Einer der Gehilfen des Fraters rüttelte diesen unsanft wach, als die Gerüchte des Kampfes sich wie ein Lauffeuer durch die nächtlichen Gassen der Stadt fraß. Schnell raffte der Frater ein paar Utensilien zusammen, warf diese auf den obligatorischen Handkarren und zog in Richtung dieses urbanen Schlachtfeldes. Am Ort des Blutbades angekommen, sammelte er die Leichen auf, derer, die für das Wohl Rivins ihr höchstes Gut gegeben hatten. Beide Seiten fochten für ein Ideal, das ihren ganz persönlichen Vorstellungen von einer besseren Zukunft entsprach. Die Fürstentreuen und die Seperatisten, beide Seiten waren bereit, alles zu geben und zu opfern in diesem Ringen um Ideale und Systeme.
Dem Frater war es egal, der Schnitter hatte auf beiden Seiten reiche Ernte gehalten. Egal was sie antrieb im Leben, im Tode waren sie friedlich vereint, gleichsam verstummt, gleichsam tod. Die Priester Selûnes kümmerten sich um die Verwundeten, der schwarze Mönch hingegen, um die Gefallenen, welche er auf seinem Karren sammelte. Zusammen mit seinem Gehilfen beseitigte der Frater auch die letzten Reste des Kampfes, die sonst auf die braven und geschäftigen Bürger des kommenden Tages warten würden. Hier ein abgeschlagener Arm, dort ein Haufen grauer Därme, die aus der geöffneten Bauchhöle gerissen worden waren. Fleischfetzen, Knochenfragmente, Angst-Kot, Hirnmasse, verkohlte Haut, die sich an die Steine gebacken hatte, bis hin zur letzten Blutlache, die langsam in den Ritzen der Steine stockte, wurden sorgsam die übelkeiterregenden Reste mit Brunnenwasser vom Pflaster gekehrt. Damit wieder alle nur vom Ruhm sprechen konnten und nicht vom grausamen Schlachthaus, in dem so ein Sieg auf bestialische Weise erkauft werden muss.
Die Kadaver verbrachte der Frater in seinem schlichten Erntekarren zum Friedhof, wusch sie und schloss die entstellendsten und fürchterlichsten Wunden mit ein paar Stichen. Besonders die Mitglieder der Gelben Hand untersuchte er sorgsam auf Käferbefall. Er versuchte die stummen Angstschreie, das Entsetzen, und den Todeskampf aus den Gesichtern zu glätten. Anblicke, die keine Witwe gerne sah. Er bahrte sie sorgsam auf, eine Reihe je Front, zwei Reihen, die sich im Kampf gegenüber standen und nun im Tode gegenüber lagen. Dort ruhten sie nun Schulter an Schulter auf ihrem Katafalk und warteten auf den kommenden Tag. Die ersten Strahlen der Sonne würden die Familien mit sich bringen, auf das sie Anspruch auf ihre Lieben erheben, laut und offen die Trauernden der Stadtwache, leise und heimlich die Hinterbliebenen der "gelben Hand". Vieleicht würden auch ein paar Offizielle oder Offiziere kommen, ein paar salbungsvolle, hohle, bedeutungsleere Worte von Ruhm und Ehre zusammenkratzen und der Welt zum Besten geben, wer weiß. Aber es würden wie immer auch einige übrig bleiben. Die, die niemanden hatten, die keiner vermisste. Bei denen niemand am offenen Grab stehen würde, um den letzten Gruß zu entrichten. Die unbeweint und ungetröstet den letzten Gang gehen mussten, die nach keinem Ritus bestattet wurden, dem sie im Leben dienten. Um die würde sich der Frater kümmern und sich ihrer annehmen.
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