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 Betreff des Beitrags: [RP]Beobachtung des Unmöglichen...oder sag niemals nie!
BeitragVerfasst: Sa 17. Mär 2018, 16:05 
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Registriert: Fr 16. Mai 2014, 22:37
Beiträge: 799
((Kommentare und Beteiligung sind gern gesehen und ausdrücklich erwünscht.))



Auf dem Friedhof nehmen die Dinge nach und nach wieder ihren normalen Lauf.
Die Gräber sind meistenteils wieder in den Zustand versetzt, den sie haben sollen, der Schutt der zerstörten Bauten wurde beseitigt und sogar das Gebäude, in welchem die Totengräberin gemeinhin ihre Arbeit verrichtet, wurde wieder soweit instandgesetzt, dass sie das auch tun kann.
Auch wenn die Begräbniszeremonien abseits des letzten Akts immer noch unter freiem Himmel stattfinden müssen, werden die Toten wieder ganz regulär und den Bestimmungen gemäß beigesetzt.
Wunderlich mutet da für den aufmerksamen Beobachter womöglich ein kleines Mädchen, von etwa 7 Jahren an, das einige Tage um den Totenacker herumstreicht.
Die Kleine wirkt weder verwahrlost, noch sonst irgendwie gestört. Wer die Gedenkfeier zum Abschied und zur Ehr` der Gefallenen des vergangenen Krieges beobachtete, mag das Kind als eines von jenen erkennen, welche allerorten die Namen der Toten verlasen.
Irgendwann, nach eingehender Beobachtung der örtlichen Gegebenheiten, betritt es den Totenacker und hält zielstrebig auf die Totengräberin zu. Jene wirkt davon ziemlich überrascht, ebenso wie manch Besucher des Friedhofes. Gemeinhin ist selbiger ja kein Ort für Kinder und auch diejenigen, die dort ihren Dienst verrichten beklagen sich eher selten darüber, zu viel mit den Leuten reden zu müssen…

„Sei gegrüßt! Ich habe dich gesucht…“
Ungläubig sieht Tara die Kleine an, die ob des Größenunterschieds ebenso neugierig, wie erwartungsvoll zu ihr hochsieht.
„Dann hast du dein Ziel erreicht und mich gefunden. Sei mir willkommen!“
Einen Augenblick braucht sie wohl, um diese eigentlich absurde, zumindest jedoch seltsame Situation zu erfassen, bevor sie nachsetzt: „Was willst du denn hier?“
„Na dich!“
„Mich?!?“
„Ja. Sage ich doch! Dich.“
Offenbar hat die Kleine Tara damit ziemlich verblüfft, ist jene doch tatsächlich einen Augenblick sprachlos.
„Bist du sicher, dass du wirklich… zu mir…willst? Vielleicht suchst du ja auch nach einem der Helfer hier?“
Das Mädchen zieht einen Flunsch und wirkt mit einem Mal ziemlich traurig. „Du erinnerst dich ja gar nicht mehr an mich!“ meint sie vorwurfsvoll und will sich schon wieder abwenden.
„Du bist die Kleine, die an der Weggabelung zum Markt die Namen der Toten verlas.
Und du bist jene, die einen Namen verlesen musste, den sie niemals hätte verlesen dürfen.
Ich entsinne mich sehr wohl an dich.“
Abermals wendet sich das Mädchen Tara zu, die sie dann fragt: „Doch was willst du von mir, dass du mich sogar hier draußen suchst?“
„Du warst für mich da, als ich nicht mehr weiterlesen konnte. Und du hast mir diese Dinge gesagt. Also… wo Papa jetzt ist und das er zwar weg aber irgendwie doch nicht weg ist. Das habe ich nicht so ganz verstanden aber ich habe lange darüber nachgedacht. Und ich weiß, was du am Boot gemacht hast! Das hat den meisten anderen sehr gefallen, das schöne rote Feuer…“
„Also….ehrlich gesagt….habe ich da gar nichts gemacht. Das war die Maestra.“
„Hä? Die was?“
„Die Maestra.“
„Was ist das?“
„Das ist eine Mag…Zauberin, die richtig gut zaubern kann.“ Erklärt Tara etwas säuerlich.
„Du magst sie nicht, stimmts?“
„Du bist eine aufmerksame Beobachterin, kleine Dame.“
„Ich bin keine Dame. Ich bin Selissa!“
„Es freut mich, deine Bekanntschaft zu machen, Selissa! Mich nennt man Tara Dun… ich glaube, Tara genügt.“
„Das weiß ich doch!“
„Ah ja? Woher denn?“
„Na hin und wieder hört man so Gerede über dich.“
„Was redet man denn?“
„Oooch… alles mögliche. Es heißt, du kannst auch zaubern. Sogar richtig gut. Bist du dann auch eine Mei… Me…Maestra?“
„Ich? Nein! Niemals! Das will ich auch gar nicht sein.“
„Warum denn nicht?“
„Weil…ja, weil….ach, das verstehst du noch nicht!“
Die Kleine grinst wie ein Honigkuchenpferd. „Ja, ja….immer wenn ihr Großen nicht mehr weiterwisst und uns nix sagen wollt, dann verstehen wir es noch nicht. Das ist eine gaaaaanz laaaaaangweilige Ausrede!“
„Grmpf!“
„Nun sag schon! Warum willst du keine Mei… na so eine tolle Zauberin sein?“
Ungläubig sieht Tara Melissa an, die offenbar jede Scheu und Zurückhaltung aufgegeben hat.
„Du bist mir ja Eine! Dann sage ich es dir…Ich will nicht in dem Turm wohnen, wo all die anderen Zauberer drin wohnen.“
„Warum nicht? Der Turm ist doch sehr schön! Und warm ist es auch da drin. Ich weiß das, ich war nämlich schon mal da drin.“
„Weil…na weil….“
„Weil ich das wieder mal noch nicht verstehe?“
„Bei allen Höllen!...“ Tara wirkt nunmehr ebenso von der Situation überfordert, wie angetan. „… weil ich nicht so sein will, wie die, die dort wohnen.“
„Ach so! Das ist doch ein guter Grund. Hättest du auch gleich sagen können!“
Allmählich senkt sich die Abenddämmerung über das Land.
„Du musst nun gehen. Deine Mutter wartet sicher schon auf dich und macht sich Sorgen, wo du bleibst.“
Abermals wirkt Selissa urplötzlich ziemlich traurig.
„Habe ich…etwas falsches gesagt?“
„Nein…es ist nur…Papa sagte zu Mama, sie solle mit uns schnell wegrennen bevor….“ Offenbar ist es Selissa gerade nicht möglich weiter zu sprechen.
„Ich verstehe…“
*Schnief* „…und Mama sagte mir, ich solle zur Burg rennen, zu den Soldaten dort. Dann war sie weg…“ Mit ziemlich wässrigen Augen, die gerade noch die letzten Dämme am überlaufen hindern sieht Selissa Tara an. „…ich habe Angst, sie ist auch….“ Dann brechen die Dämme und das Mädchen ist zu keinem Wort mehr fähig.
Nach einem Augenblick der Ratlosigkeit nimmt Tara sie ziemlich unbeholfen und linkisch in den Arm. Ob es genau das war, was die Kleine wollte oder ob es überhaupt weise oder gar richtig ist, erschließt sich ihr trotz umfangreichem Nachdenkens über diese Situation nicht, doch irgendwie scheint es dem Kind, welches seinerseits die Totengräberin instinktiv umarmt, wohl etwas zu helfen…
Und so bietet sich dem zufälligen Beobachter das überaus seltsame Bild einer Tara, die gemeinhin als emotionaler Eisberg gilt, die ein kleines Mädchen tröstend im Arm hält, welches offenbar die Last seiner Gefühle nicht mehr tragen kann.
Eine Weile sitzen die beiden so da. Kein Wort fällt mehr.
Die Eine, weil sie nichts mehr sagen kann und damit beschäftigt ist, die Gewandung der anderen zu durchnässen und selbige, weil sie ganz offenkundig nicht weiß, was sie sagen oder tun soll.
Die Dunkelheit ist gerade hereingebrochen, als sich diese Szene auflöst.
„Wo wohnst du denn, wenn deine Mutter noch…vermisst…wird?“
„Letzte Nacht im Waisenhaus, wo ich auch zur Schule gehe. Aber heute weiß ich es nicht…“ irgendwie erwartungsvoll sieht Selissa Tara an.
„Sowas brauchst du bei mir gar nicht erst versuchen!...“ bescheidet sie Selissa, die sich davon jedoch völlig ungerührt zeigt und mit ihrem Tun fortfährt.
Eine kleine Weile überlegt Tara.
„Was mache ich nur mit dir?“
„Kann ich nicht einfach bei dir bleiben?“ kommt die schüchterne Nachfrage des offenkundigen Begehrens.
„Ich weiß nicht, ob das eine weise Idee ist. Und du weist nicht, was du da verlangst.“

Letztlich sieht man jedoch die Totengräberin in Begleitung eines kleinen Mädchens das „Old Frankys“ aufsuchen, wo sie ein Zimmer und ein ordentliches Abendbrot auf selbiges ordert…


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 Betreff des Beitrags: Re: [RP]Beobachtung des Unmöglichen...oder sag niemals nie!
BeitragVerfasst: Mi 21. Mär 2018, 14:17 
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Registriert: Fr 16. Mai 2014, 22:37
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Die Tage kamen und gingen und irgendwie ist es beinahe normal geworden, dass nunmehr ein Kind auf dem Friedhof weilt.
Etwaige Befürchtungen ob eines unangemessenen Benehmens an diesem Ort oder gar einer Beeinträchtigung der stattfindenden Trauerzeremonien erwiesen sich jedoch als unbegründet.
Irgendwie scheint das kleine Mädchen instinktiv zu wissen, was sich schickt und was nicht. Doch vielleicht hat bei dieser Erkenntnis auch jemand nachgeholfen.
In jedem Fall geht der Alltag hier seinen gewohnten Gang…

„Nun sag schon! Was hast du denn mit all dem Zeug vor?“
Selissa hüpft aufgeregt um den Tisch herum, den heute kein Leichnam ziert.
Stattdessen liegen dünne Holzleisten, größere Pergamentbögen und dünne, doch stabil aussehende Schnüre und Fäden darauf herum.
Auch das „Werkzeug“, welches man gemeinhin hier findet, wurde offenbar ausgetauscht. Statt diverser Messer, Haken und Klemmen liegen ein kleiner Hammer und winzige Metallstifte darauf. Auch ein Topf, welcher mit einer dicklichen Brühe gefüllt ist, die nach Ei und Mehl duftet, steht dabei.
Selissa steckt ihre Nase in den Topf.
„Du willst etwas kochen. Richtig?“
Sie platzt fast vor Neugier, während Tara die Dinge zurechtlegt und mit einer Antwort auf sich warten lässt.
„Nun saaaaaaag schon!“
„Nein. Ich will nichts kochen.“
„Puh! Was für ein Glück! Ich dachte schon, du machst wieder so eine garstige Suppe, wie vorgestern.“
„Die Suppe war nicht garstig. Und sie war nicht für dich bestimmt!“
„Das weiß ich. Gekostet habe ich sie trotzdem.“ Selissa verzieht das Gesicht. „Sie war garstig. Hast du sie eigentlich aufgegessen?“
„Ähm…“ Tara zögert einen kleinen Augenblick. „…ja, das habe ich.“
„Ha! Du lügst! Du hast sie nicht aufgegessen. Das sieht ja ein Blinder mit einem Krückstock!“
„Hmpf!“
„Was hast du denn mit ihr gemacht, wenn du sie nicht gegessen hast?“
„Ich habe sie gegessen! Zumindest die Hälfte…“
Prüfend sieht Selissa Tara an, glaubt ihr dann jedoch.
„Du musst sie richtig kochen! Da muß mehr dran, damit es schmeckt. Salz, Kräuter, Zwiebeln und Knoblauch! Ein wenig Fleisch wäre auch nicht schlecht…“
„Also…die Suppe ist ja nicht für dich…“
„Die beim alten Frank schmeckt viel besser. Vielleicht sagt er dir ja, was er da rein tut?“
„Ich will nicht mehr darüber reden.“ Taras Tonfall bekommt irgendwie etwas Kaltes und Endgültiges.
„Ähm…oh…“ Selissa wendet sich rasch wieder den Gegenständen auf dem Tisch zu.
„Was wird das denn nun?“
„Ein Fluggerät.“
„Hääääh?!“
„Du hast ganz richtig gehört. Ein Fluggerät.“
„Aber das ist nur Holz…Pergament…und ein Haufen Fäden!“
„Ja. Noch. Du musst es recht zusammensetzen, dann wird es ein Fluggerät!“
„Ach so! Und das machen wir jetzt?“
„Ja.“
Vergessen sind Suppe, Fleisch und Würze. Wie man aus all dem Zeug ein Fluggerät bauen kann, ist offenkundig viel interessanter.
Und so machen sich die beiden ans Werk.
Alsbald liegt ein schmaler, doch großer, sechseckiger Holzrahmen auf dem Tisch, den Tara nach und nach mit dem Pergament bespannt, das Selissa zurechtschneidet.
„Ha! Jetzt weiß ich, was das ist! Das ist ein Drachen!“
„Ein Drachen?“
„Ja. Die Kinder, die in den Häusern an der Burg wohnen lassen so was manchmal im Herbst fliegen. Und die nennen das Drachen. Ich hatte nie einen, habe aber immer zugesehen, wie sie ihre fliegen ließen.“
„Also ich kann dir versichern, dass das kein Drachen ist. Der wird dich nicht mit Feuer bespucken.“
„Ja ja….das weiß ich doch! Dafür bist ja wohl du zuständig…“
„Was?!“
„Ähm…nichts….wichtiges…“ Selissa registriert mit deutlicher Besorgnis Taras argwöhnische Aufmerksamkeit. „…also….ähm… ich hab da wieder nur so ein Gerede gehört…“
„Gerede. So so…“
„Ja….A… aber ich glaube das nicht!“
„Was glaubst du nicht?“
„Na dass du die Leute mit Feuer beworfen hast… …hast du doch nicht, oder?“
„Ich habe es zwar nicht geworfen, aber ja. Verbrannt habe ich sie schon.“
„Sowas kannst du?“ Selissa ist ebenso schockiert, wie beeindruckt.
„Nein. Im Moment nicht. Das ist der Grund, warum ich erstmal nicht mehr zaubere.“
„Warum hast du sie denn verbrannt?“
„Weil…“ Tara überlegt kurz. „Weil ich nicht gut genug nachdachte und somit einen großen Fehler beging.“ Ganz offenkundig gefällt ihr diese Erkenntnis überhaupt nicht.
„Oooooch! Ich hab auch schon ganz oft nicht gut nachgedacht…“ Versucht Selissa sich in tröstenden Worten.
Tara schweigt zu diesem Thema, was Selissa trotz ihrer Neugier zu akzeptieren scheint.
Dann drückt sie ihr einen kleinen Pinsel in die Hand.
„Hast du schon eine Idee, was jetzt passiert?“ Fragt sie Selissa.
Diese sieht zwischen Pinsel, Topf und Drachen hin und her.
„Ha! Ich habs! Die Suppe im Topf ist zum kleben! Stimmts?“
Sichtlich zufrieden mustert Tara Selissa. „Stimmt.“
Jene macht sich daran alle Stellen, an denen sich die Pergamentbögen überlappen, mit reichlich Klebesuppe zu bestreichen.
„Was ist denn da drin?“ Selissas Neugier ist angestachelt. „Ich sehe Ei….und Mehl?!“
„Exakt. Und etwas kaltes Wasser. Das Ei und das Mehl kleben, während das Wasser dazu dient, das sich keine Klumpen bilden.“
„Was du alles weist!?“ Selissa ist sichtlich beeindruckt.
„Das kannst du auch lernen. Du musst dir die Dinge nur immer ganz genau ansehen, wie sie funktionieren und was sie machen. Dabei lernst du schon recht viel.“
Und so ist der Drachen irgendwann fertig und bekommt noch zwei leuchtend rote, etwa mannslange Bänder.
Auch wenn die ersten Versuche, jenen im Wind fliegen zu lassen in einer Bruchlandung und anschließenden Reparaturarbeiten enden, flattert irgendwann das Drachen genannte Fluggerät über der Wiese am Friedhof…


