Bei jedem Anbruch eines neuen Tages, den die Götter den noch lebenden zugestanden haben, sieht man den Frater mit einem Karren und zwei Knechten durch die Strassen des Hafens ziehen. Jede Gasse, jeder Hinterhof und jede noch so dunkle Ecke wird abgesucht und nach den Opfern der Nacht ausschau gehalten. Neutral und ohne Fragen zu stellen, wie der Tod nunmal zu jedem kommt, so kommt auch der Frater zu jedem Kadaver und birgt ihn sorgsam auf seinem Karren. Unabhängig, mitleidlos und dennoch voller Respekt vor der leblosen Hülle und dem enthüllenden Tod, sammelt der Frater die Opfer beider Seiten auf. Diese Früchte der Nacht und seine Ernte des Tages, bringt er zu einem abgelegenen Teil des Riviner-Friedhofes. Auf das die Kadaver nicht als Saat und Brutherd für Krankheiten und Seuchen dienen. Dort wäscht er die Körper, ordnet und richtet Gliedmaßen, näht die Schnitte und Stiche zu und das verlorene Gedärm wieder in die ursprüngliche Hülle ein. Dabei untersucht der Frater die Leichen auf möglichen "Ungezieferbefall" und andere Veränderungen, die mit der Würde des Lebens und Sterbens nicht im Einklang stehen.
Er belässt die so hergerichteten Toten dort, zwei Tage und eine Nacht, auf das vielleicht eine Familie kommt, die ihre geliebten Angehörigen sucht, Anspruch auf die Leiche erhebt, ihr einen Namen und die Würde zurück gibt, die ihr in der Gosse genommen wurde. Die Namenlosen, Unbeweinten und Morgen schon vergessenen, begräbt der Frater in einer kleinen, weit entfernten Ecke. Bettet sie zusammen, in einem immer größer werdenden Grab und macht eine entsprechende Reihe von Strichen auf dem Schild, welches die Grabstätte kennzeichnet.
Hier liegen, Schulter an Schulter, im Tode vereint geschlachtete Lämmer, die niemand beweint kein Gott sich ihrer erbarmt, als Preis ihrer Gier verkauft ihre Seelen, nur Hüllen ruh'n hier im blut'gen Schach der Gehörnten, gefallene Bauern verdamme sie nicht, um Rivins Kinder wir trauern.
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