Faithless
On my way
Defenceless
From my heart, won't you be
Heartless, here with me
Breathless, from this night's misery
This night will start the exile runEs fühlte sich seltsam an... Gottlos zu sein. Eine Leere in sich zu haben, wo zuvor ein großes Machtpotential lag. Fast ein Jahrzehnt lang hatte er Ghaunadaur, dem Gott der Schleime, dem Gott des Elementaren Bösen, dem Ding, was nicht sein sollte, dem Älteren Auge, dem Lauerndem Auge gedient... und große Macht hatte er davon bekommen. Eine unheilige Kraft hatte ihn durchströmt, eine Kraft, die ihm Dinge ermöglichten, die kein normaler Mensch in der Lage war zu vollbringen. Mit der Berührung seiner Hand konnte er Wunden aufplatzen lassen, mit dem Schleim, den seine Hand absonderte, war er in der Lage, einem Menschen eine Krankheit anzuhexen, eine Krankheit, welche in der Lage war, tödlich zu enden. Untote haben sich seinem Willen gebeugt, und er war sogar in der Lage, selbst Untote zu erschaffen, wie er es des öfteren getan hatte, um seine Feinde zu vernichten. Selbst die Kreaturen des Abyss hatten ihm gehorcht, widerwillig, aber gezwungen durch den Pakt mit seinem Herren. Ja... Rantargar, der Streiter des Bösen hatte Mächte besessen, die er nun nicht mehr besaß. Mächte und Kräfte, die er nun vermisste, gerade in diesem Augenblick, als er sich unter dem Hieb des gewaltigen Ogers hinweg duckte, um nicht von der Keule zerschmettert zu werden.
Ja, die Mächte waren verlockend... doch der Preis... der Preis der Mächte war hoch. Das Ältere Auge erwartete jede Nacht ein Opfer... Jede Nacht ein Opfer, welches am besten sich freiwillig selbst opferte, nach Stunden, wenn nicht Tagen der Qual und des Schmerzes... außerhalb der Nelanther Inseln waren die Möglichkeiten zumeist nicht vorhanden gewesen. In Seldaria hatte Rantargar sich zumeist der Kobolde bedient, und später, als diese den Blutratten wichen, den Goblins. Ein jedes mal einen Menschen zu nehmen, das wäre zu weit gegangen. Nicht zu weit für Rantargar Gewissen, nicht zu weit für Rantargars Empfinden von Grausamkeit und Bösartigkeit... nein, zu weit und zu auffällig für die Bewohner von Fürstenborn. Es wäre aufgefallen, wenn zu viele Menschen verschwunden wären, wäre aufgefallen, wenn sie alle geopfert worden wären... eine Schreckensnachricht hätte die nächste gejagt, selbst wenn es nur einer pro Monat gewesen wäre. Und Rantargar wusste genau, dass selbst die meisten der sogenannten Dunklen Garde, oder die Südländer, die Bewohner Achazats... selbst die große Springerin solche Dinge nicht gutgeheißen hätte, dass diese Leute irgendwo noch so etwas hatten, wie moralische Grenzen, die sie davon abhielten, oder andere Gründe. War es Rantargar zuwider gewesen...? Nein, nicht in den letzten Jahren. Es hatte ihn Überwindung gekostet, in den ersten Jahren der Dienerschaft, aber er wusste, dass er keine andere Wahl hatte. Doch mit der Zeit gewöhnte er sich daran, stumpfte ab... er war ein Werkzeug des Bösen. Wenn keine denkenden Wesen zur Verfügung standen, wurden Tiere geopfert. Wenn keine Tiere zur Verfügung standen, wurde Nahrung geopfert. Wenn keine Nahrung zur Verfügung stand... hielt Rantargar seine Hand ins Feuer, und verbrannte sie über der Flamme. So war der Lauf der Dinge. So waren seine Aussichten. Doch das war vorbei. Keine Opfer mehr für Das Auge. Nie wieder. So der Gedanke, als die Keule des zweiten Ogers gegen den Schild des Kämpfers traf.