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 Betreff des Beitrags: Re: [RP]Beobachtung des Unmöglichen...oder sag niemals nie!
BeitragVerfasst: Di 10. Apr 2018, 10:30 
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„Ich will nicht!“
„Es ist nur zu deinem Besten.“
„Ich. Will. Nicht!!!“
„Was hast du dagegen, die Schneiderei wenigstens mal zu versuchen?“
„Gegen die Schneiderei habe ich nichts…“
„Warum willst du dann nicht mal hingehen und es dir ansehen?“
„Weil…na weil…“ Selissa druckst herum.
„Weil was?“
Geradezu ängstlich sie sie Tara an. „Hast du dir Pyka mal angesehen?!“
„Ja. Habe ich.“
„Und? Hast du nichts bemerkt?“
„Sie hat Narben.“
„Das..meine ich nicht.“
„Was dann?“
„Na… wie sie immer guckt!“
„Wie guckt sie denn?“
„Na…irgendwie…“ Selissa sucht nach Worten. „… irre!!!“
„Irre?!“
„Ja. Die tut doch nur so unschuldig!“ Selissas Angst weicht der Aufregung. „Hast du nie gesehen, wie sie manchmal guckt? Immer nur ganz kurz, doch so, als wolle sie mich fressen! Genau wie die Hexe in der Geschichte, die du mir erzählt hast…“
„Das war ein Märchen. Und da du danach immer noch nicht schlafen wolltest, hat es seinen Zweck verfehlt…“
„Ja…aber genau so guckt sie manchmal. Da bekomme ich richtig Gänsehaut!“
„Pyka wird dir nichts tun.“
„Woher weißt du das? Sie ist eine Irre! Genau wie Ofir.“
„Wer ist Ofir?“
„Das ist so ein Junge… im Waisenhaus….der haut alles und jeden. Einfach so…“
„Pyka haut aber niemanden…“
„Woher weißt du das? Was, wenn sie mich doch fressen will?“
„Sie will dich nicht fressen.“
„…und wenn doch?“
„… will sie nicht.“
„… und wenn doch?“
„Sie frisst keine kleinen Mädchen. Mögen sie auch noch so vorlaut sein.“
„Aber sie ist eine Irre! Und niemand weiß, was ihr so alles einfällt!“
„Es ist kein gutes Benehmen, jemanden… Irre… zu nennen!“ weist Tara Selissa zurecht.
„Aber wenn`s doch wahr ist?“
„Auch dann nicht. Zudem du nicht weißt, ob es wahr ist.“
„Aber sie macht mir Angst…“
„Kann es sein, dass du dich davor drücken möchtest, dir die Schneiderei anzusehen?“
„Nein. Das will ich schon….doch…was, wenn sie mich doch fressen will?“
„Das wird sie nicht.“
„Warum, woher weißt du das?“
„Weil…“ nun sucht Tara ihrerseits nach Worten. „Weil…sie weiß, dass ich das gar nicht lustig fände.“
„Als ob die sich darum scheren würde!“ Offenbar hat Selissa ihre eigene Meinung zu ihrer potentiellen Lehrmeisterin.
„Oh…das wird sie. Sie weiß, was du für mich bist und wird es sich gut überlegen, ob sie dich… fressen will.“
„Was bin ich denn für dich?“
„Ähm…also….“ Selissa sieht Tara erwartungsvoll an. „Na ja…also….“
„Also?“
„Na ja… ich passe auf dich auf, bis deine Mutter wiederkommt….“ Versucht sich Tara aus der Situation zu retten.
„Ich habe aber nicht gefragt, was du machst, sondern was ich für dich bin…“ Offenbar ist Selissa nicht bereit, Tara so billig davonkommen zu lassen.
„Also…“ Jene denkt angestrengt nach und wird offenkundig von einer Erkenntnis überrascht. „… ich mag dich… irgendwie.“
Tara hat den Satz noch nicht ganz beendet, als ihr Selissa schon in heftigster Umarmung am Hals hängt.
„Endlich hast du es gesagt! Ich dachte schon, du magst mich gar nicht!“
„Du bist vorlaut, frech, neunmalklug und tust nie, was ich dir sage!“
„Und du schimpfst immer mit mir und lässt mich nicht in deinen Büchern lesen. Und trotzdem mag ich dich auch. Sehr sogar!“
„Nun…also…ähm…da wir das geklärt haben… also….könntest du vielleicht aufhören, mich zu erwürgen?“
Selissa gibt Tara einen dicken Schmatz auf die Wange, bevor sie von ihr ablässt.
„Brrrrr! Bist du kalt. Als kämst du gerade aus dem Schnee.“
„Es ist doch gar kein Schnee mehr da, folglich kann ich auch nicht aus selbigem kommen…“
„Ja...ich weiß. Darum wundert es mich ja auch, warum du immer so kalt bist.“
„Das…ist eben so. Ich kann es nicht ändern. Manche Leute haben eben immer warme, andere immer kalte Hände.“
„Es sind ja nicht nur die Hände! Ich wette, du hast auch kalte Füße!“
„Ich wette nicht.“
„Und? Hast du nun kalte Füße?“
„…weiß ich nicht.“
„Ha! Du lügst so was von schlecht. Laß es besser bleiben! Das merkt eh` jeder.“
Selissa macht sich an Taras Füßen zu schaffen.
„Was soll das werden?“
„Ich guck` jetzt nach! Ha! Dachte ich es doch! Eisekalt.“
„Bei allen Höllen! Vielleicht frisst dich nicht Pyka, sondern ich?!“
Selissa strahlt zu Tara hoch. „Machst du nicht!“
„Was macht dich da so sicher? Vielleicht esse ich ja gern kleine, vorlaute Nervensägen?“
„Machst du nicht!“
„Warum nicht?“
„Weil du mich magst.“
„Ähm….“
„Siehst du? Du kannst mich nicht anlügen!“
„Doch. Wenn ich mir große Mühe gebe.“
„Machst du aber nicht!“
„Vielleicht doch. Wenn es nötig sein sollte.“
„Nein. Auch dann nicht. Zumindest nicht mich.“
„Ach ja? Woher weißt du das denn?“
„Weil es…“ Selissa grinst übers ganze Gesicht. „…unehrenhaft… wäre. Und das kannst du gar nicht!“
„Kind! Du treibst mich noch in den Wahnsinn!“
„Ooooch! Mach dir nix draus! Einige sagen, du wärst das schon…“
„Einige? Wieder so ein Gerede, ja?“
„Äh…ja. Aber das weißt du doch!“
„Ah ja… und du wohnst also bei einer Wahnsinnigen und zu einer… Irren… wagst du dich nicht hin?“
„Die ist aber auch… anders irre.“
„Das ist irrelevant.“
„Ist es nicht!“
„Doch.“
„Nein.“
„Doch!“
„Komm mit!“
„Wo…hin?“
„Na zu deiner Pyka!“
„Es ist nicht meine Pyka.“
„Gibt es keine andere Schneiderin in der Stadt?“
„Keine, die sich für dich interessiert.“
„Ich will aber nicht, dass sie sich für mich interessiert!“
„Was ist schlimm daran?“
„Es macht mir Angst…“ kommt recht kleinlaut die Antwort.
Einen Augenblick überlegt Tara. „Na schön. Ich komme mit. Und du siehst es dir einfach mal an. Und wenn du dich benimmst, darfst du auch noch zu Nelphie.“
Vergessen sind Furcht und Wahnsinn.
„Au ja! Nelphie ist gut! Die ist lustig und versteht mich.“
„Vielleicht solltest du sie dann fragen, ob du nicht besser bei ihr wohnen willst?“
Selissa sieht Tara eine Weile an, bevor sie voller Inbrunst den Kopf schüttelt.
„Neeeeeee!“
Und irgendwie wirkt auch die Totengräberin überaus zufrieden mit dieser Antwort.


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 Betreff des Beitrags: Re: [RP]Beobachtung des Unmöglichen...oder sag niemals nie!
BeitragVerfasst: Mo 14. Mai 2018, 11:34 
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Registriert: Fr 16. Mai 2014, 22:37
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Irgendetwas stimmt nicht. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht.
Das spürt Selissa sofort, als sie in das überaus komfortabel eingerichtete Zimmer des „Goldenen Segel“ kommt, welches sie und Tara seit Neuestem bewohnen.
Selbige sitzt äußerlich gelassen am Tisch und sieht etwas zu ausdruckslos gen Selissa.
Es dauert einen kleinen Moment, bis diese die kleine Phiole mit dem nachtblauen Inhalt bemerkt, die offenbar nicht ganz zufällig vor Tara auf dem Tisch steht.
Zögernd tritt Selissa näher.
„Ähm… ist was passiert?“
„Das frage ich dich! Möchtest du mir vielleicht etwas sagen?“
Uuuuhhhh! Nicht gut. Gar nicht gut. Der Ton ihrer aktuellen Ziehmutter lässt in Selissa keinen Zweifeln aufkommen, dass es wohl nicht angeraten ist, jetzt irgendwelche Spielchen zu versuchen.
„A…Also…ähm... wozu soll ich denn etwas sagen?“
„Wie wäre es mit einer Erklärung hierzu?!“ Tara deutet auf die Phiole.
„Ich hab nix kaputt gemacht!“
„Das habe ich auch nicht gesagt. Zudem dann die Phiole wohl kaum jetzt vor mir stünde.
Ich bin mehr an einer Erklärung ob der verschwundenen Menge des Elixiers darin interessiert.“ Taras Tonfall ist so eisig wie nie zuvor.
„A…also… ich habe da …also… mal was probiert?“ kommt sehr kleinlaut die Antwort.
Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit haut Tara mit aller Kraft auf den Tisch, dass die Phiole und auch die leichteren Gegenstände ein kleines Stück in die Höhe springen.
„Bist du des Wahnsinns?! Hast du überhaupt die leiseste Ahnung, was das ist? Was es mit dir tun könnte? Hast du denn gar nichts gelernt, was ich dich lehrte?!“
Tatsächlich hat Selissa Tara noch nie so außer sich erlebt. Sie zieht instinktiv etwas den Kopf ein und versucht zu erfassen, warum jene sich so aufregt.
Es dauert eine kleine Weile, während der sie sich einen Vortrag darüber anhören muß, was Achtsamkeit, Leichtsinn und Dummheit ist, wie sie derlei noch nie erlebte.
Dann jedoch dämmert ihr eine Erkenntnis, die sie ebenso überrascht, wie jene, dass ihr Gegenüber diese offenkundig nicht hat.
Verblüfft platzt sie heraus: „Du hast ja Angst?!“
„Natürlich habe ich Angst, du kleine Närrin! Hast du überhaupt die leiseste Vorstellung, was du mit solchen Dummheiten anrichtest?“
„Das war keine Dummheit! Ich habe genau gemacht, was du immer sagst!“ protestiert Selissa, die offenkundig der Ansicht ist, sich genug Schelte angehört zu haben.
„Ist dem so? Nun…vielleicht interessiert es dich ja, dass du jetzt tot sein könntest, wenn du einfach so… mal was probierst?“
„Nein! Könnte ich nicht! Ich weiß nämlich was das ist und habe es genau so benutzt, wie du es aufgeschrieben hast!“
„Du hast also wieder in meinen Schriften gelesen…
Und das, obwohl ich es dir verboten habe.“ Stellt Tara eisig fest.
„Nun denn… dann wirst du mir jetzt sagen, was das ist. Was es macht. Wie du es angewendet hast und wie du dazu kamst, es so zu benutzen, wie du es getan hast.
Und… wenn mir deine Antwort nicht genügt oder du versuchst, mir einen Bären aufzubinden, wirst du künftig im Waisenhaus wohnen.“
Selissa ist schockiert. Derlei hat sie offenbar nicht erwartet. Das passt doch alles gar nicht zusammen! Wie kann Tara einerseits Angst haben, sie andererseits aber rauswerfen wollen? Hatte sie gar Angst vor ihr?
In Selissas Kopf herrscht ein heilloses Durcheinander.
Erstaunlicherweise bedrängt Tara sie nicht und scheint zu warten, bis sie sich gefangen hat und tut, was sie ihr auftrug. Die scheint es wirklich ernst zu meinen.
Mit gehöriger Mühe schiebt Selissa alle störenden Gedanken beiseite und konzentriert sich auf ihre Aufgabe.
„Das ist ein Elixier, welches die Müdigkeit vertreibt und die Muskeln dazu bringt, ihre Kraft lange zu behalten, bevor sie schlapp werden…“ erklärt sie anfangs zittrig, doch zunehmend selbstsicherer in kindlicher Logik.
„Es ist ein Elixier, weil man es trinken muß und keine Tinktur, die man irgendwo draufpinselt.
Und es wirkt so, dass es das Zeug, was der Körper herstellt um den Muskeln zu sagen, dass sie müde werden, neu..neut…neutr…na also wirkungslos macht. Genau!
Ich habe genau einen einzigen Tropfen davon genommen, genau wie du es aufgeschrieben hast! Einen Tropfen pro Pud Körpergewicht.“ Zitiert sie offenbar aus Taras Aufzeichnungen.
„Und woher weißt du, wie schwer du bist? Wir haben hier keine Waage…“ merkt Tara an.
„Ooooch! Ich war auf dem Markt, bei Gemüsehändler, der die Erdäpfel verkauft. Der hat mich auf die Waage gesetzt und mir gesagt, wie schwer ich bin. Genau ein und ein Viertel Pud. Ich habe es ausgerechnet, weil ich in deinen Schriften die Zahlen dazu fand.“
Tara bedeutet Selissa fortzufahren und wirkt sichtlich wider Willen angetan.
„Ich habe nämlich gesehen, wie du das Zeug genommen hast und dass du danach nie müde wurdest. Und weil du es so schön aufgeschrieben hast, habe ich es dann auch genommen, weil ich nämlich auch nicht müde sein wollte.“
Ängstlich beendet Selissa ihre Ausführungen und guckt Tara erwartungsvoll an.
„Wie oft hast du denn… probiert?“
„Ähm…vier Mal?“ kommt sehr kleinlaut die Antwort.
„Du hättest also dabei allein schon viermal sterben können!“
„Nein! Hätte ich nicht! Du hast alles ganz genau aufgeschrieben und ich habe mich ganz genau daran gehalten. Ich hätte sogar ein und ein Viertel Tropfen nehmen können, doch ich konnte ihn nicht teilen. Darum nahm ich sogar weniger.“
„Ja. Das stimmt. Doch was wäre, wenn ich mich geirrt hätte und es nicht stimmt, was ich aufschrieb?“
„Du irrst dich nicht. Das weiß ich genau!“ ist Selissa überzeugt.
„Zuweilen irre ich mich schon. Darum kann ich jetzt auch nicht mehr zaubern…“ gibt Tara zu bedenken.
„Ähm….oh!“ Soweit hatte Selissa offenkundig nicht gedacht, woraufhin ihr nun der Schreck gehörig in die Glieder fährt.
„Ich tu`s nie wieder! Wirklich!“
„Das will ich hoffen! Um deinetwillen. Dieses Elixier ist nämlich extra für mich gemacht, wie ein Kleid beim Schneider. Es passt also nur mir und kann bei anderen üble Dinge anrichten.“
Tara atmet tief durch.
„Schickst du mich jetzt… fort?“ Selissa ist ob der möglichen Antwort in heller Panik.
Tara sieht sie an und lässt sie eine Weile zappeln.
„Nein.“
Wie ein Wirbelwind stürmt Selissa auf Tara zu und fällt ihr um den Hals. „Danke! Danke! Danke! Ich mach` es auch wirklich nie wieder!“
„Vergiß es nur nicht! Möchtest du mir vielleicht, wo wir schon dabei sind, noch mehr sagen?“
Immer noch an Taras Hals hängend kommt die zögernde Antwort: „Äh… na ja….also…ich kann zaubern.“
Vorsichtig löst Tara Selissa von sich und stellt sie vor sich hin. „Du kannst… was?“
„Na zaubern.“
„Wirklich?“
„Ja. Der Baron hat auch gesagt, ich bin begabt.“
„Hat er?“
„Ja! Und ich brauche einen Lehrmeister.“
„Nicht im Mantel!“
„Hihihi! Das habe ich ihm auch schon gesagt. Doch er sagte, er habe den Mantel gegründet.
Was ich ihm aber nicht glaube.“
„Das hat er wirklich.“
„Hääää? Der Baron ist doch eigentlich ganz nett und nicht so garstig, wie die Leute im Mantel!“
„Das bedeutet aber nicht, dass er ihn nicht gegründet haben kann. Zudem auch nicht alle im Mantel garstig sind.“
„Nicht?“
„Nein. Nelphie ist auch im Mantel. Findest du die garstig?“
„Neee! Nelphie ist gut!“
„Und Amin auch…“
„Wer ist Amin?“
„Er kocht draußen am Lager vor der Stadt, wenn er da ist. Und zwar so gut, dass selbst du nichts daran herumzumäkeln findest.“
„Jeder kocht besser als du, dass bedeutet gar nix! …Ups!“ Platzt Selissa heraus und presst die Hand auf den Mund.
Tara übergeht das mit gewohnter Ignoranz, was Selissa diesmal nicht zu stören scheint.
„Replicardia ist auch im Mantel.“
„Replicardia?“
„Ja. Die mit den roten Haaren.“
„Die, die fliegt?“
„Ja.“
„Die ist lustig. Wollen wir wetten, wann sie abstürzt?“
„Wenn du wenigstens das kannst, was sie kann, darfst du dumme Reden führen! Vorher steht dir das nicht zu!“ bescheidet Tara Selissa, die ob dieser Rüge abermals den Kopf einzieht.
„Ich frage mich, woher du diese Überheblichkeit hast?“
„Wieso überheblich? Alle reden doch so! Wie großartig sie sind und was sie alles machen und können. Du musst mal hören, wie sie manchmal über andere reden!“
„Dreani, die Elfe ist auch im Mantel und tut es nicht.“
„Ja….stimmt. Die rettet doch immer die Fische. Stimmts?“
„Ja. …du siehst also, nicht alle im Mantel sind garstig.“
„Na ja, aber die Mei…Mag…Maestra schon? Und die andere, die immer an ihr zu kleben scheint auch?“
„Das werde ich sicher nicht mit dir bereden.“
„Warum nicht?“
„Weil du noch klein bist. Wenn ich dir sage, dass ich sie mag oder nicht mag, hältst du es ebenso. Und das ist falsch. Du musst selbst darauf kommen, wen du magst und wen nicht.“
„Also die Maestra kenne ich ja nicht. Und die andere auch nicht. Also ich weiß, wie sie aussehen, aber mehr nicht. Eigentlich sind sie mir egal.“
„Das ist gut. Behalte das bei, bis du dir sicher bist, ob du sie magst oder nicht!“
„Den Baron mag ich auch. Und die Baronin, da in Rosenfeld. Aber die Hochwürden mag ich nicht. Die ist immer böse zu mir.“
„Wie das?“
„Na die sagt immer, was ich machen soll! Man kann gar nicht mit ihr reden!“
„Dein… Reden… kenne ich. Selbst die Markthändler könnten wohl bei dir noch was lernen. Hochwürden Welmers kannst du eben nicht so einfach zu irgendwas überreden.
Und außerdem sage ich dir doch auch, was du tun sollst.“
„Jaaaaa….aber das ist ja was gaaaaaanz anderes!“
„Ach so? Warum?“
„Weil…na weil….ähm… das kann ich dir nicht erklären.“
„Aha? Weil ich es noch nicht verstehe?“
Selissa ist überrascht, als Tara ihre eigenen Reden gegen sie verwendet.
„Ähm… das sind meine Worte!“
„Diesmal sind es meine. Nun sag schon! Warum ist Hochwürden Welmers garstig, wenn sie doch das Gleiche macht, wie ich? Oder bin ich auch garstig?“
„Ähm….also du nicht.“
„Und warum nicht?“
„Na weil…“
„Weil was?“
„Na weil du Familie bist. So!“
„So so…“
„Bist du jetzt böse?“
„Nein. Warum sollte ich?“
„Na weil ich Hochwürden nicht mag?“
„Das musst du mit ihr ausmachen. Ich schreibe dir nicht vor, wen du mögen sollst und wen nicht. Doch denk` zumindest mal darüber nach, was sie dir sagte!“
„Will nicht!“
„Tu es trotzdem! Und jetzt ab ins Bett mit dir!“
Erstaunlich folgsam krabbelt Selissa in ihr Bett, während Taras Gedanken um das gerade beendete Gespräch kreisen. Wahrlich! Es gibt wohl viel zu tun…


