((die folgenden Posts sind in gegenseitigem Zuspielen mit Kay entstanden – drum ist der Lesefluss vielleicht stellenweise nicht ganz so reibungslos - obwohl ich versucht habe es möglichst passend zusammen zu fügen und teils umzuformulieren, so dass es für den Leser hoffentlich angenehm ist. Kay - vielen Dank für’s Mitmachen! Ich hatte echt extrem viel Spaß daran ^^))
Als Aleney wach wurde, oder vielmehr, als sie entschied, dass es an der Zeit war aufzustehen, hatten sie gerade erst ein paar Stündchen die Augen zugemacht. Oder es zumindest versucht. Denn in Gedanken war Aleney immer und immer wieder ihren Besuch in Tiefwasser durchgegangen. Es sollte das erste Mal sein, dass Aleney mit Jerem gemeinsam ihren Eltern die Aufwartung machte. Es wäre überhaupt das erste Mal, dass es für Aleney einen jungen Mann gab, den man den Eltern vorstellen wollte. Und dann gleich mit der Tür ins Haus fallen – oder warten, bis ihre Brüder möglicherweise eingetroffen wären? Und wie, sollte man das dann sagen? Wir haben uns verlobt! Wir werden heiraten! Ich habe Jerem gefragt ob, … nein, nein. So auf keinen Fall. DAS würde ihrem Vater nicht gefallen. Aleney runzelte die Stirn, schüttelte den Kopf und linste an den Holzbalken der Decke, in den Jerem einst ihren Namen eingeritzt hatte. Und Ringe? Wir haben überhaupt keine Ringe! Sie hob die Hand, führte sie vor ihre Augen und betrachtete die langen, schlanken und völlig ungeschmückten Finger. Frustriert ließ sie sie wieder sinken. GAR KEIN Symbol für dieses Versprechen, das eine Verlobung nun mal entscheidend ausmachte. Mist. Das würde Mutter sofort auffallen. Dann musste das Geschenk eben umso besser sein... Hoffentlich fänden sie auf dem Markt etwas Hübsches für ihre Mutter… Blumen wären ja, selbst in Tiefwasser, nicht einfach zu bekommen in dieser Jahreszeit… obwohl Blumen für so eine Verlobung doch am angebrachtesten waren – oder? Zumindest läge man damit gewiss nicht falsch… Was sollte sie eigentlich anziehen? Ihr Rüstzeug? Ein Kleid? Siedendheiß fiel ihr ein, dass sie die Kleider die sie besaß schon seit Monden nicht mehr aus der Truhe geholt hatte und sie völlig zerknittert oder im schlimmsten Falle sogar muffig wären! Also kein Kleid! Und so kreisten die Gedanken und kreisten. Bis sie es nicht mehr aushielt… Sie beugte sich zu Jerem hinüber, küsste ihn zärtlich wach. "Wir sollten uns anschicken! Nicht, dass Flinn ohne uns aufbricht." Und schon warf sie die Decke zurück, zog sie ungnädig auch von Jerem herunter, sodass ihm die kalte Morgenluft keine Chance für Müdigkeit ließ und sprang förmlich aus dem Bett. "Los los!" Sie war ziemlich aufgekratzt. Das zeigte sich auch, als sie sich ankleidete und sich das Haar machte. Scheinbar nie zufrieden dröselte sie ihre Frisur immer wieder auf, kämmte sie von neuem, flocht sie zum wiederholten Male und warf abermals einen prüfenden Blick in den Spiegel. Doch schließlich und endlich war sie soweit und sie konnten sich auf den Weg zu Flinn begeben.
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Müde und Unverständliches murrend hatte Jerem versucht das Aufstehen hinaus zu zögern. Doch gegen Aleney hatten seine Bemühungen wenige Chancen. So zwang er sich schließlich aufzustehen. Dann jedoch starrte er auf seine Kleidung. Die schwarze Tunika mit den Silberfäden war schön - keine Frage. Aber wo hatte er sie zuletzt hingelegt...? Und auch sie war in keinster Weise vorbereitet zu tragen. Aber seine Lederrüstung wäre wohl kaum das Richtige - dazu hätte er sie gründlichst säubern müssen, was er natürlcih ebenfalls nicht vorbereitet hatte.
Überrascht betrachtete er wie Aleney ihr Rüstzeug wählte und warf schließlich ein: "Lass uns... in Tiefwasser etwas zum anziehen kaufen. Da gibt es Tuniken... und sicher auch Kleider. Es sei denn du willst, dass du in Platte und ich in Stoff auftauche." Letzteres sprach er mit einem schwachen Grinsen, das noch immer deutlich seine Müdigkeit widerspiegelte.
