Lafaellar hat geschrieben:
* SCHNIPPS*
Hm hm hm. Ich weiß nicht, ob episch gleich außergewöhnlich ist, so wie du es nahe legst. Leider ist "Epicness" kaum deutlich zu definieren (siehe urban dictionary
hier). Sicherlich ist das Außergewöhnliche ein Faktor, aber nicht der einzige. Epicness scheint mir ein Begriff zu sein, um ein positives Urteil, ein Gefallen (mit emotionaler/immersiver Komponente) in gewissen, vor allem narrativen Kontexten auszudrücken. Das Monumentale (die große Tragweite einer Handlung; die Handlung betrifft nicht nur die Protagonisten, sondern sehr viele Menschen; es ist eine HELDEN-Geschichte) scheint mir da ebenso wichtig wie das Außergewöhnliche. In meinem Kopf ist das Epische stets auch mit dem Schicksals- und Geschichtsschwangerem verbunden, mit Auserwählt-sein, mit Göttlichem, Urgewaltigem, auch mit Endzeitlichem, Mystischem, Ewigem und Endgültigem bis hin zum Apokalyptischen. Vom Epischen werden noch die Opas ihren Enkeln und Urenkeln im Kaminschein erzählen. Diese höheren Mächte, also das Außergewöhnliche, braucht es einfach, um eine Handlung in ihrer Tragweite ins Monumentale zu heben. Mit normalen Kräften (Menschen statt Dämonen) ließe sich kein so hoher Grad an Epicness erreichen.
In diesem Sinne war zum Beispiel der Film 300 super episch (was ich von diesem Film halte, steht auf einem anderen Blatt - der Grat zwischen Kitsch und Epicness ist sehr schmal). Da wird eben ein Perserkönig zum Gott, und das Wetter passt sich der Geschichte an (APOKALYPSE!!!), und aus den Darstellern strahlt die epische Geschichte so stark heraus, dass sie höchst artifiziell wirken; und wenn schon mal die Götter herab steigen, dann ist es auch mit einer "realistischen" Darstellung von Kampf und Heeren nicht getan, es braucht schon Milliarden-Heere und Soldaten, die nicht menschlich sind, sondern bloß Essenz böser/guter Kräfte, etc. etc.
Natürlich ist es ganz einleuchtend, dass Epicness in engem Zusammenhang mit "Heldentum" steht, und damit eben auch mit einer bestimmten Form des Rollenspiels (DnD/High Fantasy allgemein). Ich denke aber schon, dass eine Inflation des Epischen problematisch ist, eben weil das Epische diesen Anspruch auf das Endgültige, Monumentale hat. Ich bemühe mich beispielsweise in meiner Lothlann-Chargeschichte darum, das Epische eher subtil und langsam einzuführen, aber ganz ohne komme ich auch nicht aus: die Götter haben ihre Hände im Spiel! Aber eben im Alltag, alles andere wäre mir zu kitschig/vordergründig. Da versuche ich halt auch mal eine flackernde Kerze mit "epischer" Bedeutung aufzuladen. Ob es gelingt, ist eine andere Geschichte.
Die Luftschiffe in Halrua wären für mich per se noch nicht "episch". Sie wären eben Alltag. Es hängt nichts Großes von ihnen ab und höhere Kräfte oder das Gute und das Böse melden kein besonderes Interesse an ihnen an. Harmony Rhapsody erwähnt ja auch im Eingangspost stets "mächtige" Artefakte und "mächtige" Wesen. Ein Luftschiff per se mag "beeindruckend-außergewöhnlich" sein, aber ist jetzt noch nicht wirklich mächtig.
Es ist auch das eine, vom Setting her zu argumentieren und zu sagen, dass das, was vielen außergewöhnlich erscheint, laut Setting eigentlich ganz gewöhnlich ist. Ich vermute aber, dass die Sicht so mancher Spieler von den Settings-Vorgaben doch ein wenig abweichen wird. Ich denke viele sehen Teufel und Dämonen als episch an, einfach weil diese im Vergleich zu bloßen "Rassen" (Gnome, Elfen, Orks, etc.) in ihrer Gesinnung nicht frei sind, sondern mit den elementaren Kräften gut und böse in Verbindung stehen. Außerdem haben sie eine höhere Intelligenz (das mag bloß mein Vorurteil sein) als Orks, Riesen und dergleichen, was sie für die Position des Oberschurken qualifiziert. Orks und Riesen? Die sind kaum in der Lage, "epische" Ränke zu schmieden, sind mehr Tiere (Tiere sind, wie Harmony Rhapsody anklingen lässt, i.d.R. nicht "episch"), ums eigene leibliche Wohlergehen besorgt, als Idealisten mit Machtgier. Mit Orks oder anderen "Handlangern" allein wird sich selten eine epische Geschichte entfalten lassen. Gleiches gilt für unintelligente Untote. Die sind doch bloß Produkte, Materie. Ein intelligenzbegabter Lich hingegen, der wäre schon episch!
EDIT:
Vielleicht spielt auch das Individuum beim Epischen eine Rolle. Narrationen, die durch die Handlungen von Kollektiven entstehen (gesellschaftliche Entwicklungen, Organisationen, was auch immer) sind weniger episch als Narrationen, die vom Willen Einzelner (die aber mindestens genauso mächig sind wie Kollektive) voran getrieben werden. Das ist ja auch irgendwo das Urbild des Gottes (ein Individuum/Willen mit absoluter Macht; keine Verhandlungen und Kompromisse, kein Teilen der Macht). Die Macht ist stets einem Individuum zuschreibbar. Strukturen entfalten hingegen kaum Macht (wenn, dann muss da zumindest irgendeine moralisch fassbare Kraft dahinter stehen).
EDIT II:
Es gibt wohl auch epische Inszenierung/Pathos. Mein Kampf um die Öffnung einer Chips-Packung kann durchaus episch sein, sofern entsprechende Musik (Carl Orffs
O Fortuna) eingespielt wird und mein Ringen in Zeitlupe dargestellt wird.
O Fortuna ist wohl der Urvater der epischen Musik, auch vom
Text her. Chor = episch, weil er einen religiösen Kontext hat und ein Kollektiv singt - sänge ein Individuum, könnte man das Gesungene m.E. nicht so leicht auf übergeordnete Kräfte beziehen! Alte Sprache = episch, weil dahinter sicher Legenden stecken; History became legend. Legend became myth. Ihr wisst schon ...
In puncto Inszenierung hätten auch Luftschiff(-gefechte) großes Epicness-Potential. Alleine der Umstand dass sie fliegen und somit Himmel und Göttern näher sind. Und dann können sie womöglich Feuer speien/sich beschießen, beginnen zu brennen, bekämpfen sich mit den Elementen, der Rauch verdunkelt den Himmel. Und ist erst eines getroffen, dann stürzt es wie ein gefallener Engel vom Himmel! Luftschiffgefechte wären also ganz gewaltig symbolisch aufgeladen.
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Charaktere:
Flammo (inaktiv) - galanter, geschleckter Lackaffe, Cavalier und Stadtratskandidat
Lothlann (inaktiv) - anerkennungssüchtiger, sembischer Wirt und barocker Antiheld
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