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 Betreff des Beitrags: Re: [RP]Beobachtung des Unmöglichen...oder sag niemals nie!
BeitragVerfasst: Do 21. Jun 2018, 10:22 
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„Wir haben heute einiges zu tun. Komm mit!“
Selissa ist sichtlich überrascht. Hatte sie doch damit gerechnet, heute ihren Drachen fliegen zu lassen oder Tara zu sonstiger Kurzweil überreden zu können. Stattdessen wirkt jene eher missvergnügt und angespannt. Kein guter Zeitpunkt für Überredungsversuche.
Also gewandet sie sich und folgt Tara, die den direkten Weg zum Friedhof einschlägt.
Jener verläuft erstaunlich schweigsam und lässt die Gedanken in Selissas Kopf wilde Auswüchse annehmen.
Hatte sie wieder etwas angestellt?
Tara konnte unmöglich bemerkt haben, dass sie nach wie vor in ihren Schriften las.
Hatte sie womöglich entdeckt, dass sie sogar jene fand, die sie doch so sorgsam vor ihr zu verbergen versuchte…?
Nein. Unmöglich!
Sie hatte auch einen großen Bogen um alle Phiolen und Pülverchen gemacht, das konnte es also auch nicht sein…
Zudem sie in diesen Fällen auch ganz anders reagiert hätte, wie Selissa nun weiß.
Nein…
Verstohlen besieht sie sich Tara von der Seite, während sie das Stadttor passieren.
Irgendwie wirkt jene überaus nachdenklich, definitiv mit ihren Gedanken nicht hier, bei ihr. Womöglich hat sie ja Sorgen, bei denen sie ihr helfen muß?
Alles kein Problem! Was immer Tara bedrücken mag, sie wird ihr helfen.
Selissa angelt nach Taras Hand und drückt sie, was ihr von jener einen Blick einträgt, den sie so gar nicht deuten kann.
Böse ist sie in jedem Fall nicht auf sie.
Puh! Welch ein Glück!
Und so kommen die Beiden nach geraumer Zeit am Totenacker an, der heute erstaunlicherweise absolut verlassen liegt.


Tara schließt den Raum auf, in welchem sie ihre vorbereitenden Arbeiten erledigt.
Was wollen sie hier?
Selissa grübelt hin und her und doch fällt ihr nichts Gescheites dazu ein.
Sollte sie heute etwa bei Taras Arbeit assistieren?
Unsinn!
Jene zeigte ihr zwar dies und das, wenn sie fragte, doch wenn sie arbeitete durfte sie nie dabei sein. Eine Frage der Ehre, beschied Tara ihr stets, wenn sie nachfragte.
Was daran ehrenvoll oder nicht sein soll, erschließt sich Selissa indes nicht wirklich…
Selissa tritt ein und sieht sich um.
Komisch.
Der Raum war heute gar nicht so karg, wie sonst.
Gewiß, der schwere Eichentisch stand auch heute noch im Zentrum, doch alles andere war weggeräumt und der ganze Raum wirkte eher wie ein Festsaal…
Zugegeben, ein kleiner Festsaal…
Alle Kandelaber brannten, ebenso viele Kerzen, die so gestellt waren, dass der gesamte Raum angenehm und vollständig ausgeleuchtet wurde…
Den Tisch ziert eine rote Decke, die sich bei näherem Hinsehen als schwerer Samt entpuppt und das Besondere dieses Bildes unterstreicht.
Selbst Blumen wurden arrangiert…
Selissa betrachtet das Ganze mit großem Erstaunen.
Ist das eine Königin, die da auf dem Tisch liegt?
Die vermeintliche Königin ist in gute Gewänder gekleidet und wirkt, als würde sie ein Schläfchen halten und jeden Augenblick erwachen.
Auch in ihrer Hand befindet sich ein kleiner Strauß Wildblumen…
Endlich erkennt Selissa die Person…
„MAMA!!!!!“
Freudig stürzt sie auf sie zu, um auf halbem Wege innezuhalten, während sich die Freude in blankes Entsetzen verwandelt.
„Ma…ma?“
Selissa wendet sich zu Tara, ganz offenkundig die kindliche Hoffnung im Gesicht, daß jene alles wieder gut machen könne.
„Es…tut mir so leid. Wir… haben lange nach ihr gesucht, doch es… war zu spät. Mehr konnte ich nicht für sie… tun.“
Tara weiß sichtlich auch nicht recht, wie sie mit dieser Situation umgehen soll.
Irgendwie ist heute alles anders als sonst.
Auch wenn sie an Selissas Mutter die beste Arbeit lieferte, die sie jemals tat, fehlt doch jedweder Stolz darauf, von Zufriedenheit ganz zu schweigen.
Warum war sie nicht so gelassen, wie sonst?
Warum kreisten ihre Gedanken um dieses tote Weib, das sie nicht einmal kannte?
Warum kamen ihr die Worte so zögernd über die Lippen?
Selissa merkt nichts von den Gedanken Taras.
„DOCH! Du kannst mehr tun! Ich weiß es ganz genau.“
Zunehmend aufgebrachter redet sie auf Tara ein.
„Hol sie zurück! Ich weiß genau, daß du das kannst! HOL SIE ZURÜCK!!!“
„Das geht nicht. Sie war schon zu lange….fort, als wir sie fanden…“
„DOCH! Es geht!“
„Leider nicht. Das, was du bekommst, würde ich versuchen, sie zurückzuholen, wäre nicht mehr deine Mutter.“
„Du willst es nur nicht! Du hast Angst! Du bist feige!...“
Selissas Bestürzung und Trauer schlagen in ungezügelte Wut um.
Sie springt auf Tara zu und traktiert sie mit ihren kleinen Fäusten, was jene jedoch stoisch über sich ergehen lässt.
„Du!...Du!....Du willst nicht...obwohl du es kannst!“ Wütete sie unter einem wahren Stakkato von Schlägen.
„Ich hasse dich! Ich hasse dich…!“

„Bitte!!! Hol sie zurück! Ich gebe dir, was immer du verlangst. BITTE!“
Tara zieht die nunmehr völlig aufgelöste Selissa an sich und versucht ihr unbeholfen den irrationalen Trost zu spenden, den sie selbst zwar nicht versteht, das Kind jedoch zu brauchen scheint.
Nach und nach ebben die Schläge ab, bis Selissa nur noch schluchzend in ihren Armen liegt, während Tara ihr Werk betrachtet und wieder einmal erfolglos versucht die Gefühlswelt eines Kindes zu begreifen.
„Wenn ich es könnte, den Hauch einer Möglichkeit sähe, daß es funktioniert, würde ich es wagen.“ Sagt sie leise.
Selissa sieht zu ihr auf. „Wirklich? „
„Ja.“
Prüfend sieht sie Tara an. Doch da ist nicht der Hauch einer Ausrede oder gar Lüge.
Ganz offenkundig sagt sie die Wahrheit und es ist wirklich zu spät…
Tapfer versuchend, gegen diese Erkenntnis anzukämpfen versucht sie es abermals.
„Und du kannst wirklich gar nichts tun?“
„Nein. Täte ich, was du verlangst, würde ich deine Mutter zu einem Ungeheuer machen, das du nicht wiedererkennen würdest. Das hat sie nicht verdient. Und du auch nicht.“
„Ist sie jetzt bei… Papa?“
„Das ist gut möglich. Doch ich weiß es nicht.“
„Ich will aber, daß sie bei ihm ist! Dann sind sie beide nicht allein.“
„Ich denke, die Beiden sind sehr stolz auf dich.“
„Sie fehlen mir…“
„Ja. Doch du wirst dich bald daran gewöhnen.“
„Ich werde sie vergessen?“ Selissa ist entsetzt.
„Nein. Du wirst sie niemals vergessen. Doch du wirst lernen, damit umzugehen.“
„Wirklich?“
„Ja.“
„Dann ist Papa jetzt nicht mehr allein und ich auch nicht.“
„Nicht?“
„Nein. Ich hab ja dich!“ Selissa schlingt ihre dünnen Ärmchen um Taras Hals.
„Das hast du wohl…“
Eine kleine Weile verharren sie so, bevor Tara sich aus Selissas Umarmung löst.
„Ich werde dich jetzt mit deiner Mutter allein lassen. Sag ihr Lebewohl, wie du es möchtest und komm heraus, wenn du fertig bist!
Niemand wird dich stören. Du hast so viel Zeit, wie du willst.“
Sie geht hinaus und wacht akribisch darüber, daß wirklich niemand das Abschiednehmen ihrer Ziehtochter stört…


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 Betreff des Beitrags: Re: [RP]Beobachtung des Unmöglichen...oder sag niemals nie!
BeitragVerfasst: Mo 25. Jun 2018, 10:41 
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Einige Tage liegt das traurige Ereignis der Beisetzung nun zurück.
Alles in allem war es eine ebenso würdevolle, wie angemessene Zeremonie, auch wenn Selissa das naturgemäß momentan nicht zu würdigen wusste. Doch Tara ist sich sicher, daß sie später, in einigen Jahren, sicher etwas Trost darin finden wird, ihre Mutter wenigstens ordentlich beigesetzt zu haben.
Irgendwie mutet es wie ein kleines Wunder an, daß alles so funktionierte, wie sie es wollte. Die drei Personen, welche Selissa am Nächsten standen und natürlich sie selbst, trugen den Sarg und senkten ihn hinab.
Auch ihre Sorge, daß jemand mangels Erfahrung einen Fehler machen würde und etwas kippt oder gar herunterfiele erwies sich als unbegründet. Tatsächlich gaben sich alle die größte Mühe. Und das alles für ein kleines, vorlautes und neunmalkluges Mädchen, das einerseits den Kopf immer voller Flausen hat, doch andererseits mit einem erstaunlichen Verständnis, das zuweilen schon besorgniserregend ist, überrascht.
Erstaunt stellt Tara fest, daß sämtliche Unverständlichkeiten, die ihr an den anderen auffallen, ausnahmslos auch auf sie selbst zutreffen. Das war etwas, was in Bälde eingehender erforscht werden musste.
Doch zuerst kamen noch unschöne, wenn auch notwendige Dinge auf sie zu.
Es würde Selissa schockieren. Das stand außer Frage.
Dennoch durfte sie ihr die unschöne Wahrheit nicht vorenthalten. Zudem darin die Möglichkeit steckte, daß das Kind schneller und besser mit all dem abschließen konnte.
Abermals stellt sie mit Erstaunen fest, wie sehr sie sich dabei um den Gemütszustand ihrer Pflegetochter sorgt. Was bei allen Höllen war nur mit ihr los?
In kurzer Zeit würde sie Selissa verlassen müssen, das weiß sie genau, doch was tat sie? Alles, um diesen Zeitpunkt so weit wie möglich hinauszuschieben.
Gut. Sie hatte alles getan, um Selissas Fortkommen in der Zukunft zu sichern. Sie würde eine Ausbildung bekommen. Eine weit bessere, als Tara selbst. Auch um ihre Heimstatt braucht sie sich sicher keine Sorgen zu machen. Überdeutlich steht ihr noch das Entsetzen Selissas vor Augen, als sie ihr androhte, wieder im Waisenhaus wohnen zu müssen. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit ist sie sich nicht einmal mehr sicher, ob sie das wirklich hätte tun können. Vielleicht wurde sie ja wirklich allmählich verrückt? Sie musste herausfinden, was hier vorging. Normal war das sicher nicht.
Nachdenklich sieht sie Selissa bei ihren Lesestudien zu, die in die Lektüre einer kleinen Abhandlung über die Theorie des Gewebes vertieft, nichts von Taras Grübelei mitbekommt.
Tatsächlich hatte sie sich gut gefangen. Eigentlich sogar besser, als erwartet.
Sie stürzte sich mit Feuereifer in die Arbeit, die Tara ihr auftrug und war auch sonst erstaunlich folgsam. Trotzdem bestand natürlich die Möglichkeit, daß sie ihr das nur vorspielte. Immerhin meinte sie ja, auf Tara aufpassen zu müssen, wie jene wusste.
Sollte sie also mit ihr reden? Ihr all das sagen, was sie noch nicht wusste, doch wissen muß?
Würde sie damit etwas in ihr beschädigen? Gar zerstören?
Es konnte ebenso gut richtig, wie absolut falsch sein.
Wie sie es hasste, aufs Geratewohl entscheiden zu müssen! Dennoch. Es mochte hart sein, doch es führte kein Weg vorbei. Besser, es endlich hinter sich zu bringen. Für sie beide…

