Und abermals war es an ihr die Dokumente passend zurecht zu dichten, damit jene die Prüfung der Einwanderungsbehörde überstehen würden.
Ein Ork und eine Verbrecherin. seufzte Marina.
Aufgrund der Nähe zu den Nelanther Inseln, die für ihre monströsen Piraten berüchtigt waren, galten die Einwanderungsbestimmungen Lantans nur für die Völker des Taliser Abkommens. Und das bedeutete technisch gesehen das Orks davon ausgeschlossen waren. Es sei denn man könne diesen Ork erfolgreich als Ork aus dem Königreich Vielpfeil ausgeben, denn das Königreich wurde sogar offiziell von den Silbermarschen als souveränes Reich akzeptiert.
Die Silbermarschen waren der letzte Landstrich des Nordens Faeruns, der von Lantan als Teil der zivilisierten Welt anerkannt wurde. Um nun also das Königreich Vielpfeil als zivilisiertes Reich anerkennbar zu machen, mussten Nachweise auf Landwirtschaftliche und Industrielle Bemühungen erbracht werden. Zum Glück schien König Obould Vielpfeil für die Orks tatsächlich das zu sein, was Gond für die Lantanesen war, wenn auch von einer völlig anderen Ausgangssituation ausgehend. Binne einer Generation gelang es dem König die Stämme zu vereinen, Frieden mit seinen Nachbarn auszuhandeln und das Land zu kultivieren. Nun galt es noch hier und da eine Handelsexpedition zu erfinden, die . . . Eisen von den Orks erstanden hat – zumindest hoffte Marina das diese Primitiven bereits in der Lage waren Eisen zu verarbeiten – und schlussendlich musste sie sie nun nur noch die gefälschte Akte mit den Anderen zusammen, viel zu spät einreichen und darauf setzen das der Prüfer sie nur überfliegt und dann absegnen würde.
Dagegen war es ein Klacks die Identität einer Verbrecherin zu verschleiern, wenn normalerweise würde eine Person deren Vorstrafen bekannt sind nicht einreisen dürfen. Da sie aber ausgerechnet den Expeditionsleiter bestohlen hat und diese keine Klage einreichen würde, galt in ihrem Fall: Wo kein Kläger, da kein Richter. So galt es also lediglich ihre Identität zu fälschen, um Notfalls behaupten zu können die Verbrecherin habe falsche Angaben gemacht, sofern sich doch noch herausstellen sollte, das die Verbrecherin noch von einem anderen Land gesucht wird. In so einem Fall könnte man der Kompanie lediglich vorwerfen ihre Akten nicht sorgfältig genug geprüft zu haben und nicht das sie aktiv einer Verbrecherin Asyl gewähren würden. Denn Lantan gewährt niemanden Asyl, gleichwohl weswegen er verfolgt wird.
Schließlich streckte sich Marina wohlig und seufzte: Niemand arbeitet so hart wie ich!
Doch ihr wohlverdienter Feierabend blieb Marina nicht vergönnt, denn erneut trat ein Bewerber in ihr Kämmerlein ein. Der hünenhafte Mann wirkte mit seinen breiten Schultern wie für die grobe Arbeit gemacht, die ihm bevorstehen würde. Was seltsam war, denn für gewöhnlich bekam Marina nie die einfachen Fälle und immer nur die Chaoten.
Du bist das Mädchen in Weiß! polterte der Hüne Marina unbedarft an, als hätte er keine Ahnung wie man ordentlich mit einer jungen Dame sprechen sollte. Das war sehr zu Marinas Missfallen, denn sie hatte nicht vor länger als den halben Tag auf der Arbeit tatsächlich etwas zu leisten.
Ja, die bin ich wohl. Antwortete Marina vergleichsweise leise dem polternden Mann gegenüber. Nicht weil sie eingeschüchtert wäre, sie sprach nur einfach lieber leise, denn alles Andere war zu anstrengend.
Kannst du mir das hier vorlesen?! Polterte der Hühne und hielt einen der Zettel von der ersten Werbeaktion vor Marinas Nase.
Würdest du? Entgegnete Marina dem Hünen
Würde ich was?! Fragte der Hüne, nicht aufgebracht aber sicherlich verunsichert darüber, ob er etwas nicht verstanden habe.
Marina seufzte. Es heißt: „Würdest du mir das hier vorlesen?“ und wenn du höflich ein „Bitte“ anfügst, würde ich es sicherlich auch tun.
Der Hüne war nun sichtlich aus dem Konzept gebracht, normalerweise würde er Leute die ihn verunsichern einfach aufs Maul hauen aber er konnte ja schließlich nicht dieses kleine Mädchen schlagen, also sprach er nachdem er sich gesammelt hatte: Würdest du mir da hier vorlesen? Bitte? und er nahm dabei all seinen Mut zusammen um nicht peinlich zu stottern oder sich lächerlich zu machen.
Marina tat dem Hünen den Gefallen und las die Werbebotschaft mit monotoner Stimme vor, in der Hoffnung der Hüne würde daraufhin das Interesse verlieren und sie in Ruhe lassen.
Da will ich mit hin! Äh, bitte! Polterte der unbedarfte Hüne stattdessen und ließ sich nicht abwimmeln.
Nun gut, aber du musst vorher diese Formulare ausfüllen. Marina reichte dem Mann die üblichen abschreckenden Personalbögen, in der Hoffnung ihn damit endlich los zu werden, doch dann geschah etwas unvorhergesehenes. Der Hüne blickte Marina mit den sanften, traurigen Augen eines Hundes an, einer Sanftheit die tief unter der missverstandenen, groben Oberfläche dieses Mannes schlummerte, sodass er Marina leid tat. Du kannst das nicht lesen, richtig? Säuselte Marina dem Mann zu, der daraufhin betroffen nickte. Also gut, ich schmücke das etwas für dich aus, wie ist dein Name? Was machte schon einer mehr oder weniger aus, dachte sich Marina? Und sie ließ den unbedarften Mann nicht am ersten Hindernis abprallen. Irgendwie machte es ja auch Spaß Lebensläufe zu fälschen und fiktive Charaktere zu erfinden.
Ich bin Mick! Polterte der Mann wieder lautstärker, als hätte er neues Selbstvertrauen gefunden, da Marina ihn nicht abwies.
Gut Mick, wenn ich dir zeige wie du vier Buchstaben zeichnest, denkst du das du sie dir merken kannst und nachzeichnen kannst, wenn dich jemand dazu auffordert? Und so begann Marina den Lebenslauf von Mick anzufertigen, dem kriegserfahrenen Veteranen und die Respektperson, der bald vermutlich mehr Befugnisse haben würde, als man ihm hätte zugestehen sollen.
_________________ "You disappointed me for the last time... again!" CharPortraits Replicardia/Hybris
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