Der letzte Tropfen der goldenen Flüssigkeit versank im Erdreich Chaunteas und ließ damit die edle, illuskische Flasche leer und nun ihrer Funktion beraubt, zurück. Still hatte Jerem dem goldenen Wein zugesehen, wie er aus der Flasche hinaus auf die Wiese floss, wie die Flüssigkeit eine kleine Pfütze vor ihm gebildet hatte, nicht willends direkt und vollkommen aufgesaugt zu werden. Analysierend löste er danach das Etikett der Flasche und sah dahinter nach, suchte nach einer Spur, einem Hinweis.. aber wofür?
Er hatte jenes 'Geschenk' nicht verstanden. Flinn musste damit etwas beabsichtigt haben, vielleicht war es eine Nachricht die Jerem noch nicht entschlüsselt hatte. Oder es war ein Zeichen, eine stille Provokation oder Bestrafung doch auch hier verstand er nicht... zu welchem Zweck? Frustriert bewegte er sich wenige Meter fort, versuchte zu ergründen, was ihm hier entging. Doch gleich auch zu welcher 'Lösung' er kam, er fand nicht den Hintergrund dessen. Die Begründung, den Antrieb.
Sein Rücken spürte den kühlenden Stein der riviner Stadtmauer und er nahm jene Stütze an, ließ sich an ihr hinab gleiten und streckte dort, auf dem Boden, die Beine von sich. Interpretierte er hier zuviel hinein...? Nein. Das war Flinn, Flinn sah in allem etwas von Bedeutung, ebenso musste es mit seinen Handlungen sein. Die Flasche zerschellte an der nahen Mauer, als Jerem sie dagegen warf. Frustriert und verzweifelt, die Lösung nicht zu finden.
Ein Kopfschütteln folgte. Ich habe keine Zeit. Keine Zeit die Botschaft zu finden, wieso sagst du sie mir nicht einfach?! Wieso nicht..? Wir alle haben keine Zeit. Für nichts.
Und doch ging er seiner Arbeit nach, kehrte inzwischen wieder abends Heim und versuchte, diese kleine Illusion von Normalität aufrecht zu erhalten. Doch wozu? In wenigen Tagen würde sich alles ändern. Bekannte, Freunde, jene die er zu seiner Familie zählte - sie alle könnten sterben. Inklusive ihm. Der letzte Zehntag war ein stetiger Bote von Todeswahrscheinlichkeiten gewesen.
Sie stirbt. Sie wird sterben. Sie wird wahrscheinlich sterben. Sie stirbt in vier Tagen. Ich habe nur noch drei Tage. Meine Tage sind gezählt.
Wieso musste der Tod ein stetiger Begleiter sein...? Er war es leid. So furchtbar leid. Niemand sollte sterben, niemand. Vielleicht war eine Zukunft, in der irgendeine Art von Frieden herrschte, kontrolliert von einem Wahnsinnigen, trotzdem besser als die Gegenwart. Vielleicht war sie das wirklich. Wenn sie überleben würden.
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