„Wenn du fertig bist, komm zu mir! Wir haben noch etwas zu bereden…“
Selissa sieht von ihrem Buch auf und schlägt es augenblicklich zu. Sie mochte diesen Ton ihrer Ziehmutter nicht. Nicht, daß es etwas zu fürchten gäbe, doch zumeist wurde es unangenehm, wenn sie ihn anschlug. Also brachte sie es wohl besser rasch hinter sich, zudem wohl keine Gefahr bestand, irgendwelchen Ärger ob irgendwelcher Taten zu bekommen. Manchmal waren die Erwachsenen wirklich merkwürdig.
„Ja? Was gibt es denn?“
Irgendwie scheint sich Tara besondere Mühe zu geben, ihre Worte auszuwählen. Komisch. War sie doch sonst direkt und oft geradezu gefühllos dabei.
„Ich habe dir noch etwas über deine Mutter zu sagen,… womit ich dich bis jetzt aber nicht zusätzlich behelligen wollte.“
Selissa setzt sich zu Tara. Manchmal war sie echt süß, wie sie versuchte auf ihre Gefühle Rücksicht zu nehmen. Eigentlich war sie gar nicht so gefühllos, wie sie immer wirkte. Sie fand sie nur nicht, die Gefühle. Aber das durfte sie ihr natürlich nie sagen.
„Was ist es denn?“
„Du bist ein kluges Kind und hast einen wachen Verstand. Sicher fragst du dich, warum deine Mutter sterben musste…“
Alles, was Selissa bis dahin verdrängte, kommt schlagartig wieder in ihr Bewusstsein. Mit einem dicken Kloß im Hals kann sie nur nicken.
„Ich kann es dir nicht verschweigen, auch wenn ich es gern täte. Es war kein Unfall, auch keine Krankheit oder dergleichen, sie wurde ermordet.“
Tara achtet akribisch auf die Reaktionen Selissas. Auch wenn sie ihr die Wahrheit sagen musste, durfte sie den Bogen doch nicht überspannen. Jene brach jedoch nicht in Tränen aus, wie sie es befürchtete und erwartete, sondern nahm diese Kunde erstaunlich ruhig auf.
„Nach allem, was wir bisher wissen, wurde sie beraubt und ermordet.“
„Wir?“
„Ja. Ich hatte Hilfe dabei, sie zu finden und auch bei der Suche nach ihren Mördern hilft man mir…“
„Ja. Ich dachte mir schon so was. Mama war gesund und stark. Sie wäre nie von allein gestorben.“
Die Kunde, die ihre Ziehmutter ihr gibt, bringt sie nicht zum weinen, tatsächlich sieht sie die Dinge so klar, wie selten. Irgendwer hatte ihre Mama umgebracht, weil er wasauchimmer von ihr haben wollte.
„Warum erzählst du mir das alles? Es ändert doch nichts mehr.“
„Weil es deine Mutter war. Somit musst du entscheiden, was ich tun soll, wenn wir ihre Mörder finden. Was du willst, wird dann geschehen.“
„Du sagst immer… wir. Wer ist wir?“
„Das musst du nicht wissen.“
„Der Baron?“
„Nein.“
„Hochwürden Welmers?“
„Nein.“
„Nelphie?“
„Nein.“
„Pyka?“
„Das sage ich dir nicht!“
„Also Pyka.“
„Es ist absolut irrelevant, wer mir hilft. Wichtig ist allein, daß es geschieht.“
„Na gut. Doch was soll ich denn entscheiden?“
„Wie sie bestraft werden sollen.“
„Ich bin doch kein Richter! Außerdem weiß ich gar nicht, welche Strafe dafür angemessen ist.“
„Ja. Du bist kein Richter. Doch du bist die, die zuerst das Recht hat, die Strafe zu fordern, die auf solcherlei Mord steht.“
„Was ist denn die Strafe dafür?“
„Der Tod.“
„Ich dachte es mir…
Muß ich den Mörder dann selbst umbringen?“
„Nein. Das ist nichts für dich. Du muß es nur entscheiden.“
„Was, wenn ich mich irre? Was wenn er es gar nicht war?“
„Es werden dir Beweise vorgelegt werden, die ihre Schuld belegen.“
„Ihre…?“
„Ja. Es sind mindestens ihrer drei.“
„Und ich muß entscheiden, ob sie leben oder sterben?“
„Ja.“
„Du sagtest, ich habe… zuerst… das Recht dazu, das zu entscheiden?“
„Ja.“
„Wer hat denn nach mir noch ein Recht dazu?“
„Ich.“
„Warum? Es war nicht deine Mama!“
„Nein. Doch es ist nun meine Tochter, die darunter leiden muß. Ich stehe also für deine Mutter an dieser Stelle ein.“
„Du bist jetzt meine Mama?!“ Ungeachtet des ernsten Themas ist Selissa begeistert.
„Nur wenn du es willst. Und wie deine richtige Mutter werde ich nie sein können.“
„Das ist mir egal! Mama hätte dich sicher gemocht.“
Worauf Tara sich jedes Wort verbeißt.
„Was wirst du also tun?“
Selissa denkt angestrengt nach. Sowas musste sie noch nie entscheiden.
„Muß ich…dabei sein?“ Fragt sie beinahe ängstlich.
„Nein. Das ist nichts für dich. Du wirst in keinem Fall dabei sein.“
„Gut. Ich will so was nicht ansehen müssen. Weder da draußen am Galgenplatz, noch… hierbei.“
Tara wiederholt ihre Frage: „Was wirst du tun?“
„Kann ich darüber nachdenken oder muß ich es gleich sagen?“
„Nimm dir Zeit! Denk gut nach und sage mir dann, wie du dich entschieden hast!“
„Und wenn ich nichts damit zu tun haben will?“
„Dann werde ich dir keinen Vorwurf machen. Was immer du entscheidest wird richtig sein.“
„Dann sage ich es dir, wenn ich es weiß.“
„Gut. Es spricht für dich, erst nachzudenken und nicht blind zu entscheiden.“
Selissa wirkt ihrerseits nachdenklich und hin und her gerissen.
„Weißt du, was wirklich schön wäre?“
„Nein, was denn?“
„Wenn Mama und Papa auch bei uns wäre. Wenn ich euch drei hätte, das wäre perfekt.“



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 Betreff des Beitrags: Re: [RP]Beobachtung des Unmöglichen...oder sag niemals nie!
BeitragVerfasst: Mi 4. Jul 2018, 10:09 
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„Ich habe mich entschieden.“
Energischen Schrittes kommt Selissa ins Zimmer. „Tu es! Aber es muß wirklich sicher sein, daß sie wirklich schuldig an Mamas Tod sind. Absolut sicher!“
Tara sieht von dem Folianten auf, in welchem sie gerade liest.
„Es wird nichts geschehen, wenn ihre Schuld nicht zweifelsfrei erwiesen ist.“
„Schwöre es!“
„So wenig traust du mir?“ Tara ist erstaunt, leistet jedoch ohne zu zögern den Schwur, den Selissa von ihr verlangt. „Ich schwöre dir, daß ich die Verdächtigen nicht anrühren werde, wenn ihre Schuld am Tod deiner Mutter nicht erwiesen ist.
Bist du nun zufrieden?“
„Ähm…ja…es ist nur….also…na ja… ich habe Angst, etwas Falsches zu machen.“
„Was ist falsch daran, die Mörder deiner Mutter zu bestrafen?“
„Nichts. Doch was, wenn ich mich irre? Wenn sie es gar nicht waren?“
„Ihre Schuld wird zuvor festgestellt werden…“
„Ja….ich weiß….aber trotzdem…irgendwie macht mir das Angst.“
„Das muß es nicht. Und jetzt denk an was Schönes!“ Ziemlich rigoros würgt Tara das Thema ab.
„Was ist denn schön?“
„Nun…zum Einen beginnen ab morgen deine Lektionen zum Gebrauch des Gewebes…“
„Hääää?“
„Du lernst das Zaubern.“
„Wirklich?“ Tatsächlich sind alle Ängste und Befürchtungen vergessen und Selissa wirkt begeistert. „Wer wird denn mein Lehrer sein? Der Baron?“
„Nein.“
„Ah! Ich weiß…Nelphie!“
„Nein.“
Selissa überlegt. „Leute aus dem Mantel…“ Ein Blick auf ihre Ziehmutter genügt. „Neeee…“
„Du musst fürs Erste mit mir Vorlieb nehmen.“
„Duuu? A..Aber du kannst doch gar nicht mehr zaubern?“ Selissa ist überrascht.
„Es sei denn…“ Sie sieht Tara an. „Gibt es da etwas, das ich wissen sollte?“ Imitiert sie ziemlich treffend ihren Tonfall, wenn ihr selbst wieder mal diese Frage gestellt wird.
„Vielleicht…“
„Wirklich?“ Aufgeregt hüpft sie um Tara herum. „Du kannst wieder zaubern? Ist das wahr?“
„Nun ja…ja.“
„Au fein! Und jetzt zeigst du mir alles?“
„Immer schön eins nach dem anderen, junge Dame! Du wirst alles sehen und auch lernen, wenn es dafür an der Zeit ist.“
„Oooooch! Ich dachte du zeigst mir jetzt mal, wie das mit dem Feuer geht?“
„Das ist wohl keine gute Idee. Ich kann nicht die Stadt niederbrennen, nur weil du Feuer sehen willst.“
„Woher weißt du denn, daß du wieder zaubern kannst, wenn du es nicht ausprobierst? Vielleicht glaubst du ja nur, es wieder zu können?“ Provoziert Selissa.
Mit einem leisen Wort und einem Fingerschnippen erscheint ein kleines Flämmchen in Taras Hand, das jene über ihre Fingerspitzen tanzen lässt.
„Bei…allen… Höllen!“ Entfährt es Selissa, der doch tatsächlich vor Staunen der Mund offen bleibt.
Tara löscht rasch das Flämmchen.
„Du kannst es ja wirklich wieder?!“
„Ja.“
„Und du bringst mir wirklich bei, wie man das macht?“
„Ja. Zumindest am Anfang. Ich bin trotzdem auf der Suche nach einem Mentor für dich.“
„Warum? Du kannst mir doch alles beibringen!“
„Das geht nicht. Zum einen weiß ich nicht alles und zum anderen bin ich keine sonderlich gute Lehrmeisterin.“
„Das glaub` ich dir nicht. Du bist die Beste!“
„Ja sicher. Genau solange, bis ich dich das nächste Mal ins Bett schicke oder dir etwas verbiete.“ Tara ist eindeutig belustigt.
Selissa zieht eine Schnute.
„Doch ich kann dir vielleicht noch ein wenig mehr zeigen. Möchtest du das?“
„Au ja! Was denn?“
„Nun… wenn du noch nicht zu müde bist, könnten wir noch ein wenig fliegen?“
„Fliegen? So wie die Rothaarige aus dem Mantel?
„Nein. Besser!“
„Besser? Wie denn?“
„Wir fliegen selbst. Das heißt, ich fliege und nehme dich mit.“
„Das geht?“
„Ja. Ich habe das schon einige Male gemacht.“
„Davon weiß ich ja gar nichts…“
„Du musst ja auch nicht alles wissen! Also… willst du oder lieber nicht?“
„Ja! Natürlich! Sofort!“ Selissa saust zu ihren Schuhen und versucht sich jene anzuziehen, während sie gleichzeitig einen breiten Schal umbindet und wortreich ihre nicht vorhandene Müdigkeit bekundet.
Ebenso nachdenklich wie erstaunlich milde sieht Tara ihrer Ziehtochter zu. So war das also. Seltsam, wenn die Rollen vertauscht sind, doch nicht übel. Ganz und gar nicht übel.
„Fertig!“ Selissa steht mit schief sitzendem Schal und eher nachlässig gebundenem Schuhwerk vor Tara, die sie von oben bis unten mustert.
„So geht das aber nicht…“ Erstaunlich sanft richtet sie den Schal und bindet auch die Schuhe neu. „Nicht, daß du unterwegs noch alles verlierst. Es kann recht… frisch… dort oben werden.“


Einige Zeit später stehen sie im Wald, während Hel, Taras Pferd, friedlich auf der Lichtung grast, die sie sich aussuchten. Wie anders der Wald doch bei Nacht aussieht! Und was er für Geräusche hervorbringt! Selissa wirkt ein wenig beklommen und sieht sich allenthalben um.
„Da hat doch nicht etwa jemand Angst bekommen?“
„Angst? Iiiiich? Niemals!“ Trotz ihrer vordergründigen Selbstsicherheit kann Selissa nicht verhehlen, daß es ihr doch ein wenig anders ist.
„Gut.“ Tara beginnt ihre Gewandung abzulegen.
„Was machst du da? Warum ziehst du dich aus?“
„Zum Fliegen, so wie wir es heute tun, braucht man Flügel. Und was meinst du wohl, wie meine Robe aussieht, wenn ich mir darin Flügel wachsen lasse? Zudem sich mein Aussehen obendrein sehr verändern wird. Ich müsste dann nackt in die Stadt zurückkehren. Also ziehe ich mein Gewand besser aus, damit es heil bleibt.“ Erklärt Tara.
„Ähm… wie jetzt? Du veränderst dein Aussehen?“
„Ja.“
„Und wie siehst du dann aus?“
„Ich werde zu einem schrecklichen Monster mit Flügeln.“
„Du bindest mir einen Bären auf. Stimmt`s?“
„Nein.“
„Du bist dann ein Monster?“
„Nur äußerlich. Du musst also keine Angst haben.“
„Ich habe nie Angst!“
„Wir werden sehen…“ Tara packt ihre Gewandung zu einem Bündel zusammen und verschnürt es in geübter Art und Weise fest und sorgsam. Hernach tritt sie beiseite und wirkt den Zauber, der ihre eine flugfähige Form gibt. Unter dem üblichen Knirschen und Knacken verformt sich ihr Aussehen. Sie wird deutlich größer und massiger, während aus ihren Schultern große, lederartige Schwingen erwachsen.
In wenigen Augenblicken steht tatsächlich ein böse aussehendes Untier vor Selissa, die doch erstmal ängstlich zurückweicht.
Das Tara-Monster gibt ihr einige Augenblicke, um sich an den, besonders in der nächtlichen Dunkelheit, schrecklichen Anblick zu gewöhnen.
Dann jedoch deutet es mit einer Klaue nach oben, während es mit der anderen eine einladende Geste gen Selissa macht, die dann doch erstmal um das Untier herumgeht und es gründlich in Augenschein nimmt, nachdem der erste Schrecken abgeklungen ist.
„Also… so siehst du aber wirklich komisch aus. Mach das bloß nie zu Hause!“ kommentiert sie ihre Eindrücke.
Ein leises Grollen ist die Antwort.
„Was ist? Habe ich was Falsches gesagt?“
Woraufhin das Grollen etwas lauter wird.
„Heeee! Moment mal! Lachst du mich etwa aus?“ Selissa stemmt empört die Arme in die Seite und baut sich vor, vielmehr unter dem Untier auf, das darob erstmal stutzt, sich dann jedoch kaum noch einzukriegen scheint.
„Grrr…Grrr…Grrr!“
„Heeeeeee!“
Sanft streicht eine Klaue über Selissas Kopf, sorgsam darauf bedacht, die rasiermesserscharfen Krallen von ihr fernzuhalten.
Dann greift sie nach dem Kind und formt aus dem, was eigentlich Hände sein sollten eine Mulde, in der es sich ein Kind von Selissas Größe wohl halbwegs bequem machen kann.
Als jene sicher sitzt, schwingt sich Tara mit einem kräftigen Sprung und Schwingenschlag in die Luft, was Selissa ein erschrockenes Quieken entlockt, was Tara abermals mit einem mutmaßlichen Lachen quittiert.
Bald schon liegt der Wald und die Lichtung unter ihnen, während Selissa neugierig die Welt von oben betrachtet.
Gemütlich flattert Tara über die Baumwipfel und dreht eine große Runde, nebenher damit beschäftigt, ihre Ziehtochter, die alsbald zu vergessen scheint, wo sie ist und immer wieder versucht, den Kopf über die Krallen hinauszustrecken, sicher zu halten.
„Sieh mal! Da hinten ist schon Rosenfeld!“ Aufgeregt deutet Selissa in die entsprechende Richtung.
Ein gutes Stück fliegen sie noch näher, so daß Selissa schon Einzelheiten erkennen kann, bevor Tara dann wieder abdreht und dann doch lieber über den mehr oder weniger einsamen Wäldern bleibt.
Irgendwann scheint Selissa sich ans Fliegen gewöhnt zu haben. „Schneller! Schneller!“ verlangt sie.
„Grrr?“
„Ja! Schneller!“
„GRRR???“
„Ja! Mach schon! Ich weiß, daß das geht.“
Ohne einen weiteren Kommentar erhöht Tara die Geschwindigkeit, bis sie schnell, wie sie es gewohnt ist, durch die Nacht zischen.
Selissa ist schlichtweg begeistert, was sie nicht müde wird lautstark zu bekunden.
Doch endet auch dieser Ausflug irgendwann und so taucht die Lichtung, mit der nach wie vor grasenden Hel, unter ihnen auf, zu der sie elegant und rasant hinabgleiten, um dann sicher zu landen.
Selissa hüpft aus Taras Klauen und erklärt wortreich, wie schön sie dieses Fliegen doch findet und daß sie das unbedingt öfter, am besten immer tun müssen.
Währenddessen wandelt Tara sich zurück in ihre normale Form.
„Es hat dir also gefallen.“ Stellt sie fest.
„Au ja! Das könnten wir die ganze Nacht lang machen!“
„Vielleicht… wenn ich wieder hören kann.“
„Häää? Warum kannst du denn nicht hören?“
„Vielleicht…weil mir eine gewisse junge Dame unentwegt ins Ohr brüllte?“
„Oh…ähm…entschuldige!“
Tara gibt Selissa einen leisen Nasenstüber. „Nun müssen wir aber heimkehren.“
„Ooooooch! Schon?“
„Ja. Hast du es vergessen? Morgen beginnst du mit deinen eigenen Studien. Dazu solltest du ausgeruht sein, sonst wird das nichts.“
„Au ja!“ Selissa ist nunmehr begeistert von der Aussicht richtig zaubern zu können.
„Kann ich dann auch fliegen?“
„Ja. Irgendwann.“
„Was heißt… irgendwann?“
„Du musst mit den einfachen Dingen anfangen. Das Fliegen ist schon etwas komplizierter.“
„Ich muß ja nicht zum Ungeheuer werden. Kann ich nicht wie Re…Rep…na wie die Rothaarige fliegen?“
„Das ist noch schwerer, als so, wie wir es taten. Du wirst Geduld haben und fleißig lernen müssen.“
„Oooooch! Ich habe doch schon so viel gelernt! Alle deine Bücher habe ich gelesen!... Ups!“ Erschrocken presst Selissa ihre Hände auf den Mund und guckt Tara mit gossen Kulleraugen an.
Jene wirkt indes in keinster Weise überrascht. „Ich dachte es mir schon. Sag mir doch einfach, was du von meinen Schriften… noch nicht… gelesen hast!“
Kurz zaudert Selissa. Soll sie es wirklich sagen? Das wird Ärger geben.
Andererseits weiß sie, wie sehr ihre Ziehmutter es hasst, belogen zu werden. Das würde wohl noch viel größeren Ärger geben. Es half wohl nichts. Besser die Wahrheit sagen…
„Ähm…ich habe sie alle gelesen. Auch dein Märchenbuch.“ Gesteht sie kleinlaut.
„Mein Märchenbuch?“
„Ja, die Geschichte von der Gräfin aus deiner Heimat…“
Tara scheint zu erstarren, was Selissa dazu veranlasst, sie zu ihr umzudrehen, währen Hel unverdrossen weiter trabt.
„Was hast du? Es ist doch eine wirklich schöne Geschichte.“ Forschend betrachtet die Kleine Tara, die offenkundig Mühe hat, ihre Fassung zu bewahren.
„Moment…das ist gar kein Märchen! Stimmt`s?“
„Nein. Ist es nicht.“ Tara wirkt recht einsilbig. „Was…hast du noch davon gelesen?“
„Ähm…Alles?“ Selissa zieht den Kopf ein.
„Und… hast du es auch verstanden?“
„Nicht alles…“ gibt sie zu. „Manches ist wirklich schwierig. Besonders deine Kritzeleien in einigen Büchern.“
„Kind!“ seufzt Tara „Wären die Dinge anders, hättest du dich jetzt in große Gefahr gebracht.“
„Warum? Weil ich etwas las?“
„Weil du DAS gelesen hast!“
„Was ist so schlimm daran? Du kannst eklige Sachen machen und komische Dinge erschaffen.“
„Ja. Dinge, die dich ganz schnell an den Galgen bringen können!“
„Wirklich?“
„Ja.“
„Aber warum? Du hast doch nichts davon getan, was da beschrieben steht. Oder?“
„Doch. Nicht hier und das werde ich auch nicht, doch manches davon tat ich schon.“
„Und? Hast du es geschafft? Hat es funktioniert?“ Selissa ist offenkundig mehr an den Möglichkeiten, denn an ethisch, moralischen Bedenken interessiert.
„Ja. Es hat funktioniert.“ Tara hält Hel an und dreht Selissa zu sich herum.
„Ich möchte, daß du mir etwas schwörst!“
„Äh….Was denn? Das ist nichts davon sage, was du für Bücher hast?“
„Ja. Genau das. Du darfst niemandem, wirklich niemandem, etwas davon sagen! Und auch wir sprechen nicht darüber, wenn ich es nicht sage. Kein Wort!“
Selissa ist ob des Stimmungsumschwungs und der Ernsthaftigkeit der Situation überrascht. Was war so schlimm daran?
„Wenn andere davon erfahren, muß ich womöglich sehr schnell verschwinden oder, noch schlimmer, man wird mich einsperren oder gar aufhängen. Du hast dir da eine ganz schön große Last aufgeladen!“
„Ich? Warum? Ich habe doch gar nichts gemacht?“
„Viele, die meisten Magi und auch fast alle Priester sehen das, was in den Büchern beschrieben steht, als große, unverzeihliche Sünde an. Ob klein oder groß, sie machen da nicht unbedingt einen Unterschied…“
Nach und nach wird Selissa die Tragweite ihrer Neugier bewusst. Das war kein Spiel mehr. Offenbar muß sie wirklich vorsichtig sein.
„Ich hab`s verstanden! Ich sage nichts. Zu niemandem! Sonst bist du auch noch weg und ich habe niemanden mehr…“
„Das könnte wohl geschehen.“
Selissa schlingt ihre Arme um Tara. „Ich verspreche es! Ich mache alles so, wie du es sagst! Du sollst doch da bleiben. Bist du jetzt böse auf mich?“
„Nein. Es war ja zu erwarten, daß so was passiert.“
„Warum?“
„Weil du neugierig bist, dich nicht an Regeln hältst und keine Grenzen akzeptierst. Manchmal könnte ich fast glauben, du wärst auch vom Blut her meine Tochter.“
Tara lässt Hel wieder antraben und setzt den Weg fort.
„Warum?“
„Weil ich in deinem Alter genau das Gleiche tat.“
Schlagartig verfliegen Selissas Sorgen. Sie würde sich eher die Zunge abbeißen, als auch nur ein Sterbenswörtchen über diese Schriften und das, was sie beinhalten zu sagen. Solange sie nur zusammen bleiben können.
An ihrer neuen Mutter gab es wohl noch so einiges zu entdecken…