Sie wählte natürlich gar nicht das schwere Rüstzeug sondern lediglich den leichten Waffenrock. Dennoch hielt Aleney bei Jerems Worten inne… blickte einmal an sich, dann an ihm herab und rasch stimmte sie dem Vorschlag zu, sich auf dem Markt von Tiefwasser noch etwas Passendes zu suchen.
Nachdem sich auch Jerem behelfsmäßig angekleidet, gekämmt und fertig gemacht hatte und sie schon kurz vor Aufbruch waren, stockte er jedoch schockiert und wandte sich wieder herum. Es vergingen einige langwierige Momente, bis Jerem die teure Weinflasche aus dem Segel wieder fand und auch in seinen Händen hielt um sie mitzunehmen. Erleichterung um den Fund lag ihm ins Gesicht geschrieben und vertrieb für kurze Zeit die anhaltende Schläfrigkeit. Jerems hektische Suche nach der Weinflasche unterstützte Aleney natürlich nach Kräften, auch wenn sie dabei kurzzeitig ihre emotionale Impulsivität verfluchte, die sie immer wieder zu derlei spontanen Entscheidungen verführte. Nicht, weil sie im Prinzip nicht genau das wollte, was sie soeben in Angriff nahmen – nur… so unvorbereitet?! Das passte doch eigentlich ganz und gar nicht zu ihr! So war es nun aber eben. Und von ihrem Entschluss abzurücken war sie auch nicht mehr bereit. Zu groß waren der Drang und die Vorfreude ihre Familie endlich einzuweihen in die Zukunftspläne die man hegte und die ungeachtet der jüngsten Ereignisse noch immer ihr größter Wunsch waren.
Immerhin... dachte Jerem ... können wir etwas auf der Kutschfahrt zum Anwesen schlafen. Dass ihm dann jedoch sein vor Nervosität rasendes Herz einen Strich durch die Rechnung machen würde, daran dachte er zu diesem Zeitpunkt nicht.
Schließlich standen sie beide vor Flinns Anwesen. Aleney schien ein wenig überdreht, ungewohnt viel und leichtfertig plappernd – und Jerem, der den Onkel aus viel zu müden Augen begrüßte – was für Flinn einen absolut bekannten Anblick abgab - stand grinselnd neben ihr… So also, hatten die beiden vor nach Tiefwasser zu reisen…
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Tiefwassers morgendlicher Himmel zeigte sich klar und strahlend. Die Stadt selbst lag unter einer beachtlichen Schneeschicht. Aus der Vogelperspektive ein wunderschöner Anblick auf den Dächern, Türmen und Zinnen – aus der Nähe betrachtet sah es auf den Straßen schon wieder anders aus. Diese waren voll von niedergetrampeltem Schneematsch. Bräunlich, schmutzig und unansehnlich - das aufgeschüttete Stroh brachte nur kläglich ein wenig Trockenheit und Trittsicherheit – doch immerhin war die Luft nicht ganz so klirrend kalt wie in Rivin derzeit. Dem Getümmel auf dem Marktplatz tat das keinen Abbruch. Er war keineswegs weniger besucht als im Sommer! Es herrschte reges Treiben, die Geschäfte florierten ganz offensichtlich. Ein solches Gedränge und einen solchen Tumult wie auf dem Markt in Tiefwasser, konnte man derart wohl wahrlich nur in vergleichbar großen Metropolen finden. Allenthalben waren Marktstände aufgebaut, die mit duftenden Leckereien lockten. Glüh- und Gewürzwein, gebrannte Mandeln, fettige Bratwürste… Der Platz war gigantisch und man konnte den Eindruck haben, nicht einmal im Traum auch nur einen Fuß darauf setzen zu können ohne, dass er aus allen Nähten platzen müsste. Aleney aber kannte das Gewühl, das hier herrschte und stürzte sich kühn in die geballte Menge – Jerem an der Hand mit sich ziehend. Die Verkäufer schrien sich die Seele aus dem Leib, die Käufer und zeternden Weiber beinahe noch mehr, Tiere blökten, verlorengegangene Kinder heulten. Zwergenhandwerker hämmerten verbissen auf Bleche und wenn sie damit aufhörten um sich mit Glühwein zu betrinken, stießen sie unflätige Flüche aus. Von mehreren Stellen des Platzes ertönten Pfeifen, Schalmeien, Trommeln – anscheinend spielten da Vaganten und Spielleute auf. Zu allem Überfluss blies irgendjemand in der Mitte des Getümmels eine lauttönende Messingposaune – der Spieler war unverkennbar kein Musiker. Hier und da schlichen auch Leute durch die Menge, die verdächtig subtil nach nachlässig beaufsichtigten Goldbörsen und Gürteln lugten und gelegentlich auch lange Finger zu machen versuchten. Und dann begann das eigentliche Kunststück. Unter all dem Gewirr und diesem beiahe erschlagenden Eindruck Tiefwassers, ein Schmuckstück oder Kleinod zu finden, das einer Gräfin von Falkenwinter angemessen war...
