum Trainingsgelände auch nur sehr schwer glaubhaft erklären könnte, gilt sie wohl irgendwann als nicht zu beleidigen. Einzig zu ihrer Mentorin Saralke sucht und hält sie den Kontakt, um sich Aufgaben abzuholen und erledigt wieder abzugeben und sich berichtigen und korrigieren zu lassen. Deren Lehren und Erklärungen folgt sie bereitwillig und erledigt akribisch, was ihr aufgetragen oder abverlangt wird. Einzig in persönlichen Belangen tut sie nur, was sie unbedingt muß und weicht mehr oder weniger geschickt allem aus, was darüber hinausgeht. So vergehen die Tage. Ein Pendeln zwischen dem Studium, der Arbeit im Orden und auf dem Totenacker, sowie ein wenig freier Zeit, die zumeist nach Sonnenuntergang beginnt und in der man sie des Öfteren an den Übungspuppen auf dem Turnierplatz antrifft. Irgendwann wird man wohl an sie herantreten, um sie auf die Probe zu stellen. Wenn Anara recht hat, wird es dabei wohl weniger um ihr arkanes Können, an dessen Effizienz sie keinen Zweifel hegt, als eher um andere, weit besorgniserregendere Dinge gehen. Und so lernt und übt sie wie besessen, in der Hoffnung, diese Probe, wie immer sie auch aussehen mag, zu bestehen…
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