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 Betreff des Beitrags: Re: [RP]Beobachtung des Unmöglichen...oder sag niemals nie!
BeitragVerfasst: Mo 13. Aug 2018, 11:09 
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„Du warst im Mantel!“
Selissa baut sich vor Tara auf und konfrontiert sie ebenso anklagend, wie erstaunt mit ihrer Erkenntnis.
Jene indes, wirkt im ersten Moment etwas verwundert und ziemlich schnell danach verärgert.
„Ja. Und du bist allein aus dem Haus gegangen, obwohl ich es dir doch verboten habe!“
„Na und? Was soll schon passieren? Du hast doch selbst gesagt, dass ich nichts mit dieser dummen Sache zu tun habe.
Und ich wollte nur mal ein wenig allein sein. Außerdem war ich ja nicht weit weg vom Haus des Barons, gerade mal im Garten. Und der gehört doch zum Haus, oder?“
„Selbst ein einziger Schritt vor die Tür kann schon zu weit sein! Ich sagte doch wohl auch, daß du drinnen bleiben sollst! Und ich kann mir nicht vorstellen, daß der Baron und Hochwürden Welmers das auch nur einen Deut anders sehen.“
„Na ja… die habe ich ja gar nicht gefragt. Zudem die Amme da war. Weißt du, die haben wirklich eine Amme! Also war ich gar nicht allein. Außerdem bin ich sehr schnell, weißt du? Und ich lerne bei Athraxis das Kämpfen. Hier guck mal, was ich schon kann!“ Mit erstaunlich flüssigen Bewegungen zieht Selissa ihren Dolch und fuchtelt damit vor Taras Nase herum.
„Das ist schon ziemlich gut. Doch dein Dolch hilft nichts gegen diese Wesen. “
„Hä?... Das heißt, es ist ihnen egal, ob ich sie damit aufspieße?“
„Du kannst sie gar nicht aufspießen. Ich habe es probiert. Sie sind sehr raffiniert. Darum bat ich auch den Baron auf dich achtzugeben, wenn ich es gerade nicht vermag. Und er oder Hochwürden Welmers werden dir hoffentlich ordentlich den Kopf dafür waschen, wie schwer du es ihnen machst! Was kommt als nächstes? Möchtest du vielleicht einen Spaziergang durch die Stadt machen? Diese Wesen spaßen nicht. Und sie tauchen immer dann auf, wenn du es am wenigsten erwartest. Meinst du, der Baron und Hochwürden Welmers treiben all den Aufwand, auf dich aufzupassen, weil sie gerade nichts anderes zu tun haben?!“ Tara ist sichtlich ungehalten, was Selissa wohl doch, wie so oft zu spät, zum Nachdenken bringt.
„Ach so…Das hättest du mir aber auch sagen können! Dann ist dein verbrannter Arm wohl auch deren Schuld?“
„Sie sagen, es wäre meine. Doch ja, den verdanke ich ihnen. Du siehst also, was sie so können. Du wirst dich für deine Eigenmächtigkeiten sowohl beim Baron, als auch bei Hochwürden Welmers rechtfertigen, wie auch um Verzeihung bitten!“
„A…Aber ich war doch nur im Garten! Und auch nicht lange! Die Amme holte mich ja gleich wieder rein.“ Versucht Selissa sich herauszureden.
„Darum geht es nicht. Ich sagte dir gerade, daß ein einziger Schritt schon zu viel sein kann. Und du hast wieder einmal nicht gehört. Du hättest fragen können, ob dich jemand begleitet oder überhaupt erstmal fragen, ob deine Idee, rauszugehen, gut ist! Du kannst nicht einfach tun, was dir gerade einfällt, ohne zu bedenken, was das vielleicht für andere bedeutet! Was wäre wohl, wäre dir dabei etwas passiert? Hast du daran mal gedacht? Du wirst darum umgehend mit den beiden reden und ihre Strafe ohne jedes Murren akzeptieren! Hast du das verstanden?“
Selissa zieht den Kopf ein und wirkt tatsächlich recht nachdenklich. Ganz offenkundig dachte sie wohl nicht an die möglichen Folgen ihres Tuns und erst jetzt, wo mit der Nase darauf gestoßen wird, erkennt sie die Zusammenhänge. Zögernd nickt sie dann. Das Ganze ist ihr furchbar unangenehm.
Sie besieht sich kritisch Taras Arm, der großflächig Reste stattlicher Verbrennungen aufweist. „Kaum zu glauben, dass das erst drei Tage her ist…“ versucht sie erfolgreich das Thema zu wechseln.
„Ähm ja….ich hatte wohl großes Glück.“
„Du verschweigst mir schon wieder was.“ Stellt Selissa fest.
„Nichts, was dich etwas anginge.“
„Doch. Aber viel mehr interessiert mich…Was wolltest du denn im Mantel? Hat diese Maestra dir nicht verboten, je wieder dahin zu gehen?“ Selissa platzt offenkundig fast vor Neugier.
Tara sieht ihre… Tochter… eine Weile nachdenklich an.
„Ooooch! Nun sag schon! Ich kriege es ja doch raus.“
„Die Maestra selbst lud mich dorthin ein. Sonst wäre ich nicht hingegangen. Ich halte mich nämlich an Abmachungen und Gebote.“
„Häää? Warum macht sie so was? Erst verbietet sie es dir, dann sollst du dahin kommen?“
„Wegen meines Schreibens.“
„Ach so! Und ich dachte schon, sie ignoriert dich einfach. Du hättest noch aufschreiben sollen, warum du mit ihr reden willst.“
„Liest du jetzt auch schon meine Briefe?“
„Nur wenn du sie so offen herumliegen lässt.“
„Trotzdem macht man so was nicht! Zumindest nicht, ohne zu fragen.“
„Was wolltest du denn nun von ihr?“
„Eine Übereinkunft.“
„Hä? Warum?“
„Weil ich es Leid bin, mich mit diesen Leuten herumärgern zu müssen. Zudem ich nicht nur wegen mir die Unterredung mit ihr suchte.“
„Warum denn noch?“
„Wegen dir.“
„Warum? Ich habe doch gar nix gemacht! Und ich habe auch nix mit denen zu schaffen.“ Selissa ist geradezu empört.
„Weil ich nicht will, dass du wegen mir in Not gerätst.“
„Wie soll ich das? Es geht mir gut. Ich habe alles, was ich will….na ja…fast alles…“
„ Die Maestra meint ich sei eine Gefahr für dich. Und deswegen denkt sie daran, dich von mir fort zu holen.“
„WAS?!...“
„So denkt sie.“
„Du hast sie dafür doch sicher angezündet! Oder?“
„Ach Selissa!...Wollte ich jeden anzünden, dessen Trachten und Tun mir nicht gefällt, anzünden, wäre die Stadt voller lebender Fackeln. Ich ging zu ihr, damit eben das nicht passiert.“
„A..Aber ich will nicht weg! Was bildet die sich ein? Mich fragt hier wohl keiner! Und du bist doch auch so eine Maestra! Du kannst auch diese Sachen. Vielleicht noch mehr, als manch anderer. Warum lässt du dir das immer nur alles gefallen?“
„Ich bin keine Maestra. Etwas zu können bedeutet noch lange nicht, auch besser als andere zu sein….“
„Aber auch nicht schlechter!“
„Nein. Auch nicht schlechter… Doch es ist zum einen besser, nicht immer damit zu prahlen, was man alles kann und es ist noch viel besser, wenn niemand weiß, was man wirklich kann.“
„Aber dann denkt die Maestra doch, sie kann mit dir machen, was sie will?“
„Oh…die Maestra ist furchtbar eitel, hält sich für überaus wichtig und mischt sich somit in alles ein, was sie nichts angeht…doch sie ist nicht dumm.
Ich habe ihr klargemacht, wo meine Geduld endet und ich bin sicher, sie hat es verstanden.“
„Warum sollst du eine Gefahr für mich sein? Wegen deiner Träume? Wegen deiner…“ Selissa redet leiser. „komischen…ähm…Ernährung?“
Nun ist es Tara, die sprachlos und voller Erstaunen vor Selissa sitzt.
„Nun guck nicht so! Ich weiß, was mit dir los ist. Ich bin ja nicht dumm.“
Eine Weile braucht Tara, sich zu sammeln, während Selissa weiter redet. „Ich habe immerhin deine Bücher gelesen und auch gesehen, wie du darauf reagiertest. Besonders dieses Märchen, das kein Märchen ist, das von der Gräfin…
Du bist diese Gräfin. Stimmt`s?“
„Ähm..nein. Ich bin es nicht. Hast du denn nicht auf die Jahreszahlen geachtet, wenn du schon darin liest?“
„Äh..ja. Stimmt. So alt bist du nun doch nicht…Aber du bist wie sie. Und darum interessiert dich das auch so sehr. Und ich fand auch die Rezeptur für diesen Trank darin.“
„Untersteh dich, das auszuprobieren!“ Tara ist entsetzt.
„Nein, nein! Du kannst mir ruhig auch mal vertrauen. Ich hab`s verstanden und mache so was nicht mehr. Aber du könntest mir schon mehr darüber sagen!“
„Später vielleicht. Wenn die Zeit dafür gekommen ist.“
„Ha! Du weichst aus! Das machst du immer, wenn du dich vor etwas drücken willst! Warum hast du nur solche Angst? Und wovor?“
„Das…kann ich dir nicht sagen. Noch nicht.“
„Ja, ja..ich weiß! Weil ich das noch nicht verstehe.“ Selissa ist beinahe beleidigt.
„Nein. Weil ich denke, dass du es nur zu gut verstehen würdest und auf sehr dumme Ideen kämst.“
„Hääää?“
„Du hieltest es auch für eine gute Idee, meine blauen Tropfen auszuprobieren…“
„Oh..ähm…dann ist es wohl so was Ähnliches?“
„Nein. Hierbei gibt es kein probieren. Es gibt danach kein Zurück mehr. Darum will ich nicht, dass du damit etwas zu tun hast.“
„Aber ich bin nun deine Tochter. Ich muß doch wissen, was mit meiner Mama los ist!“ protestiert Selissa.
„Ach Kind! Du weißt es doch längst. Und du weißt, dass du nichts zu befürchten hast.
Das war übrigens auch etwas, weswegen die Maestra dich von mir wegholen will.“
„Pah! Das kann sie gern versuchen! Ich gehe nicht weg! Das hast du ihr doch gesagt, oder?“
„Ich sagte ihr, dass ich dich nicht halten würde, wenn du beschließt, mich zu verlassen. Doch nur, wenn du das aus eigenem Willen tust.“
„…und ich will nicht! Da kann diese garstige Maestra machen, was sie will. So!“
„Sie gab mir sogar eine Probe auf. Ich solle beweisen, dass du sicher bist.“
„Hää? Wie denn das?“
Tara zieht ein verkorktes Reagenzglas hervor, wie es in den alchemistischen Laboratorien Verwendung findet und legt es vor sich auf den Tisch. Der Inhalt ist rot und undurchsichtig.
„Ist das…?“
Tara nickt bestätigend.
„Oh…Sie weiß etwas. Das ist sicher. Und sie ist böser, als ich dachte.“
„Warum das?“
„Na ja… also… ich weiß, wie schwer das für dich ist. Sie quält dich.“
„Der Preis des Versagens, den ich zahlen würde, wäre viel zu hoch. Insofern hält sich die Qual in Grenzen.“
„Aber…du könntest doch auch…ähm….andere Sachen damit machen? Ich meine das, was in dem rotbraunen Buch beschrieben ist, wo du so viel dazugeschrieben hast?“
„Nein! Derlei will ich vermeiden. Sie weiß, dass ich das könnte oder ahnt es zumindest. Doch dieses eine Mal will ich ihr noch ihren Willen geben.“
„Du solltest ihr und diesen Leuten endlich einmal zeigen, wie weit sie gehen dürfen und wo die Grenze ist! Das sagt Athraxis übrigens auch. Die machen sonst mit dir doch was sie wollen!“
„Ich hoffe, das vermeiden zu können.“
„Warum?“
„Weil es töricht wäre. Natürlich könnte ich alles Mögliche niederbrennen oder gar Schlimmeres. Doch was bringt das? Sie können das auch. Und letztlich wären wir alle am Ende vielleicht tot. Das ist keine gute Idee.“
„Du nicht.“ Grinst Selissa.
„Wer weiß das schon? Und was ist mit dir? Meinst du, es gefiele mir, wenn du bei all dem Unsinn umkommen würdest?“
„Oh…daran habe ich gar nicht gedacht.“
„Aber ich.“
„Trotzdem kannst du dir nicht immer alles gefallen lassen!“ Offenbar ist Selissas Geduld ob des Ansinnens der Maestra am Ende.
„Wer sagt, daß ich das tue?“
„Niemand. Doch du machst ja nix dagegen!“
„Die Maestra… sagte… mir, daß sie dich fortholen wolle. Doch sie weiß, wie schwierig es würde, wenn sie es… versuchte. Ich denke nicht, daß sie das riskiert.“
„Und warum machst du dann, was sie will?“ Selissa deutet anklagend auf das Reagenzglas.
„Weil es weiser ist, mit den Leuten Abmachungen zu treffen, als sich mit ihnen zu bekriegen. Zudem das…“ Tara nimmt das Reagenzglas auf und verstaut es wieder. „ein geringer Preis dafür ist.“
„Was willst du eigentlich von ihr, daß du all das machst?“
„Meine…vielmehr unsere Ruhe.“
„Häää?“
„Es ist sehr lästig, sich andauernd mit irgendwelchen Leuten herumschlagen zu müssen. Wenn man von diesen Sorgen also welche loswerden kann, dann sollte man es auch tun.“
„Und was gibst du dafür?“
„Ich ziehe meine Anklage zurück.“
Selissa ist baff. „A…Aber sie haben dich doch ermordet!!!“
„Ja. Doch ich bin nun wieder ganz.“
„Und was ist beim nächsten Mal? Die denken dann doch, sie können es wieder tun!“
„Das könnten sie wohl. Doch womöglich läuft es dann aber auch anders.“
„Du willst sie umbringen?
„Nein. Nicht, wenn ich es nicht muß.“
„Sie kommen einfach so davon.“ Stellt Selissa finster fest.
„So sieht es aus. Ja.“
„Warum? Das geht doch nicht! Du sagst immer, daß jeder für sein Tun zahlt oder seinen Lohn bekommt! Und jetzt bekommen die Lohn, obwohl sie dich umbrachten?
Was kommt als Nächstes? Werden die Mörder meiner Mama auch belohnt?!“
„Nein. Die nicht.“
„Warum nicht? Was ist da denn anders, als bei dir?“
„Es gibt ein anderes Gericht.“
„Und was bringt das?“
Tara seufzt. „Du wirst bald sehen, daß du dich nicht unbedingt auf andere oder gar auf Gesetze, Richter oder die Wache verlassen kannst. Hast du nicht bemerkt, wie lange sich alles hinzog? Der Richter hätte längst ein Urteil sprechen können, wenn er es denn gewollt hätte. Doch offenbar will er nicht.“
„Hä? Er ist der Richter. Er muß doch seine Arbeit tun. Wozu ist er denn sonst da? Du kannst doch deine Toten auch nicht ewig herumliegen lassen, nur weil du keine Lust hast!“
„Oh…ich denke nicht, daß der Richter keine Lust zum Arbeiten hat.“
„Warum macht er dann nix?“
„Überleg mal! Wen habe ich denn angeklagt?“
„Na diese Zauberin, die immer bei der Maestra ist. Und diese Söldnerin.“
„Richtig. Und wozu gehören die?“
„Na die eine ist im Mantel und die andere bei diesen Söldnern.“
„Bei den Scharmützlern. Richtig. Und was macht der Mantel und die Scharmützler?“
„Der Mantel macht sich wichtig…“
Tara gluckst kurz. „Ich meine außerdem…“
„Ähm…“ Selissa überlegt. „Die machen doch alles, was mit Zauberei zu tun hat, oder?“
„Ganz recht! Und die Scharmützler tun das, was die Garde tut.“
„Ach deswegen spielen die sich so auf?“
„Ja. Und nun stell dir mal vor, der Richter würde die beiden verurteilen. Eine Magae des Mantels und Gespi…beste Freundin der Maestra und eine Anführerin der Söldner, die die Garde ersetzen sollen! Was meinst du wohl, würde passieren?“
„Ähm… na ja… also… wäre ich die Maestra, wäre ich furchbar böse. Zuerst auf dich, weil du meine Freundin angeklagt hast und dann auf den Richter, wenn er sie verurteilt…
Und bei den Söldnern wäre es genau so.“
„Siehst du! Und das weiß auch der Richter und will es gern verhindern. Darum dauert das so lange.“
„Aber das ändert doch nichts! Egal wie lange es dauert.“
„Doch. Je mehr Zeit vergeht, umso weniger Leute erinnern sich an das, was geschah. Sie vergessen einfach. Und irgendwann ist es nicht mehr wichtig und niemand kümmert sich darum.“
„Du könntest ihn aber daran erinnern!“
„Das habe ich. Doch du siehst ja, es passiert nichts.“
„Aber warum ziehst du dann deine Anklage zurück?“
„Weil ich jetzt noch etwas dafür bekommen kann. Wenn sich niemand mehr erinnert, gibt auch keiner mehr etwas dafür.“
„Das verstehe ich nicht. Du hast doch gesagt, daß die Freundin und die Söldnerin eh` nicht verurteilt würden. Warum soll dir jemand etwas dafür geben, wenn du sie nicht mehr anklagst? Und was?“
„Das klingt seltsam. Fürwahr. Doch sieh mal…
Der Mantel versucht doch immer so weise und kompetent auszusehen und sich mit allem gut auszukennen…“
„Ja.“
„Und nun stell dir mal vor, was die Leute denken würden, wenn jemand im Mantel des Mordes bezichtigt würde?“
„Ich würde mich fragen, warum sie den nicht verurteilen.“
„Und wenn sie es nicht tun?“
„Dann würde ich denken, daß im Mantel Mörder sind.“
„Genau. Und das will man dort natürlich nicht. Deswegen ist es wichtig, daß die Leute dort nicht angeklagt und natürlich auch nicht verurteilt werden. Anderenfalls könnte es sein, daß mancher nichts mehr mit dem Mantel zu schaffen haben mag. Und wenn dann auch noch Leute mit Einfluß so denken, ist das für den Mantel sehr ärgerlich.“
„Leute mit Einfluss? Du meinst jemand wie die Fürstin?“
„Ehemalige Fürstin…doch ja.“
„Und die Söldner?“
„Bei denen ist das ebenso. Sie sollen für Recht und Ordnung sorgen. Was würden wohl die Leute sagen, wenn dort jemand des Mordes angeklagt ist?“
„Sie würden vielleicht keine Söldnergarde mehr wollen?“
„Vielleicht. Ja. Und wenn es übel für die Söldner käme, dann wären sie auch die Aufgabe Garde zu spielen wieder los. Und das würde sie viel Gold kosten.“
„Ich verstehe. Darum regten sich alle wegen der Anklage so auf. Und das, obwohl es gar kein Urteil gibt.“
„Ja. Das ist überall gleich. Man muß die Leute nicht mal verurteilen. Es genügt manchmal sie anzuklagen.“
„Häää?“
„Denk nur mal an die Kelemvoriten, die da immer auf dem Friedhof herumstreifen! Was denkst du, warum die da sind?“
„Na Kelemvor ist doch der Herr der Toten. Die sehen dort nach dem rechten?“
„So viele?“
„Hm… Stimmt. Irgendwie sind das ganz schön viele dafür. Und helfen tun sie dir auch nicht.“
„Sie sind da, weil man mich auch anklagte.“
„Hä? Du hast doch niemanden ermordet!“
„Nein. Doch man sagte ihnen, ich folge keinem Gott, ließe die Toten auferstehen und wäre… nun ja… irgendwas ganz Schlimmes.“
„Aber du folgst doch keinem Gott! Und die Toten… kannst… du auch wieder aufstehen lassen. Obwohl ich das ziemlich gruselig finde. Und was sollst du denn Schlimmes sein?“
„Sie halten mich wohl für eine Untote…“
„Aber du bist doch keine! Das weiß ich genau.“
„Sie nun auch. Was sie wohl einigermaßen verwundert. Doch du siehst… es genügt manchmal, jemanden anzuklagen. Da muß es nicht mal ein Urteil geben.“
„Aha. Und damit denen das nicht auch passiert, warst du bei der Maestra.“
„Ja.“
„Aber die hat doch eigentlich gar nix damit zu tun?“
„Das ist richtig. Doch offenbar bedeutet ihr ihre Freundin etwas und sie hat den Einfluß, das zu bewirken, was ich will.“
„Wenn sie sich so um ihre Freundin sorgt, ist sie wohl doch nicht so böse, wie ich dachte?“
„Ich sagte nie, daß sie böse sei…“
„Ja. Aber trotzdem verzeihe ich ihr nicht, daß sie mich einfach so wegholen will!“
„Ich bin zuversichtlich, daß sie das nicht wird.“
„Na hoffentlich! Nicht, daß ich noch in den Mantel muß.“
„Vielleicht hast du dereinst doch mal etwas damit zu tun? Wer kann das heute schon sagen? Das ist übrigens auch ein Punkt, warum mir an einer Einigung mit ihr gelgen ist.“
„Warum machst du es dir nicht einfach und redest mit der Maestrafeundin und der Söldnerin?
„Du weißt, was ich von den beiden halte?“
„Hm….ja. Ich hab da so einiges darüber gehört… zumindest über die Freundin…“
„…und die beiden denken ebenso über mich. Für sie bin ich irgendein gefährlicher, närrischer Abschaum, den sie jedes Recht haben umzubringen, wenn er im Weg ist. Wie sollte also so ein Gespräch mit den beiden aussehen?“
„Öhm… na ja. Das ist dann wohl ziemlich schwierig.“ Gibt Selissa zu.
„Siehst du! Und darum rede ich besser gleich mit der Maestra. Das ist sinnvoller. Zudem sie auch die Möglichkeit hat, etwas zu bewirken.“
„Können die anderen denn nichts bewirken?“
„Na ja…die eine kann dich trefflich mit dem Schwert aufspießen und die andere prahlt wie niemand sonst. Doch ansonsten… nein… ich glaube bei der Maestra bin ich an der rechten Stelle.“
„Und was willst du nun genau von der Maestra?“
„Das siehst du dann schon, wenn es soweit ist!“
„Hmpf! Verstehe ich das schon wieder nicht?“
„Nein. Es ist noch nicht endgültig entschieden. Wenn ich dir jetzt also etwas sage, muß es nicht unbedingt so kommen.“
„Ach so!“
„Und nun bringe ich dich wieder zum Baron und zu Hochwürden Welmers. Höre auf sie! Und verschwinde nicht einfach, ohne ihnen etwas zu sagen!“
„Ich will aber lieber bei dir bleiben.“
„Das ist schön… Doch erstmal muß ich dich in Sicherheit wissen. Das würde mir sehr helfen.“
„Na schön. Doch ich will da nicht ewig bleiben müssen…“
„Nur, bis wir diese Wesen losgeworden sind.“
„Dann beeilt euch mal damit!“
„So schnell es nur geht…“