Irgendwann verabschiedete man sich wohl von Flinn, der seinen eigenen Geschäften nachgehen musste und vereinbarte Zeit und Treffpunkt für die Heimreise am Ende dieses Tages.
Zugegeben ließ sich Aleney auch ein wenig ablenken und begeistern – hier war ein Halbelfenpaar, das wunderschön gefertigte Puppen verkaufte, dort kauerten Halblinge die verzierte Weinschläuche fertigten und feilboten. Bei dem Halbelfenpaar betrachtete Aleney auffallend lange und abwägend wunderschön gearbeitete Blumen aus Seide, Draht und Perlenstickereien die schimmernde Wassertropfen auf den Blüten darstellen sollten. Anderswo zeigte ein mürrischer Gnom seine Erzeugnisse aus Jade und Edelsteinen zum Bestaunen. Mit Interesse und Kennerblick blieb Aleney auch an dem einen oder anderen Waffenstand hängen. "Hmmm!" schnupperte sie dann mit einem Mal in die Luft. "Riechst du das?“ "Zimtkrapfen! Die habe ich als Kind immer gegessen! Los komm, wir holen uns welche!" Und so kam Jerem wohl nicht umhin seiner Liebsten einen oder zwei dieser Krapfen zu spendieren – sie bestand natürlich darauf, dass er sie auch kosten müsste. Dafür wirkte diese Nascherei wie ein geheimes Wundermittel. Zwangsläufig hellte sich die Stimmung, das Gewusel und Gewirr war bei Weitem nicht mehr so anstrengend und man konnte fast Gefallen am pulsierenden Leben Tiefwassers finden – wenn man es nicht ohnehin hatte. Sie kamen auch an einer Tribüne vorüber, von der ein Priester herunterwetterte und einschüchternde Drohungen herab rief. Offensichtlich war er ein Priester der Unglücksmaid Beshaba. Aleney belächelte den Dickwanst, vorgerückten Alters, der theatralisch predigte: "Ich beschwöre euch, fürchtet die Dame der Zerstörung! So erschreckend schön, wird sie über uns kommen und allen, die sie nicht würdigen das Unglück bringen, das die Welt ins Leid stürzen wird! Fürchtet sie! Und spendet eure Gebete, ein paar Münzen, ihr gottesfürchtigen Leute, auf dass ihr und die euren verschont bleiben mögen! Verschont vor ihrer wunderschönen aber gnadenlosen Herrlichkeit! Und glaubet nicht den Jüngern, die euch mit falschen Hoffnungen fehlleiten wollen! Erfleht sie weder um Rat noch um Hilfe, lasst euch nicht täuschen vom schönen Gewand oder der geschliffenen Rede! Lasst euch nicht irreführen, denn wahrlich ich sage euch! Geweißte Gräber sind sie, von außen schön anzusehen, doch im Inneren nichts als Fäulnis und morsche Knochen!" "Diese fanatischen Dummköpfe." murmelte Aleney, während sie sich die Finger vom Zucker und Zimtstaub ableckte. "Schaut ihn euch an!" rief eine Frau mit einem Korb Rüben am Arm. "Da steht er, der Dummkopf, der Wanst hängt ihm über den Gürtel und kahl ist er, wie ein Ei! Neidisch ist er auf die Götter, die ihre Gesandten für uns zum Guten anhalten! Nichts als Neid!" Aleney zog Jerem sanft am Ärmel und sie tauchten wieder ein in den Tumult der Stadt – endlich erinnerte sie sich auch wieder daran, dass es für sie neue Kleider und für die Mutter ein Geschenk zu finden gab und so führte sie Jerem in die sogenannte "Schneidergasse" in der, wie der Name verheißungsvoll versprach, sich einige Geschäfte fanden die sich allesamt mit dem Thema "Mode, Garderobe und Stoffherstellung" beschäftigten. Da sah man allerlei Exzentrisches – Mode, die offensichtlich ihrer Zeit voraus war und für die Aleney doch ein wenig das Verständnis fehlte. Drum wählte sie ein Geschäft, das schlicht wirkte. Ein Schild pendelte an der Hausmauer, darauf eine Schere, Garnrolle und Nadel und die Worte "Der rote Faden". Sie wurden auch sogleich bedient. Eine hübsche und sehr höfliche Frau nahm sich auch sofort Aleney an, während Jerem das Vergnügen hatte den beiden zuzusehen. Es wurde Maß genommen, beratschlagt, anprobiert… und schließlich entschied sich Aleney für ein nachtblaues Kleid aus Samt, mit einer kleinen Schleppe, die sich mit einem Knopf aber auch befestigen ließ um sie vor den nassen Straßen zu retten. Nicht ohne allerdings ein wenig prüfend Jerems Reaktion und Meinung zu beobachten, sofern er dem Geschehen denn lange genug Aufmerksamkeit schenkte. Das Kleid war ausgesprochen einfach - was nicht hieß, dass es billig war -, aber der fließende, schwere Stoff und der raffinierte Schnitt wussten sehr genau Aleneys Vorzüge geschmackvoll und elegant zu unterstreichen. Und dann war er an der Reihe…
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"Tiefwasser" sprach Jerem mit stiller Erhabenheit, während er die großen Bauten und den beeindruckenden, so lebendigen Markt beschaute. Er war bisher einmal hier gewesen und hatte sich nicht wirklich Zeit genommen viel zu sehen. Doch an diesem Tag, würde es anders werden.
