Mit einem dumpfen Poltern schlug der Frater seiner Länge nach auf den Dielenboden, wie ein gefällter Baum. Jeder Muskel protestierte in schrillem, grellen Schmerz gegen den Sauerstoffmangel und versagte bei der geringsten Belastung seinen wohlfeilen Dienst. Der Schmerz war herrlich, er fraß sich wie schwarze Säure durch jede Faser seines Fleisches, ließ ihn jubilieren und jauchzen. Er fühlte sich schwach, leer und ausgelaugt. Er war dem Tode so nahe, zum Greifen nahe, dass er ihn sehen konnte, wie einen Drachenhort hinter einem rauchigen Schleier. So nahe der ewigen Geborgenheit und seiner schwarzen, seidenweichen, eiseskalten Umarmung, die ihn umfangen würde wie frisch gefallener Schnee.
Der Frater wälzte sich mit einem Stöhnen aus seinen rissigen, blauen, staubtrockenen Lippen auf den Rücken. Noch nicht. Gnadenlos, unbarmherzig und hämisch waren die ihm auferlegten Bürden göttlicher Fügung. Wieder musste er warten, bis er endlich die so inbrünstig ersehnten Früchte seines hingebungsvollen Seins in vollen Zügen genießen durfte. Dennoch war er reich bedacht worden, ER hatte ihm ein göttliches, fürstliches Geschenk offenbart, ein unfassbar kostbares Geschenk. Eine Gnade wurde ihm zuteil, die er nicht mehr erhofft hatte. Wieder nahm das Leben eine Wendung, die ihn nun zutiefst dankbar machte.
DURST ... seine Verstand jaulte auf ... DURST ... sentimentales, weibisches Gefasel ... DURST
Seine Gier explodierte in rasender Wut, als die wiederwärtige Schwäche menschlicher Existenz die Grenze des Machbaren zog. Aus den rot-schwarzen Schlieren seines Denkens hob sich mühsam der Verstand ans Licht, wie sich ebenso mit ihm, der blasse Schädel des Fraters hob. Gemeinsam blickten beide auf die anmaßenden Fesseln, die ihm von den schlichten und lichten Göttern, trübsinnig grämender Kleingeister auferlegt wurden, in dem kläglichen Versuch, ihn an seiner Entfaltung zu hindern.
Irritiert blickte er auf die Schlaufe in der Bettdecke, die seinen Fuß umschlang und diesen dort oben an der Bettkante festhielt, wie eine weiße Made mit der Kraft einer Bärenfalle. Seit wann hatte er weiße Bettwäsche? Wie geschmacklos unpassend .......
Mit konvulsivem Zucken seiner ausgelaugten Muskeln barg er seinen Fuß aus Beshabas rankendem Lächeln und drehte sich auf alle vier Gliedmaße. Der Durst zog ihn vorran, Hand um Hand, die Gier schob ihn vorran, Fuß um Fuß. So arbeitete er sich zu dem Versteck und den darin verborgenen Phiolen. Da seine schwachen, zittrigen Finger den saugenden Wiederstand des wachsversiegelten Korkens nicht überwinden konnten, zerschlug er den Hals der bauchigen Phiole mit einem wütenden Schnauben kurzerhand am Tischbein. Mit beiden Händen hob er das kostbare Nass über sein Gesicht und ließ es unter gurgelndem, ekstatischem Stöhnen und wenig Etikette in seinen weit aufgerissenen Mund und Schlund fließen. Obschon die konservierenden Substanzen dem Bouquet erheblich schadeten, entfaltete das gottgefällige Ambrosia dennoch seine volle Kraft und Wirkung.
Der Schwindel in seinem kahlen Schädel schwand sanft dahin, wie die Wellen auf der windlosen Oberfläche eines schwarzen Höhlensees. Stille kehrte ein im Kanon der singenden Schmerzen und erstarb langsam, wie das Gekreische einer erdrosselten Diva. Es gab nun einiges zu tun, alte Pläne mussten überarbeitet werden, neue Pläne zu Grabe getragen werden, eine Jagd hatte begonnen und SEINE Fürstin rief zur Heerfolge ihres Ritters. Neue Kraft in seinen Gliedern ließ ihn sich erheben und zur Tür streben. Er riss die Tür auf und sog die kühle Morgenluft in seine Lungen, im Sturzflug wollte der Rabe sich auf das unwürdige Aas werfen, welches durch ihren Wink, die Berechtigung zur Existenz verwirkt hatte.
Der schwarze Mönch blickte an sich hinab und grinste als er sah, wie sich die, im Sonnenlicht glitzernden, dünnen Rinnsale seines Mahls, an den halb verschorften Wunden der Nacht, auf seinem entblößten Leib vielfach gabelten und kleine Tropfen um seine nackten Füße, bleierne Seen bildeten.
Behutsam schloss er die Tür wieder. Ein Bad und etwas Kleidung würde dem Anfang einer neuen Ära sicher gut zu Gesicht stehen.
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