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 Betreff des Beitrags: Re: [RP]Beobachtung des Unmöglichen...oder sag niemals nie!
BeitragVerfasst: Fr 26. Apr 2019, 13:16 
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Registriert: Fr 16. Mai 2014, 22:37
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„Du willst mich WEGGEBEN?!“
Unverkennbar empört steht Selissa vor Tara und stemmt die kleinen Fäuste und die schmalen Hüften.
„Nein. Das will ich nicht. Doch du brauchst eine vernünftige Ausbildung!“
„Na und? Die kriege ich doch bei dir oder beim Baron! Seine Bibliothek habe ich doch noch nicht mal im Ansatz durchgelesen!“
„Das genügt nicht. Du weißt, was ich dich lehren kann. Damit allein wirst du nicht weit kommen…“
„Aber du bist doch auch weit damit gekommen!“ wirft Selissa ein.
„Und ich bin zwei Mal dabei gestorben. Die Male, wo es kurz davor stand, will ich gar nicht zählen.“
„A…aber ich lerne ja auch noch beim Baron!“ sträubt sich das Kind mit aller Macht gegen das, was ihre Ziehmutter für sie aushandelte.
„Er wird dich niemals alles lehren. Und du weißt, was die Zukunft unweigerlich bringen wird! Wenn nicht morgen, dann übermorgen. Doch weder du, noch ich können etwas daran ändern.“
„Du hast versprochen mich mitzunehmen! Du hast es VERSPROCHEN!!!“
„Ich versprach dich mitzunehmen, wenn du gegen die Meinen bestehen kannst. Und nachkommen darfst du auch erst dann, wenn du das kannst.“
„Aber ich mache doch deine Probe! Meinetwegen auch sofort! So!“ Trotzig beginnt Selissa sich auszuziehen.
„Was soll das werden?“ Tara ist ebenso verwundert, wie irritiert.
„Na du fliegst mich jetzt in den Wald und setzt mich ab. Und dann wartest du am anderen Ende des Waldes auf mich! Und wenn ich dort ankomme, habe ich deine Probe bestanden!“
„Ach Selissa!“ Tara zieht ihre Tochter sanft und vorsichtig wieder an. „Das ist keine gute Idee! Im Wald treiben sich diese Tyrannten herum, die schon viele umbrachten. Niemand geht freiwillig dorthin. Nicht mal der Baron oder Anara!“
„Aber du gehst doch jede Nacht in die Wälder!“
„Ähm….?“
„Glaubst du, ich weiß nicht, was du dort machst? Ich weiß genau was und wie du bist!“
„Ähm…!“
„Also können die Wälder gar nicht so gefährlich sein!“ folgert Selissa in messerscharfer, kindlicher Logik.
„Wenn du weißt wie und, nun ja…. was… ich bin, dann sollte dir klar sein, daß die Wälder ziemlich gefährlich sind. Zudem ich schon eine ganze Weile nicht mehr da war.“
„Hää? Und was isst du?“
„Suppe beim alten Frank. Manchmal auch Braten…“
„…und trinkst der armen Cindarella den ganzen Met weg!“
„Auch das nicht mehr….“
„Hääää….?“ Prüfend sieht Selissa ihre Mutter an. „Du siehst wirklich…komisch…aus.“
Sie legt ihre Hand an Taras Wange. „Du bist sogar so warm, wie ich! Was ist mit dir passiert?“
„Ich weiß es nicht. Vielleicht habe ich auch etwas abgekriegt, als dieses Ungeheuer mich durchbohrte. Vielleicht bin ich nun auch von diesem… wasauchimmer… befallen?“
„Willst du mich darum wegschicken?“
„Nein. Nicht, wenn ich es nicht wirklich muß.“
„Aber warum denn dann?“
„Weil mir der Teehändler ein wirklich gutes Angebot machte, das auch dir gefallen wird.“
„Was soll mir daran gefallen, dich verlassen zu müssen?“
„Du musst mich nicht verlassen. Baldurs Tor ist nur eine gute Flugstunde entfernt und du glaubst doch nicht, daß ich dich dort allein lasse?“
„Du kommst mit?“
„Ich werde oft genug bei dir sein. Doch kann ich meine Aufgaben hier nicht vernachlässigen.“
„Wo ist der Haken an der Sache?“
„Du wirst beim Teehändler mitarbeiten und das Handwerk eines Kaufmanns erlernen.“
„Häää? Ich denke, ich soll dort studieren?“
„Oh, das wirst du! Doch nicht den ganzen Tag lang…“
„A..aber…!“
„Kommst du denn gar nicht auf das Naheliegende?“
„Was soll denn das sein?“
„Was meinst du? Wie lange wirst du hier für ein Studium brauchen?“
„Beim Baron?....“
„Egal. Bei ihm….bei mir….meinetwegen sogar im Mantel. Obwohl ich nicht glaube, daß du dort etwas Gescheites lernen würdest.“
„Ich… weiß nicht?“ Selissa wird merklich vorsichtiger.
„Und nun erinnere dich an das, was ich dir versprach! Wann kommst du mit?“
„Wenn ich gegen die deinen bestehen kann!“ kommt ohne die kleinste Verzögerung die Antwort.
„Richtig. Und wie finden wir heraus, ob du bestehen kannst?“
„Ich muß durch den Wald?“
„Nein.“
„Ich muß in die Sümpfe? Gegen sie antreten?“
„Bei allen Höllen! Nein!“ Nun ist es Tara, die schockiert ist.
„Wie denn dann?“ Selissa ist ratlos.
„Ganz einfach. Du wirst dich mir stellen. Und ich werde dich nicht schonen!“
„Gegen dich?!“ Selissa ist baff.
„Ja. Besser wenn ich dir vielleicht etwas weh tue, als daß du bei anderen vielleicht ernstlichen Schaden erleidest.“
„A….aber….du bist eine verdammte KRIEGSMAGAE!“
„Mäßige dich, junge Dame!“
„Aber ich hab doch Recht!“
„Eben darum wird das deine Probe dafür sein. Bestehst du gegen mich, schaffst du das auch gegen die….anderen.“
„Und das soll ich in Baldurs Tor lernen?“
„Schneller als hier. Da bin ich ganz sicher.“
„Echt?“ Selissas Skepsis und Ablehnung bröckeln allmählich.
„Du kannst auch selbst mit Meister Granz sprechen. Er wird dir das ganze wohl besser erklären können, als ich.“
„Das ist der, dem du den Arm wieder angenäht hast?“
„Genau der.“
„Und wenn ich ja sage und gut lerne, dann nimmst du mich mit?“
„Ja. Wie ich es versprach.“
„Und… vorher muß ich dich besiegen?“
„Ja.“
„Dann komm mit! Wir gehen zum Turnierplatz!“
„Du weißt, daß du mir noch nicht gewachsen bist…“ Tara ist verblüfft.
„Ja. Aber ich will wissen, wo ich stehe. Und ich werde dich auch nicht schonen! So!“
Tara lacht laut auf und wirkt in höchstem Maß erheitert.
Selissa stockt und sieht sie entgeistert an. „Was hast du mit meiner Mama gemacht?! Gib sie mir sofort zurück!“
Immer noch kichernd wirft Tara sich ihr Cape über.
„Komm! Es sei, wie du willst! Gehen wir zum Turnierplatz...“