Zu Anfang schien der Markt Jerem zu erschlagen und so ließ er sich, vollkommen widerstandslos, von Aleney durch jenen leiten und ziehen. Nach einem Moment der Starre, des Einsaugens all dieser Eindrücke begann er sich langsam zu besinnen. Vielleicht war es auch der flüchtige Blick in die Augen eines jugendlichen Beutelschneiders, der sich dem Gurt eines abgelenkten Pärchens näherte, der Jerem aufweckte. Zwar wendete er den Blick ab - den jungen Glaubensbruder auffliegen zu lassen, war nicht sein Ziel - doch machte er sich bewusster, dass auch er und Aleney auf sich achten mussten. Dass dieser Ort, so wundersam mit all seinen Eindrücken er doch war, auch Gefahren in sich trug.
Die Puppen des Halbelfenpaares betrachtete Jerem mit mäßigem Interesse, obschon der Blick von Aleney auf jene seidene Blumen ihn aufmerken ließen. Wie würden jene wohl an ihr aussehen...? Doch da weckte ein naher Stand seine Aufmerksamkeit. Ein Händler aus Caer Callidyrr preiste einen edlen Tropfen aus seiner Heimat an und Jerem kam nicht umhin sich die Auswahl an Flaschen genauer anzusehen. Aleney zog ihn gerade rechtzeitig fort, ehe der Händler ihn zu einer ausgiebigen Probe seiner alkoholischen Köstlichkeiten überzeugen konnte - natürlich bezahlt und mit der Sicherheit, auch entsprechende Flaschen mitzunehmen. Doch was war schon umsonst? Bei den Weinschläuchen schien er einen besonders Schönen und Farbenfrohen länger zu beäugen - nicht ohne anzumerken, dass dieser vielleicht etwas für Elena sei. Er wurde schlussendlich auch gekauft – man konnte ja nicht mit leeren Händen nach Rivin zurückkommen.
Darauf hingewiesen, lenkte Jerem der Geruch der Krapfen jedoch auch ab und bereitwillig ließ er sich von Aleney zum Ursprung jenes verführerischen Dufts führen. So kaufte er ihnen beiden die Leckereien und schien sie ebenso zu genießen, wie es auch Aleney tat. "In Rivin gab es früher auch einen größeren Markt" sprach er abgelenkt, während er erneut in einen der Krapfen biss. "Auch wenn der weitaus kleiner war, als dieser hier…" Doch da weckte der Prediger Beshabas Jerems Aufmerksamkeit. Und im Gegensatz zu Aleney gehörte er tatsächlich zu den abergläubischen Gesellen, die dem Unglückspropheten wenige Münzen in die Spendenschale warfen, um Beshabas Aufmerksamkeit nicht zu provozieren. Er enthielt sich jedoch eines Kommentars nach der Münzenvergabe, als Aleney skeptisch eine Braue hob und beließ es dabei, sich mit einem Schmunzeln die Hände zu säubern.
In der Schneidergasse wirkte Jerem weit verlorener als auf dem Markt, auf dem er sich zuletzt doch sicherer bewegen konnte. Doch die Auslagen manch eines Ladens konnten ihm nichts außer Irritation entlocken – war da ein lebendiger Vogel in einen Hut eingearbeitet?! - in Rivin hielt man es offenbar etwas konservativer mit der Mode. Umso erleichterter wirkte sein Blick, als sie das Geschäft "Der rote Faden" betraten. Zufrieden setzte er sich auf einen der Stühle und beobachtete die Damen zu Anfang noch mit regem Interesse. Bis jedoch die Wärme des Geschäftsinneren und das Sitzen auf dem Stuhl dazu führten, dass sich seine Augen mehr und mehr schlossen. Als Aleney schließlich mit ihrer Garderobe zufrieden war, durfte sie bemerken, dass Jerem scheinbar schlafend auf dem Stuhl eingesunken war. Auf das folgende Räuspern der Liebsten kämpften sich die Lider wieder hoch und nach einem Moment der Orientierungslosigkeit fand sein Blick auch seinen Anker wieder - und traf Aleney.