Und doch... diese Leere... dieses Fehlen von... etwas. Niemals war er freiwillig dem Auge gefolgt, niemals hatte er freiwillig die Wesen geopfert... oder zumindest war es das, was er sich einredete. Ja, es war immer einfacher, in sich selbst ein Opfer zu sehen, als einen willigen Diener der Perversion, des Bösen... oder war es gar nicht falsch gewesen? Waren es die anderen, die falsch waren? War es richtig, die schwächeren zu unterdrücken, ihnen das Leben zu nehmen, um sich selbst zu stärken? War es der Grund ihrer Existenz? Waren manche auserkoren, um sich der Schwäche anderer zu laben, sie auszunutzen, um sich selbst zu stärken? War dies der richtige Weg? War es der falsche Weg? Rantargar schwirrte der Kopf, und so gelang es ihm nur knapp mit seinem Hammer den Hieb des dritten Ogers abzulenken, so dass er nur seine Schulterplatte streifte, anstatt seinen Schädel zu knacken.
Kristos erwartete, dass Rantargar sich ihm anschloss... Tchazzar, Set, Tiamat... die Drei... der Krieger, der Schlangengott, und die Göttin der Drachen... der Kriegsheld, der Befreier der Unterdrückten, und die Nemesis der falschen Götter... wollte Rantargar sie verehren...? Wollte Rantargar Diener dieser Drei sein? Sie hatten ihm geholfen, Das Auge loszuwerden, hatten ihm geholfen, dass er sich befreien konnte von dem Schleim und dem, was von dem Wahnsinn noch an ihm klebte, wie der Geruch von Rauch nach einem Feuer. Er schuldete ihnen vieles, und er würde diese Schuld zurückbezahlen. Aber würde er so weit gehen, dass er sich ihnen hingab, ihnen gehorchte, ihr Diener wurde..,? Die drei Oger, welche von dem Felsvorsprung her zu ihm gerannt kamen, und ihn mit ihren Keulen bedrängten, brüllten Triumphierend, hatten sie den viel kleineren Mann doch umzingelt, und erfreuten sich daran, dass sie bald ihn aus seiner Rüstung brechen würden, um sich an seinem Fleisch zu laben.
Die Springerin... er hatte sie noch nicht getroffen, seit seiner Rückkehr in die Welt der Lebenden, aber sicherlich würde es sie irgendwo auch freuen, zumindest, wenn sie sich nicht zu sehr geändert hatte. Sie hatten immer gut zusammen gearbeitet in der Vergangenheit, und sicherlich gab es nicht viele Leute, die so gute Arbeit geleistet hatten wie er. Und sie würde es sicherlich freuen, wenn er den Gott anbetete, den sie als den einzig wahren ansah: Tyrannos, dem Herren der Tyrannei. Wollte er dies? Wollte er einer der Tyrannen sein? Wollte er Schrecken und Angst über die Menschen bringen, wohin auch immer er sich wendete? Wollte er sich einer Frau unterordnen, deren Gesicht er nicht einmal kannte? Wollte er es sein, ein Diener des Tyrannen...? Enger zog sich der Kreis der Oger um den Kämpfer... schwerer wurde es, den Hieben auszuweichen, sie mit dem Schild zu blocken, oder mit dem Hammer abzuwehren.
Dieser Paladin... er schien zu denken, dass Rantargar nicht umsonst zurückgekommen war. Offenbar schien er zu wollen, dass Rantargar auf der Seite des Lichtes kämpfte... für Tyr, den Gerechten, für Ilmater sollte er leiden, für Torm seiner Pflicht nachgehen, für Siamorphe eine gerechte Herrschaft antreten, und gegen die Tyrannei kämpfen. War dies die Zukunft des Rantargar von Grauburg? Wollte er diesen Weg einschlagen? Wollte er sich grundlegend ändern, und leben wie ein Paladin? Wollte er das Böse zerschmettern mit seinem Hammer der Gerechtigkeit, und sich keine Sünde mehr erlauben, hart nach seinem Kodex leben...? War es das, was er sein wollte, ein Soldat des Lichtes...? Die Schläge der Oger prasselten auf ihn ein, und es wurde schwerer für ihn, sich zu halten.. hin und her wurde er geschoben durch die Schläge, seine Rüstung eingedellt und verbogen, doch der entscheidende Treffer blieb bisher aus, verhindert durch die Erfahrung des Recken.