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 Betreff des Beitrags: Re: [RP]Beobachtung des Unmöglichen...oder sag niemals nie!
BeitragVerfasst: Fr 8. Nov 2019, 16:24 
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Registriert: Fr 16. Mai 2014, 22:37
Beiträge: 799
Zora löste sie doch sonst nicht beim Tellerspülen ab? Irgendwas war heute sehr merkwürdig.
Doch was soll`s ?
Was dir von Herzen geboten wird, das sollst du mit vollem Munde genießen!
Getreu dieser Weisheit überließ Selissa Zora, Eleonores Leibwächterin, ihren Platz am Spülbecken und machte sich freudig auf, die gewonnene Freizeit zu nutzen.
Je näher sie jedoch ihrem Zimmer kam, umso seltsamer wurde das Gefühl, dass hier und heute tatsächlich etwas überaus… anders war.
War es gut? War es schlecht? Hatte sie sich gar wieder etwas zu schulden kommen lassen?
Nein. Nach reiflicher Überlegung stellte sie fest, dass sie gerade einmal absolut gar nichts getan hatte, was ihr irgendwelchen Ärger einbringen könnte.
Ihre Arbeiten erfüllte sie, so gut sie es nur irgend vermochte, in der Akademie kam sie auch so gut mit, dass sie es sich sogar zuweilen erlauben konnte, im Unterricht mal etwas zu träumen, was natürlich die Lehrmeister niemals erfahren durften…
Es gab also nichts, wovor sie sich fürchten müsste.
Und dennoch! Sie hasste es, dieses Gefühl…
Nicht zu wissen, was los ist…
Mit diesem Gedanken öffnet sie die Tür zu ihrem Zimmer.
Huch?
Was ist das denn? Hatte sie die Kerzen nicht ausgemacht, als sie ging?
Doch da erspäht sie schon die Gestalt, die am Fenster offenbar auf sie zu warten scheint.
Einen Wimpernschlag nur braucht Selissa, um zu realisieren, dass sie nun endlich den Besuch hat, den sie doch schon so lange herbeisehnt.
Mit einem Freudenschrei, den mit einiger Sicherheit selbst Zora in der Spülküche noch hört, stürzt sie auf die Person zu und fällt ihr um den Hals.
„MAMA!!!“
In einer Mischung aus Freude, Erleichterung und der irrationalen Angst, dass sie das alles nur träumen könnte, verweilt sie eine kleine Weile in Taras Armen und drückt jene, als wolle sie sie zerquetschen.
„Uff! Es scheint, als sei meine Kleine gar nicht mehr so klein, wie ich es in Erinnerung hatte!“
„Ja. Du warst ja auch soooooo lange nicht mehr hier! Ich habe mir schon Sorgen gemacht.“
„Ähm…na ja. Es hat sich tatsächlich viel, sogar sehr viel ereignet, weswegen ich dir leider nur schreiben, dich aber nicht besuchen konnte.“ Das Bedauern in Taras Stimme ist unüberhörbar.
„Was ist denn passiert?“
„Du erinnerst dich doch noch daran, wie verwundert du warst, dass ich mich so veränderte?“
„Ja, natürlich! Du siehst jetzt richtig gesund aus. Und so kalt bist du auch nicht mehr. Warum fragst du?“
„ Na ja….“ Tara zieht Selissa zu sich heran. „ Es ist nun doch so, dass mir dieses Ungeheuer, das mich damals durchbohrte etwas… mitgab.“
„Hä? Was denn?“
Tara wickelt ihr Tuch vom Hals und zeigt Selissa ihr sichtbares, knöchernes Mal, das ihren Hals umschließt und auch ihre rechte Seite, bis unter die Brust bedeckt.
„Bei all….Was ist das?“ Nach kurzem Zögern klopft Selissa darauf herum und untersucht es genauer. „…ein Panzer? Eine Knochenrüstung?“
Sie sieht Tara ins Gesicht. „Und was ist mit deinen Augen passiert? Die sehen anders aus. Irgendwie….heller.“
„Das sind Veränderungen, wie sie jeder von uns hat. Der eine hier, die andere da.“
„Von uns?“
„Ja. Der Baron, Anara…und einige, die du nicht kennst.“
„Was seid ihr denn nun?“
„Ach, wenn ich das nur wirklich wüsste! Man nennt uns Hüllen.“
„Hüllen? Wie eine Buchhülle?“
Tara überlegt. „Ja, vielleicht. Der Vergleich ist gar nicht so schlecht.“
„Aber wieso bist du denn nun so eine…Hülle?“
„Weil ich den Tyrannten, der mich zu seinesgleichen machen wollte, bezwingen konnte. Er schläft nun in mir und ich bin wieder ich selbst.“
„WAS?! Dieser Tyrannt ist immer noch in dir drin?!“
„Ja. Doch er kann nichts machen. Er ist in seinem Schlaf gefangen.“
„Aber… wenn er wieder aufwacht?“
„Wird er nicht.“
„Und wenn du irgendwo bist ,wo es sehr laut ist?“
„Der wird nicht durch Lärm wach…“
„Aber er könnte!“
„Nicht durch Lärm…“
„Wodurch denn dann?“
„ Na ja….wenn ich mich seiner Kräfte bediene und mehr will, als ich eigentlich kann. Dann könnte er wieder erwachen.“
„Aber wieso ist er denn immer noch in dir? Da war doch schon etwas ganz….anderes.“
„Das hat der Tyrannt verbannt. Doch frag mich jetzt nicht, wie er das gemacht hat!“
„Wieso nicht? Das ist doch wichtig! Und obendrein höchst interessant.“
„Das wohl, doch zum einen habe ich darauf auch noch keine Antwort und zum zweiten will ich eigentlich viel lieber von dir hören, wie es dir hier geht und wie du vorankommst.“
„Na ja….anfangs war es schon schwierig. Alle wollten irgendwas….mach dies! Mach das… Zuerst dachte ich, sie wollten mich nur ärgern, mir meinen Platz zeigen oder so was.
Aber dann merkte ich, dass sie es tatsächlich ernst meinen. Ich muß hier wirklich mitmachen, sonst funktioniert es nicht. Und manches muß ich wirklich abwarten. Einmal hätte ich fast in der Akademie meinen Tisch abgebrannt, weil ich dachte, ich könne das schon, was sie wollten.“
„Konntest du aber nicht. Stimmts?“
„Hm…ja….stimmt. Konnte ich nicht. Dafür kann ich jetzt trefflich putzen und Bücher abstauben.“
Tara sieht ihre Ziehtochter entgeistert an, bevor sie in schallendes Gelächter ausbricht.
„Heeee! Lachst du mich etwa aus?!“ Selissa ist zuerst empört und stellt dann jedoch erstaunt fest: „Weißt du eigentlich, wie schön das ist, wenn du lachst?“
„Nein….und abermals nein. Ich würde ich nie auslachen. Niemals! Und ich weiß auch nicht, ob es schön ist zu lachen. Aber es fühlt sich gut an.
Ich sage dir, warum mich das so erheitert.
Als ich damals bei den Blutstäben war, musste ich auch mehr putzen und Bücher abstauben, als lernen. Und das zumeist auch nur, weil ich mich entweder selbst überschätzte oder unachtsam war.
Wie es aussieht, kann keinerlei Zweifel daran bestehen, dass du tatsächlich meine Tochter bist.“
Während Tara sich das Lachen mühsam verbeißt, scheint Selissa vor Stolz glatt eine Elle zu wachsen.
„Weißt du übrigens, dass ich hier auch Freunde habe?“
„Nein. Aber das ist schön! Was sind denn das für Freunde?“
„Einer heißt Arsene und die andere Vesna.“
„Aha? Und wie sind die so? Wie kommt es, dass ihr nun befreundet seid?“ Ganz offenkundig steckt doch viel mehr einer Mutter in Tara, als sie selbst ahnt.
„Das war eine gaaaaaanz komische Sache! Zuerst haben wir uns sehr gestritten, weil Arsene mich auslachte, als ich wieder mal….na ja….also wie so oft, putzen musste.
Das hat mich dann so geärgert, dass ich ihn anzünden wollte…“
„Das hast du doch hoffentlich nicht getan!“
„Neeeeeeiiiin! Aber ich hab mit den Putzlappen nach ihm geworfen und den ganzen Eimer gegen ihn gekippt. Dann war er richtig böse auf mich und wollte mich verhauen. Und ich konnte nicht mal wegrennen, weil ich so lachen musste…“
„Was war denn so lustig daran?“
„Na ja…Arsene sah richtig komisch aus, wie er da so stand….triefnaß….und seine Haare ihm am Kopf klebten…“
„Also hat er dich erwischt und verhauen?“
„Neee! Also erwischt hat er mich schon. Aber dann war er viel zu neugierig und wollte wissen, warum ich lache, statt wegzurennen. Eigentlich wäre es schlauer gewesen, zu rennen, weil Arsene ziemlich stark ist aber ich konnte einfach nicht.
Ich hab ihm dann sein Spiegelbild in einem Glasschrank, wo die Bücher drin stehen gezeigt.
Dann konnte er mich nicht mehr verhauen, weil er selbst lachen musste.“
Tara prustet vor sich hin. „Das hätte ich gerne gesehen! Und was ist mit…Vesna?“
„Die tat mir leid, weil sie mit den Sprachen nicht zurecht kommt. Dabei ist sie überhaupt nicht dumm! Sie braucht nur länger, die fremden Texte zu lesen. Darum half ich ihr dabei und wir üben das seitdem. Sie wird auch wirklich schon besser!“
„Ich bin so stolz auf dich! Siehst du? Es war doch nicht so schlecht, hierher zu kommen.“
„Stimmt. War es nicht. Zudem ich jetzt auch kochen kann.“
Tara ist baff. „Wirklich?“
„Ja. Eine von uns muß ja kochen, wenn du es nicht kannst…“
„Ähm….!“
„Nix ähm! Erinner dich nur mal an die fürchterliche Suppe, die du da zusammengerührt hast!“
„Ähm…!“
„Die war grauenvoll! Und wenn ich wieder zu Hause bin, dann koche ich eben für uns. Und du musst die Teller abwaschen!“ Ganz offensichtlich behagt Selissa dieser Gedanke sehr.
„Wie kam es denn dazu, dass du nun kochen kannst?“
„Das war aus der Not heraus. Manchmal bringe ich ja Vesna und Arsene mit und insbesondere Arsene hat immer großen Hunger… ich glaube gar, der wird nie satt…und da sagte Eleonore mal zu mir, dass ich dafür auch was tun muß und nicht einfach in der Küche etwas für uns holen kann. Zuerst war ich ziemlich böse darum aber als ich dann nachdachte, musst ich ihr recht geben. Aber sag ihr das bloß nicht!
Seither bringen Arsene und Vesna die Zutaten mit und ich koche, wenn es mal passt. Du hast ja gesehen, wie voll das hier ist. Und das ist immer so voll, obwohl es so furchtbar teuer ist.“
Endlich registriert Selissa das Bündel, welches Tara noch wohl verpackt auf dem Tisch platzierte.
„Was ist da drin?“
„Sieh nach, dann erfährst du es!“
„Das ist für mich?“
Tara nickt nur bestätigend, während Selissa sich daran macht, das Bündel auszupacken.
Heraus kommt ein Bastkörbchen mit einem Kuchen. Selissa sieht ihre Mutter erstaunt an. „Den hast du gemacht?“
„Ja. Es ist allerdings schon der Zweite. Den Ersten konnte man wirklich nicht essen…“
Selissa fällt ihr abermals um den Hals.
„Du hast noch nie für mich gebacken. Du glaubst gar nicht ,wie sehr mich das freut!“
„Puh! Da bin ich wirklich erleichtert. Ich hatte schon Angst, du magst ihn nicht oder hieltest es für unangemessen…“
„Neeee! Ich liebe Kuchen!“
Selissa schneidet das Objekt der Begierde auch umgehend an.
„Blaue….Beeren!!!!“ Rasch beist sie vom herausgeschnittenen Stück ab. „Daf ift lecka!“
„Du kannst ihn aufessen. Er ist nur für dich!“
„Allein schmeckt es nur halb so gut…“ Damit schneidet sie auch Tara ein Stück ab.
„Mit so was kannst du öfter kommen!“
„Das werde ich, wenn ich wieder da bin.“
„Du gehst fort?“
„Ich muß. Es hat mit diesen Tyrannten zu tun, die sich nunmehr als echte Plage erweisen. Wir werden also eine Weile weg sein.“
„Wir?“
„Ja. Der baron, Anara, ich, die Maestra…“
„Die auch?!“
„Ja, die auch….“ Offenkundig ist das Tara nicht so recht. „Und noch einige andere, die du aber nicht kennst.“
„Dann ist es wohl gefährlich?“ Selissa ist überaus besorgt.
„Ja. Überaus gefährlich.“
„Dann bleib doch da! Geh nicht mit!“
„So gern ich das würde, ich kann es nicht.“
„Warum denn nicht? Es sind doch genug andere dabei?“
„Das schon, doch weißt du, wenn man zu einer Hülle wird, bekommt man auch die eine oder andere Fertigkeit des Tyrannten in einem. Und das, was ich nun kann würde sehr fehlen, bliebe ich hier.“
„Was kannst du denn? Diesen üblen Strahl erzeugen, von dem du mir schriebst?“
„Den auch, doch kann ich nun Tyrannten aufspüren. Ich weiß erstaunlich genau, wo sie sind.“
„Und wenn sie wegrennen?“
„Wegrennen können sie, doch verstecken können sie sich nicht.“
„Und du sollst nun den anderen sagen wo die Unholde stecken?“
„Ja.“
„Aber kann das denn kein anderer machen? Ich will dich nicht schon wieder verlieren!“
Tara nimmt Selissa in den Arm, was jener seit neuestem mehr zu behagen scheint, als vordem.
„Du wirst mich niemals verlieren.“
„Doch. Es ist gefährlich. Hast du selbst gesagt!“
„Aber ich muß doch van Espada helfen, seine Freundin zu retten.“
„Kann der das nicht alleine?“
„Das weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass ich froh wäre, würde man mir helfen, sollte ich dich retten müssen.“
„Also hast du es ihm versprochen. Richtig?“
„Ja…“
„Ach Mama!....“


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 Betreff des Beitrags: Re: [RP]Beobachtung des Unmöglichen...oder sag niemals nie!
BeitragVerfasst: Do 11. Jun 2020, 10:22 
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Einige Zeit ist seit dem überraschenden Besuch ihrer Ziehmutter bei Selissa nun schon wieder verstrichen und jene macht sich zunehmend mehr Sorgen, ob es Tara gut geht, wo sie wohl sein mag und ob sie gar noch lebt.
In ihrer Ausbildung zur künftigen Magierin kommt sie erstaunlich gut voran. Allerdings liegt ihr die Praxis weit mehr, als die Theorie, auch wenn sie nicht müde wird, sich jede Schrift, die sie irgendwie interessant findet… auszuleihen und geradezu zu verschlingen.
Unglücklicherweise weiß der Verwalter dieser Schriften, zumeist die Bibliothekarin der Magierakademie zu Baldurs Tor oft nichts davon, besagte Schriften verliehen zu haben, was zu Selissas Glück jedoch nur relativ selten entdeckt wird.
Wenn doch, bedeutet dann ein weiteres Mal eine Standpauke und eine Grundreinigung des Laboratoriums oder der Bibliothek.
Naturgemäß putzt Selissa in der Bibliothek viel lieber, da sie hier ihren geliebten Schriften so nahe ist und keine Gelegenheit verstreichen lässt, darin zu lesen.
Zu ihrem Glück gehört sie mit zu den Besten ihres Jahrgangs, so dass die Ausbilder und Mentoren oft genug ein Auge zudrücken, wenn sie es nicht übertreibt.
Auch bei Eleonore hat sie sich nunmehr gut eingelebt. Fand sie auch anfangs das Kaufmannsgeschäft überaus unlogisch und furchtbar langweilig, werden ihr zunehmend wichtigere Aufgaben übertragen, die sie auch gewissenhaft erfüllt.
Tatsächlich hat sie in Baldurs Tor wohl nun ein neues Zuhause gefunden…

Der Tag war wieder mal langweilig und lang. Arsene hat sie in der körperlichen Ertüchtigung, die auch in Baldurs Tor fester Bestandteil der Ausbildung ist, nicht geschont, obwohl sie doch eigentlich mit Vesna üben wollte. Arsene schob jene jedoch einfach weg und meinte nur, dass jetzt mal richtig trainiert würde, was Selissa tatsächlich den Angstschweiß auf die Stirn trieb. Auch wenn Arsene wirklich sanft mit ihr umging, was er zumindest schwor, fühlt sie jeden Knochen in sich und ist froh, erst in einem Zehntag wieder diese Art der Unterweisung zu haben. Wie kann man mit diesem verdammten Stab nur so leicht, gar spielerisch umgehen, wenn sie doch nach einigen Hieben schon Mühe hat, jenen noch anständig zu schwingen?!
Und warum ließ Vesna sich so einfach vertreiben und grinste sich dabei sogar noch eins? Und was meinte sie damit, Arsene wolle was von ihr?
Fragen über Fragen…
Doch zum Glück ist der Tag nun um, der Abend da und sie gleich in ihrem kleinen Zimmer. Endlich!
Sie schließt die Tür hinter sich und lässt den Tag draußen.
Kurz zögert sie und lauscht, ob da vielleicht noch jemand auf dem Flur herumstreift, doch alles bleibt still.
Ein leiser Fingerschnipp, das passende Wort dazu und schon flammt die Kerze auf dem Tisch auf und taucht den Raum in ein angenehmes Licht, das anfangs flackernd bizarre Schatten an die Wand wirft. Ebenso zufrieden, wie sichtlich stolz grinst Selissa in sich hinein. Mama wird Augen machen!
Mama…
Ihr Blick fällt auf den kleinen Tisch, auf dem die Kerze steht.
Nanu?
Ein versiegelter Brief liegt darauf. Für sie? Sie wendet ihn hin und her.
Taras Handschrift. Eindeutig. Doch warum kam sei nicht selbst, wenn sie schon Briefe schreiben konnte? Eilig bricht Selissa das Siegel…

Geliebte Tochter!