Das Lächeln auf seinen Lippen, das dann darauf erwuchs, verriet ihr seine Zustimmung zu ihrer Wahl und wie angetan er war, obschon hierbei fraglich schien, wie viel Aufmerksamkeit er dem Kleid wirklich geschenkt hatte... Den Drang, nach dem Preis zu fragen widerstand er mit einem weiteren etwas gedrungeneren Lächeln. Als nun er an der Reihe schien, erhob er sich schwerfälliger als sonst - es lag ihm der kurze Schlaf noch in den Gliedern. Doch immerhin half die Müdigkeit der geschickten Schneiderin ihn zurecht zu rücken um angemessen Maß nehmen zu können. Nach einem Betrachten der Tuniken, schien Jerem recht schnell und sogar bestimmt nach etwas zu suchen. Es war etwas, das zu Aleneys Kleid passen – ihn aber nicht zu sehr einengen sollte. Dabei hielt er an bewährten Schnittmustern fest, wie er sie schon immer gerne trug. Er schien nicht viel von 'Neuem' bei Kleidung für sich zu halten. Etwas verschlafen merkte er jedoch an, dass er heute keinen "Würgekragen" tragen wolle, was ihm zweifellos einen ganz besonderen Blick der Schneiderin bescherte.
Zum Leidwesen der Schneiderin bestand er darauf, seinen seidenschwarzen Umhang zu tragen und wies jeden Versuch eines dunkelblauen oder etwas wärmeren Umhangs strikt ab. Letztlich wurden sie auch für Jerem fündig, nachdem er sich auch von Aleney ein wenig bereitwilliger beraten ließ.
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Nach diesem Blick zu Jerem, sah die Schneiderin flüchtig hilfesuchend zu Aleney, als Jerem darauf bestand: "Kein Würgekragen!" "Er meint ein…" schaltete sie sich dann auch hilfreich ein und endlich hörte Jerem auch einmal, wie dieses Accessoire wirklich genannt wurde! Der Name war allerdings recht komplex, vermutlich tethyrischen Ursprungs - und Jerems übermüdetes Hirn für so Unwichtiges nicht besonders aufnahmebereit, sodass er ihn gleich darauf wieder vergass – außerdem gelangte Jerem ohnehin zu dem Schluss, dass 'Würgekragen' einfach viel passender und einprägsamer war. "Hast du eigentlich schon etwas für deine Mutter entdeckt?" Auf Jerems Frage hin, nickte Aleney entschieden. "Dort bei dem Zwergenschmied gibt es auch eine Glashütte – und wirklich schöne Weingläser! Ich dachte mir, das wäre ein schönes, ergänzendes Geschenk zum Wein?" Gesagt, getan.
Und so standen Aleney und Jerem schließlich, ein paar Stunden später, adrett gekleidet, mit Wein und dem edlen Kistchen und der in Seide gebetteten Weingläser darin am Rande des Marktplatzes um in eine Mietkutsche zu steigen – wobei es eher ein Schlitten war. Denn anstatt Rädern, hatte man Kufen am Gefährt angebracht. Ein schlichter Einspänner – aber immerhin mit gepolsterter Bank und – wie sich herausstellte – ordentlicher Federung, sodass ihnen beiden eine recht sanfte Fahrt beschieden war.
Wo Jerem nun hellwach und mit beginnender Nervosität saß, war es jetzt Aleney, bei der die Müdigkeit Überhand nahm und sich die sehr lange Nacht rächte. Sie schmiegte sich an ihn und es dauerte auch nicht länger als wenige Momente, da sank ihr Kopf auf seine Schulter und sie schloss erschöpft die Augen. Das sanfte Dahingleiten des Schlittens, die Stille und Wärme taten ihr Übriges um Aleney ins Reich des Schlafes zu bringen. Die Fahrt, so hatte Jerem das Gefühl, zog sich länger, als das letzte Mal. Vielleicht lag es an den winterlichen Verhältnissen, oder dem eigenem Zeitempfinden…?