Fräulein Del'aila... sie selbst schien nicht viel von Göttern zu halten... sie schien auch nicht viel von ihm zu wollen, oder zu erwarten. Sie wünschte sich anscheinend nicht, dass er diesem oder jenem folgte... sie schien sich nur zu wünschen, dass er seinem eingeschlagenen Weg folgte... und sich von dem Pfad des Bösen abwendete... dass er nur noch half, und nicht ein Diener des Bösen wurde. Wollte er das? Wollte er keinem Gott folgen? Wollte er weiterhin diese Leere in sich haben? War es das, was ihn antreiben sollte? Rantargar schrie auf, ein dunkler, tiefer Schrei, eher wie ein wütendes Brüllen als der Schmerzensschrei eines Menschen. Es war an der Zeit, dies alles zu beenden.
Und irgendetwas regte sich in ihm, eine Kraft durchfloss ihn, eine Kraft, wie er sie schon oft gespürt hatte, und doch vollkommen anders, als alles, was er bisher kannte. Mit dem linken Arm hieb er die Keule des ersten Ogers zur Seite, und sie prallte gegen den Schädel des zweiten Ogers, welcher überrascht in seinem eigenen Hieb innehielt, und damit Rantargar nicht den Garaus machte... und im nächsten Moment prallte der große Hammer in Rantargars Rechter schon gegen den Schädel des ersten Ogers, als Rantargar die Drehung, die mit dem Schild begann mit dem restlichen Körper fortführte... ein übles Knacken war zu hören, als der Ogerschädel unter dem Hieb brach, und der Riese dann hintenüberfiel. Rantargar hielt die Bewegung an, und kehrte sie dann um, und ein gewaltiger Rückhandschlag, verstärkt durch die gewaltige Kraft seines ganzen Oberkörpers und der unterstützenden Drehung seiner Beine ließ dem Dritten Oger, der nicht einmal dazu kam, einen überraschten Laut auszuschlagen, seine Kniescheibe zertrümmern, und so dass er nach vorne, genau in die Kante des Schildes hinein, welchen Rantargar zu einem weiteren Hieb anhob. Durch die Wucht dieses zweiten Hiebes getroffen, fiel auch dieser Oger zur Seite um, während Rantargar sich schon dem zweiten Oger wieder zuwandte. Dieser weitete einen kurz die Augen, als er bemerkte, dass seine Kameraden auf dem Boden lagen, und aus der siegessicheren Miene wurde eine Angsterfüllte Miene, als die Welle der Verzweiflung, welche von Rantargar ausging, über ihn hinüberschwappte... fast schon zaghaft hob er seine Keule an, doch Rantargar war erneut schneller als er. Er hob den Hammer weit über den Kopf, und traf den Oger am Schlüsselbein, während der Schild sich in den Bauch des Riesen rammte. Er stolperte, fiel... und nach dem Aufprall des Bodens, raubten die folgenden Schläge des Hammers ihm die Sinne. Doch Rantargar war noch nicht zufrieden... diese Kreaturen hatten es gewagt, ihn zu attackieren, ihn anzugreifen, ihn in seinen Grübeleien zu stören... und so schlug er weiter auf die drei ein, wieder und wieder und wieder... bis kaum noch zu erkennen war, was sie einmal waren. Erschöpft ließ er sich dann in den Schnee nieder... seine Rüstung war eingebeult, und er würde es schwer haben, dort wieder herauszukommen. Aber das war nicht wichtig. Eine Rippe war geprellt, und sicherlich hatte er einiges an Blutergüssen, und es tat ihm alles weh... aber das war nicht wichtig. Er hatte gerufen, hatte nach der Kraft gerufen... und irgendjemand hatte ihm geantwortet. Aber wer oder was hatte ihm geantwortet...?
Schwer atmend saß Rantargar im Schnee, und dachte darüber nach, was wohl genau geschehen war... und war sich unsicher, ob ihm dies gefiel, oder eher nicht.