Von Stimmen, Unruhe und HassNoch immer spürte sie teilweise die schweren Ketten an ihren Gliedern, fürchtete sich in einer schier unendlichen Dunkelheit zu verlieren, hörte die qualvoll verzerrten Stimmen oder roch das Blut und den Dreck noch immer. Es kam ihr so vor, als gäbe es keine Flucht mehr aus Herryks Reich, wenn man einmal dort gewesen war. Die Sonne brannte nun schon Tage lang durch, sie vermisste den Regen. Das beruhigende Geräusch des Prasselns an den Fenstern, die reinigende Natur des Wassers, wie es jeglichen Dreck von den Wegen und Straßen spülte. Vielleicht war es die tiefe Hoffnung in ihr, dass es auch einen Teil der Erinnerungen hinfort riss in ein nimmervolles Gefäß, in das man derartige Gefühle und Erinnerungen einsperren konnte. Doch sie wusste es doch um so besser. Die zierliche Elfe drehte sich etwas auf dem großen Himmelbett und erkannte, wer sich hier einfach dazu geschlichen hatte und nun eingerollt neben ihr lag. Die schwarz-weiß getigerte Katze schnurrte leise und ruhig im tiefen Schlaf. Acali war nun auch schon eine Weile an ihrer Seite, ihr stetiger Schatten, ihre Begleiterin und treue Freundin. Vorsichtig streckte die Elfe die schlanken, zarten Finger zu ihr aus und fuhr sanft kraulend durch das weiche, kurze Fell. Es war so wunderschön glänzend und gepflegt. Acali war eben doch nicht nur eine Streunerin sondern durchaus eine kleine, eingebildete Diva. Schnurrend wand sie sich auf den Rücken und präsentierte das kleine Bäuchlein, welches Gwelwen nun sachte zu kraulen begann. Manchmal fragte sie sich, ob sie zu wehleidig geworden war, ob sie sich zu sehr den Stimmen der Vergangenheit hingab, die sie heimsuchten, der Unruhe und der Furcht welches sich in ihr Herz geschlichen hatte. Sie richtet sich langsam auf und zog die Hand zurück, was mit einem brummenden Protest der Katze honoriert wurde. Auf dem Nachttischchen auf ihrer Seite lag noch das Pergament, welches sie beschrieben hatte. Sie hatte es nicht fort geschickt. Kurzweilig hatte sie sich der Wut und dem Ärgernis hingegeben, welches sie ereilt hatte, als sie von der Ungerechtigkeit erfahren hatte, die einer ihrer Falken zu Teil geworden war. Man sagte noch immer über sie, Wulfram, Eyard und auch Reik, dass sie Verräter waren. Sie verstanden noch immer nicht, was Pflicht bedeutet, was schwüre bedeuteten, was Verantwortung bedeutet. Sie fielen alle in jene Richtung, in der es ihnen am besten passte. Dabei verschwanden andere mehrmals spurlos, gingen ohne einen Ton zu verlieren und kamen irgendwann wieder, nach teilweise Jahren und wurden sofort aufgenommen und zurück in die alten Beziehungen integriert. Niemand warf es ihnen vor gegangen zu sein, weil sie gerade Lust dazu hatten. Aber wenn sie selber ging, weil es die Pflicht war, die sie an ihr Wort band, dann wurde daraus ein Verrat gemacht. Sie mussten es sich bieten lassen von Leuten, die bei dem ersten Schatten der über sie kam fielen, von Leuten, die ihre Pflichten verraten haben, von Leuten die behaupten für dieses Land geblutet zu haben. Was hatte sie getan all die Jahre die sie nun hier war? Hatte sie nicht geblutet? All die Jahre wo diese Stimmen die nun laut wurden, hier nicht mal existierten! Sie gaben sich blinden Hass hin um des Hasses Willen, schrieen dabei die Namen ihrer Götter, Teils von Göttern, die sich um solcherlei nicht im geringsten scherten. Ob sie dies wussten? Ob sie wussten, wie sie diese nur vorschoben und sich im Recht dabei fühlten? Gwelwen konnte kein Mitleid mehr empfinden. Es war schlicht nur noch aufreibend und zermürbend. Aber der Unterschied war doch, dass sie es ertrugen und damit das Licht nährten... egal wie sehr die Schatten nach ihnen zu greifen drohten, die Schatten in Form der üblen Nachrede, Lügen und blinden, chaotischen Hass. Das war eben doch der Unterschied.. zwischen ihr und ihnen. Wenn diese Stärke bedeutete sonst zu weich zu werden, dann würde sie auch das tragen. Nichts verabscheute sie mehr, als so zu werden wie diese anderen.
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