Endlich wandelten sich die Häuserschluchten und Straßen in die vertraut wirkenden Ländereien die Jerem in Erinnerung behalten hatte. Und als der Schlitten anhielt, klopfte der Kutscher lautstark gegen das Dach – laut genug, dass selbst Aleney geweckt wurde. "Sind wir schon da…?" Müde rieb sie sich über die Augen und richtete sich auf – schien dann aber mit einem Mal hellwach. "Du steigst als Erster aus und… hilfst mir heraus. Nicht vergessen: ich trage jetzt ein Kleid, damit bin ich eine völlig hilflose, auf die Aufmerksamkeit und Fürsorge eines Kavaliers angewiesene Dame!" "Eine hilflose Dame...?" grinste Jerem, während er nun die Türe des Schlittens öffnete. "Wir nehmen das Kleid mit nach Hause, nicht?" Mit einem heiteren Lachen trat er schließlich hinaus, doch das Lachen ging im Staunen und dem Anblick des Ritterguts unter. Erst nach einem Räuspern Aleneys löste sich Jerem wieder vom Anblick und half ihr aus der Kutsche zu steigen. Ehe der Kutscher weiter fahren konnte, wandte sich Jerem an ihn. Ein kurzes Zögern und dann sprach er in ungewöhnt steifem Ton. "Helft uns bitte mit dem Gepäck." Dem Kutscher erhielt gute Münze für seine Bereitschaft das zusammengepackte Rüstzeug beider Streiter, mitsamt dem schönen Weinschlauch, ins Haus zu tragen. Kistchen und Flasche trug Jerem selbst im einen Arm, um Aleney seinen anderen anzubieten.
Das Rittergut Falkenwinter kannte Jerem inzwischen ja schon. Doch das letzte Mal hatte er es im blühenden Frühjahr erblickt – dass auch der schneereiche Winter Tiefwassers seinen Reiz hatte, davon konnte er sich jetzt überzeugen. Der Schnee verlieh dem Gut einen ganz besonderen Zauber des Märchenhaften. Die die Wege säumenden Bäume waren bedeckt von in der Sonne glitzerndem Schnee und kleinen Eiszapfen, die auf den verschneiten Weiden schnaubenden Pferde frönten der weißen Pracht und das Wasser, das das winkelförmige Schloss umgab, bot eine spiegelglatte, schimmernde Eisfläche. Selbst Aleney verschlug es für einen Moment die Sprache, als sie den Blick über das heimatliche Anwesen streifen ließ. Hinter dem Gesindehaus hatte sie sich immer mit ihren Brüdern duelliert. Die ersten Gehversuche mit der Waffe. In den Schatten der Weide dort, hatte sie sich oft gesetzt wenn sie allein sein wollte – oder Zwiesprache führte – mit einer Gottheit, die sie damals als Kind noch nicht verstanden, deren Namen sie noch nicht einmal gekannt hatte. Und doch war der Drachenvater schon damals bei ihr.
Es lag nun nicht so sehr lange zurück, dass Aleney zuletzt hier war und doch… Der Anblick, die hochkommenden Erinnerungen...
"Es ist wunderschön." Rasch wischte sich Aleney mit dem Handrücken über die Augenwinkel. Sie erinnerte sich der Mahnung ihrer Mutter, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war: Eine hohe Dame weint nicht. "Ja" flüsterte sie dann. "Ja, es ist wunderschön. Das Zuhause meiner Kindheit."
Neugierig, vielleicht auch aus Gewohnheit, senkte Jerem seinen Blick und betrachtete die Spuren im Schnee vor ihnen. Als würde er nach weiteren Schlittenkufen, Stiefeln und ähnlichem Ausschau halten. "Bekommen deine Eltern zu dieser Zeit häufig Besuch?" Spuren konnte Jerem da allerlei finden. Vor allem zwischen den Gesindehäusern und dem Herrenhaus musste viel gewetzt werden. Bei den Pferdekoppeln natürlich auch – Pferdehufe, Schlittenspuren, Fußabdrücke. Jerem vermutete auch recht schnell, dass es hier ein paar Katzen geben musste. Das war aber auch kein Wunder auf so einem Gut. Die Katzen hielten die Mäuse fern vom Getreide – manchmal auch vom Haus.
Selbst ein wenig ratlos nach seiner Frage, hob Aleney die Schultern etwas an. "Ich glaube nicht, dass sie hier draußen besonders viel Besuch empfangen. Es ist ja doch etwas abgelegen. Wir haben noch ein kleines Anwesen in der Stadt, das mein Vater nutzte, wenn er sich länger in Tiefwasser aufhalten musste... Wenn dann vermutlich eher dort."