Ja, ich rede dich so an, denn genau das bist du für mich, auch wenn ich es zuvor nie so recht ausdrücken konnte.
Wenn du diese Zeilen liest, sind die Dinge nicht so gekommen, wie ich es mir wünsche. Eigentlich wollte ich nämlich selbst nun bei dir sein und alle Neuigkeiten von dir hören und dir sagen können, dass die bösen Zeiten nun endlich vorüber sind.
Leider kam es anders. Sei indes nicht besorgt!
Ich bin guter Dinge am Leben und auch wohlauf zu sein, allerdings zu meinem Leidwesen nicht bei dir. Offenbar dauert das Unterfangen länger, als erwartet und ist obendrein auch noch schwieriger.
Mit Letzterem rechnete ich fest, doch ich gebe zu, dass mich das Erste doch sehr wurmt.
Du fragst dich sicher, wie es sein kann, dass du heute nun diesen Brief von mir erhältst, wo ich doch gar nicht da bin. Ich gab ihn bei meinem letzten Besuch zur Verwahrung, mit der Bitte, ihn dir erst dieser Tage zu geben, so ich nicht vorher auftauche und ihn wieder an mich nähme.
Fürderhin stellst du dir nun sicherlich die Frage, warum ich dir überhaupt diese Zeilen schreibe.
Wie du weist, ist es mir ein Gräuel, etwas halbfertig zu hinterlassen oder zu machen. Darum habe ich schon vor längerer Zeit Sorge getragen, dass du künftig ein Leben führen kannst, wie ich es dir bisher nicht ermöglichen konnte. Wisse, dass eine stattliche Summe Goldener für dich hinterlegt ist, die dir nach deiner Ausbildung zur Verfügung steht. Es ist genug, um ein kleines Anwesen zu erwerben und ein schönes Leben zu führen oder aber auch um eine lange Reise in die kalten Lande zu beginnen…


Verstohlen wischt sich Selissa eine Träne weg. Tara kannte sie wohl doch besser, als sie glaubte.

… Allerdings bedenke, dass meine Bedingung nach wie vor gilt! Nur wenn du gegen die meinen oder mich bestehen kannst, sollst du überhaupt daran denken, solcherlei Reise zu wagen!
Wenn das Schicksal es will, werden wir uns schon zuvor wiedersehen und ich werde mir geduldig deine Klagen über all dies anhören und mich daran erfreuen, wie groß du geworden bist und was du alles kannst.
Falls nicht, und du es wirklich wagst, diese Reise zu machen, lasse dich in Blutstein nieder! Dort werde ich dich finden. Sollte mir oder uns das nicht vergönnt sein, kannst du dort auch deine Großmutter, meine leibliche Mutter treffen. Sie weiß von dir und ist begierig darauf, dich kennen zu lernen. Ich bin sicher du weißt mit ihr umzugehen, immerhin hast du ja ausgiebig in meinen Schriften gelesen.
Fürs Erste jedoch schließe deine Ausbildung ab! Sowohl die in der Akademie, als auch jene bei Eleonore. Und zwar als Beste!
Auch wenn sich dir der Sinn dessen noch nicht zur Gänze erschließen mag, wirst du doch dereinst vom Nutzen daraus profitieren.
Ich hoffe, daß wir uns alsbald wiedersehen.

In Liebe T… Mama



Selissa starrt ins Leere, nicht bemerkend, wie Tränen ihre Wangen herunterrinnen und auf das Pergament tropfen, das sie krampfhaft in den Händen hält.
Was soll das?
Ist das jetzt ein Abschiedsbrief? Steht es wirklich so schlimm? Verliert sie schon wieder ihre Mutter?
Was soll sie mit dem Gold? Mit der Ausbildung? Das Einzige, das sie doch wirklich aus tiefstem Herzen will ist Tara! Ihr letztes Bisschen Familie.
Vergessen ist alles andere. Arsene und die Ausbildung mit dem Stab…unwichtig.
Eleonore… irrelevant.
Vesna… belanglos.
Schluchzend wirft Selissa sich auf ihre Bettstatt, den Brief ihrer Ziehmutter fest umklammernd und versucht ihrer Ängste Herr zu werden. Doch so sehr sie es auch versucht und sich anstrengt, sie kann einfach keinen klaren Gedanken fassen. Im Gegenteil!
Je mehr sie über alles nachdenkt, umso größer scheinen die Sorgen und Nöte zu werden und sie all ihrer Kraft zu berauben. So schläft sie schließlich doch erschöpft in ihrer Verzweiflung ein…



Irgendwie muß sie wohl wieder erwacht sein. Wie viel Zeit verging, weiß Selissa nicht zu sagen, doch etwas ist geschehen. Draußen ist es immer noch dunkel, allzu viel Zeit kann also nicht verstrichen sein, doch ist sie nun nicht mehr allein in ihrem Zimmer.
Eine hochgewachsene, schlanke Frau mit schwarzem Haar wendet ihr den Rücken zu und sieht offenbar aus dem Fenster in die Nacht hinaus und scheint sie nicht zu bemerken oder auf etwas zu warten.
Es währt nur einen Augenblick und Selissas Herz schlägt bis zum Hals.
Ist das möglich? Kann das wirklich sein?
Zögernd flüstert sie: „Mama…?“
Die Frau wendet sich zu ihr um.
Auch wenn es durchaus äußere Ähnlichkeiten zu ihrer Mutter gibt, erschöpfen sich diese nun bei genauerer Betrachtung darin, daß beide sehr hochgewachsen sind und pechschwarzes Haar haben. Im Gegensatz zu Tara ist diese Dame jedoch geradezu furchteinflößend schön. Auch sind ihre Augen nicht von einem Grau, wie es die ihrer Mutter sind, sondern irgendwie…violett?!
Doch seltsamerweise fürchtet sich Selissa kein bisschen, ja sie scheint es nicht einmal zu wundern, daß eine fremde Frau zu mutmaßlich nachtschlafender Zeit in ihrem Zimmer auftaucht. Tatsächlich fühlt sie eine gewisse… Geborgenheit, die sie seit Taras Aufbruch zu dieser unsäglichen Reise doch so schmerzlich vermisst.
Mit großen Augen sieht sie die Fremde an, als jene mit sanfter Stimme zu ihr spricht:
„Hab keine Furcht! Ich passe auf dich auf und lasse dich nie mehr allein…“

...

Selissa fährt hoch und reibt sich die Augen. Es ist tatsächlich noch Nacht draußen, doch von der fremden Dame ist keine Spur mehr zu sehen. Die Kerze brennt ruhig auf dem Tisch, die Tür und das Fenster sind verschlossen.
Nichts deutet darauf hin, daß hier außer ihr selbst noch jemand gewesen sein könnte.
Verdammter Traum!
Gleichwohl klingt das Gefühl der so schmerzlich vermissten Geborgenheit immer noch in ihr nach...


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 Betreff des Beitrags: Re: [RP]Beobachtung des Unmöglichen...oder sag niemals nie!
BeitragVerfasst: Mo 11. Jan 2021, 14:38 
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Beiträge: 799
Was soll sie nun tun?
Seit einigen Stunden streicht sie nun schon um die noble Herberge herum, wo sie ihre Tochter unterbrachte und wagt sich nicht hinein.
Alles in ihr ist in Aufruhr.
Tara rekapituliert wieder und wieder die jüngsten Ereignisse.
Wie überrascht sie war, als van Espada sie aus der Phiole frei ließ und wie ihre Wut und Frustration geradezu überschäumten, als sie die näheren Umstände dafür erfuhr.
Alles war gescheitert!
Wieder einmal war es der Maestra wichtiger ihr eigenes Süppchen zu kochen, als sich an das zu halten, was abgesprochen war. Zudem sie, wie sie es schon vermutete, doch bisher mehr oder weniger erfolgreich zu verdrängen suchte, sie verraten hat.
Wollte sie sie doch tatsächlich erst wieder in Rivin freilassen, um sie zugleich der Gerichtsbarkeit zu überantworten! Wie konnte sie nur jemals auf den Gedanken kommen, der Maestra zu trauen?!
Nicht genug damit, zwang sie Tara doch obendrein dazu, ihr gegebenes Versprechen nicht halten zu können, was mindestens ebenso schwer wiegt.
Sie half van Espada entgegen ihres Wortes nicht dabei, seine Freundin aus den Fängen Lord Grobans zu retten. Daß es ihr dank der Maestra gar nicht möglich war ist irrelevant.
Immerhin stimmte sie dem Plan zu, als Rauchwölkchen in der Phiole zu reisen obwohl sie wusste, daß der Maestra nicht zu trauen ist. Somit ist es ihr Fehler gewesen, leichtsinnig einer unehrlichen Person zu vertrauen. Das wird ihr kein weiteres Mal mehr passieren!
Fürs Erste nahm sie van Espada mit nach Baldurs Tor. Einerseits um vielleicht doch noch irgendwie ihr Versprechen zu erfüllen, andererseits um Unheil zu verhindern, ist doch van Espada mindestens ebenso erbost ob des ganzen Debakels, wie sie selbst.
Bis hierhin hatte sie wohl Glück.
Der Maestra fürs Erste entkommen, konnte sie unbemerkt ihre wenige Habe vom Totenacker Rivins holen. Ein Risiko, gewiß. Doch sie hätte ihre Instrumente, die ihr seinerzeit Wotan nach ihren eigenen Wünschen anfertigte, zweifellos sehr vermisst. Zudem sie jene auch für ihre Arbeit braucht.
Arbeit…
Momentan hat sie ja gar keine. Glücklicherweise muß sie sich ja um ihre Einnahmen nicht wirklich Sorgen machen.
Jetzt jedoch muß sie sich Selissa stellen.
Bei allen Höllen, wie das klingt!
Als ob sie in den Krieg zöge. Dabei will sie doch nur endlich wieder zu ihrer Tochter!
Gleichwohl plagt Tara ihr Gewissen gewaltig.
War es richtig, Selissa so überstürzt zu verlassen? War es eine gute Idee, ihr diesen Brief zu hinterlassen? Hatte sie nicht viel zu viel unterlassen, was sie hätte tun müssen?
Tausend Fragen schwirren in ihrem Kopf herum und auf keine Einzige hat sie eine gute Antwort.
Wie sagte doch diese Fremde im Gasthaus? Selissa würde sie lieben. Ja sicher tut sie das wohl, was sie aber keineswegs daran hindern wird, ihr den Kopf abzureißen. Zumindest im übertragenen Sinne. Immerhin war sie ihre Tochter, leiblich oder nicht und viel zu oft erkannte Tara sich in ihr schon wieder.
Doch egal!
All das Grübeln ob eines Für und Wider ist nur die nackte Feigheit vor dem, was unvermeidlich ist. Es bringt nichts, die Wahrheit schönreden oder ignorieren zu wollen, zudem das Verlangen in ihr selbst, Selissa endlich wieder zu sehen ja auch geradezu übermächtig ist.
Also nimmt sie ihren Mut zusammen und betritt das Gasthaus.
Der Zeit nach sollte Selissa eigentlich auf ihrem Zimmer sein. Immerhin ging die Sonne schon unter und am nächsten Tag stehen sicher wieder Lektionen und Unterweisungen in der Akademie an.
Ungehindert gelangt sie zu der Tür, hinter der ihr momentan größtes Sehnen und gleichzeitig der Grund für ihre größte Angst liegt.
Nach einem letzten, kurzen Zögern klopft sie an…
Nichts.
Sie ist also nicht da, ein guter Grund, später nochmal wiederzukommen…
Nichts da! Tara zwingt sich zur Ruhe und klopft entschlossen abermals. Diesmal etwas energischer.
Tatsächlich! Etwas rührt sich hinter der Tür und es dauert nicht lange, bis der Schlüssel im Schloß gedreht wird und die Tür sich öffnet.
Alsbald siehst sie sich einer offenbar müden Selissa, die sie wohl aus dem Bett geklopft hat gegenüber, während jene ihren Augen offenbar mißtraut.
„Bist du wieder so ein Traum von Mama? Dann laß mich in Ruhe und komm später wieder!“
Tara schluckt.
„Nein. Ich bin kein Traum. Ich bin wirklich hier…“
Selissa sieht Tara einen Augenblick entgeistert an, bis sich der Gedanke in ihrem Verstand manifestiert, doch nicht zu träumen.
Mit einem Aufschrei, der Tara schmerzlich in den Ohren gellt, springt Selissa auf sie zu und reißt sie fast zu Boden, während sie sie gleichzeitig zu umarmen versucht und wütend mit ihren Fäusten gegen ihre Brust trommelt.
„Endlich…Warum…Wo warst…Wie…Was…Bleibst du… Was machst…“
Selissa hat offenbar tausend Fragen, die nun alle gleichzeitig aus ihr heraussprudeln und über Tara hereinbrechen. Jene erträgt das gewohnt stoisch bis auch bei ihr die Erkenntnis durchdringt, daß Bellona und Sila wohl recht haben und Selissa ihr zwar zürnen mag, doch sie trotzdem noch liebt.
Von ihrer Angst ob des Verlustes ihrer Tochter befreit läßt Tara ihr Gepäck fallen und schließt Selissa in die Arme, als wolle sie jene zerquetschen. Es dauert eine kleine Weile, ehe sie sprechen kann. „Endlich! Du glaubst nicht, wie sehr ich dich vermisst habe!“
Sie stellt Selissa vor sich hin, die sie mit großen Kulleraugen überrascht ansieht. „Hattest du denn Zeit an mich zu denken, bei dem, was du da tatest?“
„Natürlich! Du warst zu jeder Zeit in meinen Gedanken, egal, was ich gerade tat oder wo ich war.“
Sie betrachtet Selissa eingehend. „Du bist groß geworden. So lange habe ich dich also allein gelassen.“ Das schlechte Gewissen steht ihr deutlich ins Gesicht geschrieben.
„Ja. Hast du! Und ich bin… war deswegen auch furchtbar wütend…“ Selissa sieht ihrerseits Tara an, wobei beiden auffällt, daß sie dazu nicht mehr so aufsehen muß, wie vordem.
Dann jedoch fällt sie ihr abermals um den Hals und zieht sie in ihre Zimmer. „Jetzt kommst du rein und gehst nie wieder weg! Nie, nie, nie wieder!“
Erleichtert läßt Tara sich mitziehen und greift gerade noch nach ihrer wenigen Habe, bevor Selissa die Tür ins Schloß fallen läßt.
Mit einem leichten Wink von Selissa flammen die Kerzen auf dem Tisch und im Fenster auf, was Tara ebenso erstaunt, wie erfreut registriert. „Du bist nicht nur groß geworden, offenbar hast du auch eine Menge gelernt…“ stellt sie fest.
„In der Akademie geht es ganz gut. Ja.“
Selissa greift taras Hände, als wolle sie verhindern, daß sie nochmals einfach verschwände.
„Und jetzt will ich alles wissen! Wirklich alles. Laß nichts aus!“
Und Tara erzählt ihrer Tochter, was im letzten Jahr vorfiel und warum.
Als sie nach langer Zeit zum Ende kommt, ist Selissa überaus nachdenklich und unverkennbar zutiefst empört. „Wie kann sie es nur wagen? Hast du nicht genug Blut für diese verdammte Stadt vergossen? Was will sie denn noch? Und so eine will mich von dir wegholen! Das soll sie mal versuchen!...“
„Gemach Selissa! In einem Punkt hat sie ja wirklich Recht. Ich… habe… all diese Leute umgebracht. Daran gibt es nichts zu deuteln.“
„Aber doch nur, weil du… Hunger… hattest und dann nicht mehr du selbst warst!“
„Dennoch sind sie nun tot. Das Warum interessiert die Maestra nicht.“
„Aber was ist mit all jenen, denen du geholfen hast? Also die, denen du die Knochen wieder geradegebogen hast und sowas? Zählt das denn gar nichts?“
„Ach Tochter! Du kannst nicht ein Leben gegen ein anderes aufwiegen. Auch wenn die meisten das gern machen und dir dann einen ganzen Sack voll kluger Reden predigen.“
„Was?! Du stimmst dieser Maestra zu?“ Selissa ist schockiert.
„Nur darin, was die Fakten angeht. Durch mich sind viele Leute umgekommen. Mehr Zustimmung bekommt sie von mir nicht. Ich will gar nicht wissen, wie viel sie selbst zu verantworten hat.“
„Ich denke, man kann ein Leben nicht gegen ein anderes aufrechnen?“
„Kann man auch nicht. Richtig. Aber ich kann und will niemanden als Richter akzeptieren, die selbst nicht frei von Schuld ist.“
„Und was jetzt?“
„Jetzt halte ich mich von der Stadt fern. Du wirst mich also jetzt öfter hier haben, als dir lieb sein wird…“
Selissa sieht Tara ungläubig an. „Neeeee!“
„Warte es nur ab! Spätestens wenn du wieder etwas willst und ich etwas dagegen sage. Und jetzt ab ins Bett mit dir! Oder hast du morgen keine Unterweisungen?...“
Selissa krabbelt erstaunlich folgsam und seit langer Zeit auch wieder einmal glücklich in ihr Bett, während Tara es genießt, wieder bei ihr zu sein und noch lange den Schlaf ihrer Tochter bewacht…


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