Jerem blieb es nicht unbemerkt, dass Aleney sich gelegentlich nervös auf die Unterlippe biss und nicht so recht zu wissen schien, wohin mit ihren Händen. Doch sie warf einen Blick zur Seite, lächelte ihn tapfer an und wusste mit einem Mal wohin mit den Händen, als sie zumindest eine sanft auf seinem Unterarm bettete, bevor sie wieder voran sah. Er verlangsamte seine Schritte, ihren Blick und ihr Lächeln fangend, erwiderte er beides aufmunternd. Trotz all seiner Bemühungen seine eigene Nervosität zu bannen, durschaute Aleney ihn natürlich doch. "Alles wird gut, Aleney. Sie werden sich freuen dich zu sehen und sie werden sich auch über alles andere freuen." Die Worte waren eigentlich dazu gedacht, ihr Mut zu spenden – doch Jerem selbst schienen sie wie auswendig gelernte Phrasen. Mit einem Seufzen richtete er den Blick ebenfalls wieder nach vorn. "Und falls nicht... ich bin ein guter Kundschafter. Wir entkommen deinem Vater selbst, wenn er eine gespannte Armbrust führt. Nur wenn er die Falken einsetzt, mache ich mir Sorgen." …immerhin hatten sie keine Jagdhunde, dachte er, ohne diesen Gedanken auszusprechen.
Leise knirschte der Schnee unter ihren Schritten und einen Moment lang drückte Aleney Jerems Arm ein wenig fester, dankbar seinen zuversichtlichen Worten lauschend. Ihr Blick schien dann auch wieder ein wenig zu erstarken. - Ja, sie war sich ihrer Sache sicher.
Unbehelligt überquerten sie das Gelände, während der Kutscher mit dem Gepäck direkt auf eines der Nebenhäuser zuhielt, in das er verschwand. Kurz darauf huschte von dort jemand zum Haupthaus hin und noch ehe Aleney und Jerem die kleine Zugbrücke überquert hatten, kam Maélys aus der großen, zweiflügligen Türe im Innenhof heraus. Entgeistert sah sie ihnen entgegen, die Hand vor den Mund geschlagen, dann kam sie mit rauschenden Röcken, heftig gestikulierend näher. "Aleney! Herr Gard! Was tut ihr denn hier?!"
Es gab ein großes Hallo. Maélys war gewohnt herzlich und vor lauter Überraschung ganz zerstreut – es ging überraschend unprätentiös zu. Ganz im Gegensatz zum letzten Mal als Jerem hier war, ersparte man ihnen einen Großteil der etwas steifen Begrüßungszeremonien. Selbst der Vogt, Zacherias, kam eiligst daher um Jerem und Aleney zu begrüßen. Er schmunzelte in seinen Schnauzbart und setzte sich sogar mit ihnen an den Tisch des kleinen Salons, in dem Jerem auch das erste Mal auf Aleneys Eltern getroffen war. Natürlich wollte man sofort den Grund ihres Überraschungsbesuchs erfahren aber Aleney hielt sich bedeckt. Zuerst sollte es die Familie erfahren.
Nicht nur das Gesinde war von ihrer Ankunft überrumpelt. Mit soviel 'Chaos' hatte Jerem nicht gerechnet. Er war es schlicht nicht gewohnt, dass so viele Bedienstete um ihn herum schwirrten, dass ein solcher Besuch solche - wenn auch willkommene - Wellen schlug. Und so hielt er sich gerade zu Anfang zurück, damit man ihm nicht gleich ansah, wie überfordert er mit der Situation schien. Innerlich wünschte er sich, er hätte die Chance gehabt mit Rantagar seinen Besuch durch zu sprechen. Oder mit Aleney durchzugehen wie es ablaufen würde. Immerhin verlieh der bekannte Salon einen Hauch Sicherheit und so schien sich zumindest ein wenig seiner Anspannung zu lösen. Dankbar überließ er Aleney den Großteil jeglichen Gesprächs und kämpfte mit der inneren, anwachsenden Aufregung.
Immer wieder warf man den beiden ungläubige Blicke zu und die Blicke die das Personal untereinander warf, sprach Bände, dass man da schon irgendetwas zu wittern schien.
Auch die etwas überrumpelte Freude ihrer Eltern machte deutlich, dass man mit einem solchen Besuch aus heiterem Himmel niemals gerechnet hätte und dass so etwas auch einfach eine vollkommene Rarität sein musste. Dennoch – sowohl Aleney als auch Jerem wurden von Celeste wie auch Aelir herzlich begrüßt. Und wie sich herausstellte wurde ihre Spontaneität belohnt.
Tatsächlich, so erfuhren sie gleich, waren alle drei Brüder Aleneys derzeit in der Stadt – das musste zwar nicht bedeuten, dass sie auch sofort herkommen konnten, doch die Chance bestand immerhin. Und es wurde auch nicht gezögert – noch in derselben Stunde ihrer Ankunft wurde ein Reiter losgeschickt um Andrast, Armand und Andrej herzuholen.
Eine Nachricht, die Jerem mit neuer Aufregung entfachte. Ihre Brüder. Glücklicherweise war Jerem geübt darin, seine Gefühle und Emotionen zu verbergen und so versuchte er einen ruhigen Eindruck zu vermittelt. Doch Aleney entging kaum, wie seine Gedanken in seinem Herzen rasten, das flüchtige Zittern einer Hand konnte jedoch rasch gelöst werden, als die ihre jene kurz berührte.
Und dann fand sich auch erstmals ein klein wenig Ruhe ein. Celeste, Aelir – Aleney und Jerem saßen gemeinsam am Tisch. Darauf wurde in hübschem weiß-blauem Geschirr Tee und Gebäck serviert. Endlich schien sich auch in Jerem die Anspannung etwas zu lösen und es gelang ihm, wenn auch nur mit wenigen Worten, am Gespräch teilzunehmen. Leichter war es für ihn gewesen damals hierher zu reisen und sein Herz zu offenbaren, als nun, wissend darüber was sie ihren Eltern zu berichten hatten - und ihren Brüdern!, zu verharren.
"Nein wirklich, wie schön, dass ihr hier seid!" sagte Celeste inzwischen zum gewiss fünften Mal. "Und herzlichen Dank, für die Aufmerksamkeiten. So schöne Gläser." Bewundernd hob Celeste eines von den Kristallgläsern aus dem Kistchen. "Wenn deine Brüder da sind, können wir den Wein ja gleich öffnen" sprach Aelir zu Aleney. "Oder, was meinst du, hrn, Jerem? Ist doch ein wunderbarer Anlass, euer Kennenlernen" fragte Aelier und betrachtet schmunzelnd seine Frau, wobei er dann zu den beiden jungen Leuten sah. Aleneys Blick funkelte ein wenig vielsagend auf. Sie sah zu Jerem, hob auffordernd die Brauen.
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Ein zustimmendes Nicken folgte auf Aelirs Frage, dem rasch auch Worte hinterhereilten als sich Jerem bewusst machte, dass ein einfaches Nicken nicht der Höflichkeit entsprach, die er aufbringen sollte. "Ja, ein wunderbarer Anlass. Aleney hat viel von ihren Brüdern erzählt." Dabei legte er den Blick auf sie, die Augen mit den ungleichen Blautönen länger auf ihr belassend und schließlich presste er kurz die Lippen aufeinander, als er ihre Gestik zu verstehen glaubte.
Wie sage ich es ihnen..? Jerem hatte sich schon lange darüber den Kopf zerbrochen. Doch schließlich gedacht, es würde erst so spät geschehen, dass er sich noch keine Sorgen machen müsste... aber nun saß er hier. Und auch auf der Kutschfahrt zum Gut waren ihm zwar zahlreiche Möglichkeiten eingefallen, aber nie hatte ihn eine überzeugt. Die kurze Stille und Aleneys Blick sagten ihm dafür nur umso deutlicher - er musste handeln. Wieso war es soviel einfacher seinen Vorgesetzten gegenüber zu stehen, als nun hier am Tisch zu sitzen? Bleib' bei der Sache! Konzentrier' dich!
Er hob eine Hand um sich leicht zu räuspern. Nur um es gleich danach zu bereuen. Kein zurück. Du musst etwas sagen! Sag etwas! Ein flüchtiger Blick zurück zu Aleney verlieh ihm neue Kraft, nach der er verzweifelt zu suchen schien. Und dann blickte er Aelir und Celeste entgegen.
"Es ist wirklich schön hier zu sein." Begann Jerem und hoffte inständig, die Worte die seinen Mund verließen, würden auch nur im Entferntesten angemessen sein. "Gemeinsam." Eine Hand von ihm suchte die von Aleney um jene zu umfassen. Auch sein Blick wandte sich ihr erneut zu und Aleneys Anblick gab ihm einen Moment seltsamer Ruhe, Ruhe die ihm ein Lächeln auf die Lippen brachte, welches die Nervosität zuvor niemals zugelassen hätte. "Denn gemeinsam möchten wir sein, für immer." Nun war Jerem wieder bereit Aelir und Celeste wieder anzusehen. "Unsere Herzen sind eins und so möchten wir es vor den Göttern bezeugen. Es ist unser dringendster Wunsch, ja, Aleney und ich wir werden heiraten."
_________________ Charaktere: Aleney Gard'Once there was only dark. If you ask me, the light's winning.'
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